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Letzte Ausfahrt Oxford

Letzte Ausfahrt Oxford

Titel: Letzte Ausfahrt Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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aus! ( Welcome to Santa Luisa . )
     
    (Gerade ist mir eingefallen, wo ich die andere Postkarte gesehen habe: in der Instandhaltungsabteilung der Bodleian, an das schwarze Brett im Büro des Mannes gepinnt, der versucht hat, mich anzumachen. Schleimer Ian Maltby. War das nicht auch der Mann, der laut Andrew mit einem Jungen namens Vivian in der Schule war? Was hat es zu bedeuten, wenn es sich tatsächlich um den gleichen Vivian handelt? Könnte Ian Maltby selbst Vivian sein? Ich bin nicht sehr gut in diesem Spiel. Ich glaube, ich brauche ein wenig Schlaf. Vielleicht bin ich nach dem Aufwachen schlauer.)
     
    »Danke, ich hätte sehr gerne noch einen Drink. Einen Brandy. Bitte mit viel Wasser, das ist gut gegen die Austrocknung.«
    Zehn Minuten später zog Kate die Verdunkelung des Fensters hinunter, schaltete die Leselampe aus und gab sich der Wirkung des Brandys hin.
    Als sie aufwachte, hatte sie einen ekelhaft pelzigen Geschmack im Mund. Sie kämpfte sich zur Toilette durch, wo sie eine lange Warteschlange vorfand. Sie machte kehrt, ging an ihren Platz zurück und wühlte in ihrer Handtasche nach einem Erfrischungstuch. Nachdem sie Gesicht und Hände abgerubbelt hatte, winkte sie einer Stewardess, die sie mit einigen Bechern Wasser versorgte. Danach fühlte sie sich ein wenig besser.
    Noch einmal blätterte sie die Notizen durch, die sie während der Nacht gemacht hatte. Die vielen Jahre am Computer hatten ihr eine miserable Handschrift beschert, und sie war kaum in der Lage, ihr eigenes Gekritzel zu entziffern. Die Liste war gerade gut genug, ihr zu zeigen, wie viele Dinge sie nicht wusste. Sie schlug eine neue Seite auf, nahm ihren Stift und versuchte, die Notizen auf das Wesentliche zu kürzen.
     
Kontakt zu Isabel aufnehmen und zu Jenna befragen.
Ian Maltby in der Bodleian aufsuchen und ihn bitten, einen Blick auf die Postkarte werfen zu dürfen.
Mit Marty Preston sprechen (hmm!). Herausfinden, wo er herkommt und was er vor seiner Zeit in Oxford getan hat.
     
    Ein schlauer Mensch hatte einmal gesagt, eine Liste mit zu erledigenden Dingen sollte niemals mehr als drei Punkte umfassen. Die soeben erstellte Liste war also geradezu perfekt. Doch plötzlich fiel ihr Susie Holbech in Kennedy House ein, die sie noch zu Jenna befragen wollte, und sie fügte einen vierten Punkt hinzu. Um weiteren Ideen vorzubeugen, klappte sie danach ihr Notizbuch zu, verstaute es in der Handtasche und stellte sich an der Warteschlange vor den Toiletten an.

IX
Darstellung der wichtigsten Handlungsstränge
    A ngeblich gibt es für einen seriösen Schriftsteller nur zwei Themen, nämlich Liebe und Tod. Das haben Sie bekommen, Mrs. Dolby. Liebe und Tod. Doch ich fürchte, beide sind aus der Nähe besehen nicht besonders schön.
    War die Geschichte aufregend genug? Habe ich bis zu diesem Punkt genügend Action eingebracht? Jedenfalls dürfte ein gewaltsamer Tod der dramatischste Höhepunkt überhaupt sein. Habe ich Recht, Mrs. Dolby?
     
    Ich muss zugeben, dass ich Jenna zu ihren Lebzeiten nicht besonders mochte. Ihr fehlte die feine Eleganz der Frauen, die ich bewundere, die sanfte Stimme, die Bereitschaft, sich einem überlegenen Geist zu unterwerfen. Ich hätte mit jedem übereingestimmt, der mir ihre Unzulänglichkeiten aufgezeigt hätte. Doch nun, da sie tot ist, fühle ich mich ihr gegenüber in gewisser Weise verantwortlich. Menschen, die ein Leben gerettet haben, sagen häufig, dass sie dieses Leben als in ihre Hände gelegt betrachten. Wahrscheinlich erscheint es eher irrational, wenn jemand, der ein Leben genommen hat, das Gleiche behauptet. Aber so ist es nun einmal. Zumindest empfinde ich es so.
    Ich habe Jenna nicht hinter einem Pseudonym verborgen, wie ich es mit den anderen Charakteren getan habe, die Sie auf diesen Seiten kennen gelernt haben. Auch ihr Geschlecht habe ich nicht verändert. Ich habe sie genau so dargestellt, wie sie war – oder wenigstens so, wie ich sie gesehen habe –, und zwar so exakt wie möglich. Ich empfinde es als Verpflichtung ihr gegenüber, der ich mich nicht entziehen kann. Solange ich lebe, werde ich ihr Leben mit mir herumtragen, als wäre etwas von ihr an meinen Fingern kleben geblieben: nicht etwa Haare, Haut oder Schweiß und nichts, was man unter euren Elektronenmikroskopen erkennen oder bei einem DNA-Test feststellen könnte. Eher ist es der Überrest dessen, was ich ihre Seele nenne.
    Lächerlich, nicht wahr? Sollte es nämlich tatsächlich so etwas wie eine Seele geben – und davon

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