Letzte Beichte
mit uns zu tun hat, Chas. Ich mache mir nur Sorgen um diesen Typen, über den ich den Bericht schreiben soll. Diesen Jeremy. Er ist verprügelt worden, vielleicht hat man ihn sogar vergewaltigt, und ich weiß nicht, wem ich das sagen soll.«
»Lass dich da emotional nicht reinziehen«, sagte er. »Du kannst jeden Arzt oder Psychiater fragen – das ist die Grundregel.« Nach seiner Zeit in Sandhill wusste er, wovon er sprach.
»Gefängnisse dünsten Tragödien aus. Der Trick besteht darin, dass man sie nicht an sich rankommen lässt. Du musst Distanz halten. Als ich dort war, habe ich mir manchmal vorgestellt, dass ich einen Schutzschild um mich herum hätte … wie der ›Kegel der Stille‹ in Mini Max oder Violets sphärisches Kraftfeld in Die Unglaublichen. Klingt bescheuert, funktioniert aber. Pass auf Nummer eins auf«, sagte er, »und auf Nummer zwei und Nummer drei. Das sind wir, das ist diese Familie. Okay?«
»Okay. Ich habe versprochen, dass ich seine Frau morgen wieder besuche … Aber ich werde meinen Schutzkegel mitnehmen.«
»Wem hast du das versprochen?«
»Ihr.«
»Warum?«
»Sie ist aufgewühlt.«
»Kein Sozialarbeiter hat meine Freundin zweimal besucht, als ich angeklagt war.«
»Hattest du eine Freundin?« Chas war immer sehr vage gewesen, wenn es um seine Ex-Freundinnen gegangen war. Ich wusste, dass er früher viel herumgevögelt hatte, aber er hatte mir gesagt, dass er sich nie allzu sehr auf jemanden eingelassen habe, weil er »auf Mrs. Donald gewartet« habe.
»Darum geht es nicht. Besuch niemanden, wenn du nicht musst.«
Ich ließ die Ex-Freundinnen-Geschichte auf sich beruhen. Ich wollte mir nicht ausmalen, wie er eine andere auf den Nacken küsste oder mit einer anderen schlief. Solche Nachforschungen haben schon manche Frau in den Wahnsinn getrieben. Da nun also mein Problem des Tages gelöst zu sein schien, wandte ich mich Chas’ Problemen zu. Er hatte sich prächtig mit Robbie amüsiert. Außerdem erzählte er mir, dass er in den sauren Apfel gebissen und einen Termin für seine erste Ausstellung ausgemacht habe.
»Ich bin schrecklich aufgeregt«, gestand er.
»Du bist ein Genie. Ich weiß das. Es wird eine fantastische Ausstellung werden.«
Aber ihm blieb nur noch wenig Zeit. Und Chas’ schlauer Plan, das Malen mit dem Aufpassen auf Robbie zu verbinden, hatte sich (Überraschung!) als Fehlschlag entpuppt. Bis jetzt waren Robbies (sehr süße) Handabdrücke schon auf drei von Chas’ Meisterwerken zu sehen.
Robbie war sowieso alt genug, um mehr unter Menschen zu kommen. Also beschlossen wir, ihn jeden Vormittag drei Stunden in einen Kindergarten zu bringen. Meine Eltern würden an drei Nachmittagen in der Woche auf ihn aufpassen, und ich würde meine Beutezüge bei Marks & Spencer reduzieren und das nötige Budget für eine Putzhilfe bereitstellen.
Als Chas an diesem Abend um neun Uhr zum Malen ins Atelier fuhr, war ich sehr zufrieden mit unserem Plan. Wir hatten unsere Tagesabläufe koordiniert, und ich hatte versprochen, einen sicheren, professionellen Abstand zu Männern einzuhalten, die unter Mordanklage standen.
Ein ausgezeichneter Plan.
Wenn ich mich nur daran gehalten hätte.
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14
Nachdem Jeremy nach London gefahren war, blieb Amanda allein in diesem riesigen Haus am Arsch der Welt zurück. Sie hatte nichts zu tun, und es gab auch nichts, was sie tun wollte. Sie war kein Mädchen vom Lande, und sie verstand nicht, warum Leute einen Hügel hochstiegen, um auf der anderen Seite wieder runterzusteigen. Die schottische Landschaft war so schön, dass sie schon wieder langweilig war. Fand sie. Sie hatte mal mit einer Freundin eine Rundfahrt durch die Highlands gemacht, und nachdem sie die schroffe Wandelbarkeit der Landschaft tagelang lautstark bewundert hatte, sehnte sie sich so sehr nach einem lauten, verqualmten Nachtklub, dass sie hätte schreien mögen. Ohne Jeremy hatte der Crinan-Kanal ihr nichts zu bieten. Es gab keine Pubs in der Nähe, keine guten Cafés oder Buchhandlungen, und auf den Straßen lagen keine Abfälle, die von durchgemachten Nächten zeugten. Der Kanal war, was er war: ein Kanal. Manchmal sah sie eine Yacht, auf der eine Familie saß, die zuschaute, wie das Wasser in der Schleuse stieg und wieder fiel, und sie verstand einfach nicht, wieso Eltern ihre Kinder auf Ausflüge mitnahmen, bei denen man den größten Teil des Tages damit verbringt, Wasser erst steigen und dann wieder fallen zu sehen.
Sie hatte ihren Eltern nicht gesagt,
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