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Letzte Ausfahrt Oxford

Letzte Ausfahrt Oxford

Titel: Letzte Ausfahrt Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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anderes auszuschreiben, machen wir keine Geschäfte mehr mit ihnen.
    Wir haben expandiert, und zwar gewaltig. Selbst wenn es ihr gelingt, einem von uns das Handwerk zu legen, werden zwanzig andere das Geschäft von Bookfinders International weiterführen. Nachdem wir einmal in ihren netten Netzwerken drin waren, haben wir das Potenzial natürlich wahrgenommen. Und auf unseren Reisen rund um den Erdball zu den verschiedensten Bibliothekarskonferenzen haben wir – sehr, sehr vorsichtig natürlich – neue Mitglieder für die Gesellschaft angeworben.
    Wie zum Beispiel Luther (so will ich ihn einmal nennen), unseren Experten für die Bibliothek des amerikanischen Nationalkongresses. Dieser Mann hat unseren Gewinn in den vergangenen neun Monaten um zweihundertfünfzig Prozent erhöht, und ich glaube kaum, dass unsere kleine Miss Ivory ausgerechnet über ihn stolpert. Oder vielleicht über … Ich sollte besser mit dem Klatsch aufhören – schließlich will ich nicht so indiskret werden wie die liebe Jenna.
    Außerdem ist es höchste Zeit, meinen dunkelgrünen Overall (die Farbe von Elsterflügeln, habe ich das schon erwähnt?) für den letzten Akt anzuziehen.
11. KAPITEL
    D er Lesesaal des Leicester College stammte aus dem achtzehnten Jahrhundert, war hübsch proportioniert und sehr hell. Als die Räumlichkeiten im zwanzigsten Jahrhundert allmählich zu klein wurden, baute man einen hohen, runden Turm daneben, der den Überfluss an Büchern und Lesern aufnehmen konnte. Er bestand hauptsächlich aus Glas und hatte einige Architekturpreise gewonnen, aber für Kate stellte er einen Albtraum dar. Normalerweise hatte sie ihre Höhenangst recht gut unter Kontrolle, aber ein gläsernes Treppenhaus mit offenen Stufen, das durch gläserne Wände zudem noch weiten Ausblick bot, verursachte ihr ein derartiges Schwindelgefühl, dass sie sich am Geländer festhalten musste.
    »Wenn du erst oben bist, wirst du es zu schätzen wissen«, sagte Liam. »Ich glaube, der Boden ist ziemlich solide.«
    Er hatte Recht, und nachdem sie wieder ein Dach in vernünftiger Entfernung über ihrem Kopf wusste, fühlte sich Kate auch nicht mehr ganz so unsicher. Sie schaffte es sogar, sich über die breite Holzbalustrade zu lehnen und den Springbrunnen weit unten im Erdgeschoss zu bewundern. Der Boden war aus Beton. Warum hatte man keinen Teppichboden gelegt?
    »Was ist dort drüben?«
    Auf der gegenüberliegenden Seite des Abgrunds befand sich eine Abteilung der Bibliothek, die von ihrem Standort aus nicht erreichbar war.
    »Ach, dort befindet sich eine Sammlung ganz besonders wertvoller Bücher. Sie sind nicht für alle Leser zugänglich. Studenten zum Beispiel dürfen sie nicht benutzen. Und wenn du sie einsehen möchtest, musst du dir beim Bibliothekar den Schlüssel für das gegenüberliegende Treppenhaus besorgen.«
    »Weißt du, um welche Bücher es sich handelt.«
    »Leider nicht. Das Einzige, was ich sicher weiß: Es gibt dort nichts über Musik. Wenn du willst, gehen wir zum Bibliothekar. Den kannst du fragen, wenn du Näheres wissen möchtest.«
    »Hat die Sammlung einen Namen?«
    »Wir nennen sie einfach nur ›Die Galerie‹. Ein bisschen einfallslos, findest du nicht?«
    »Wie weit mag der Abstand zwischen den beiden Galerien sein?«
    »Etwa vier Fuß, vielleicht sogar weniger. Man munkelt, dass Studenten, die zu tief ins Glas geschaut haben, sich ab und zu einen Sprung zur anderen Seite als Mutprobe abfordern – aber ehrlich gesagt hoffe ich, es handelt sich nur um ein Gerücht. Für einen derartigen Sprung muss man stocknüchtern sein, würde ich sagen.«
    »Also ich würde es auf keinen Fall wagen.«
    »Ich begleite dich jetzt nach unten und stelle dich dem Bibliothekar vor. Anschließend könnten wir uns eine Tasse Tee besorgen, wenn du magst. Wir hatten schon ziemlich lange keine Gelegenheit mehr, miteinander zu reden.«
    »Das stimmt.«
    Der Abstieg fiel Kate noch schwerer als der Aufstieg. Aber schließlich hatten sie es geschafft und standen vor einer Tür mit der Aufschrift Bibliotheksleitung . Privat . Zutritt verboten . Kate hatte den Eindruck, der Bibliothekar hätte am liebsten noch Verschwinde hinzugefügt. Sie klopften.
    Eine Frau, die Kate stark an ein kleines Pelztier erinnerte – einen Hamster vielleicht –, öffnete die Tür einen winzigen Spalt, streckte eine rundliche, glänzende Nase hindurch und blaffte; »Ja?«
    »Wir möchten den Bibliothekar sprechen«, erklärte Liam.
    »Oh, ich glaube, er möchte nicht

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