Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Letzte Beichte

Letzte Beichte

Titel: Letzte Beichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen FitzGerald
Vom Netzwerk:
nicht mal zusammen. Dann versuchte ich eine Ewigkeit lang, den uralten Videorekorder zu programmieren, weil Mein neues Leben auf dem Lande lief und ich die Sendung verpassen würde. Sie versuchten nicht mal, mir zu helfen.
    »Willst du mich verarschen?« schrie ich Chas an, als das giftige Unkraut namens Billy Mullen endlich weg war.
    »Was?« Chas fiel aus allen Wolken.
    »Wie kannst du den hier reinlassen?«
    »Der iss’n 1a-Kumpel«, sagte Chas.
    »Der iss’n 1a-Kumpel!« äffte ich ihn nach, als ob ich immer noch in die vierte Klasse ginge.
    »Du bist ein Snob und kannst mich mal«, sagte er mit zornrotem Gesicht, als er nach seinem Mantel griff.
    Das war das erste Mal, dass ich Chas mal was konnte.
    »Du gehst jetzt nicht!« schrie ich, während er seinen Mantel anzog, um mal wieder eine »Auszeit« zu nehmen.
    »Doch, das tu ich.«
    »Wie kannst du sagen, dass ich dich mal kann?«
    »Ganz einfach: weil’s stimmt«, sagte er und löste meinen Griff um seinen Arm.
    »Lass mich hier nicht so stehen. Komm, wir sprechen über alles«, bat ich.
    »Wenn ich noch ein einziges Beziehungsgespräch führen muss, explodiere ich. Das ist ja, als ob ich mit einer Seelenklempnerin zusammen wäre.«
    Diese Äußerung überraschte mich. Ich hatte gedacht, unsere Dialogfähigkeit sei etwas, das uns von Zaras Mutti und vonmeiner alten Arbeitskollegin Marj unterscheide, die mit ihren Partnern niemals über irgendetwas sprachen. Zaras Mutti hatte mal einen Streit ausgesessen, indem sie drei Wochen lang Zettel an den Kühlschrank geklebt hatte, und Marj unterhielt sich mit ihrem abstoßenden Ehemann ausschließlich darüber, welche Art von Fleisch er gern zum Abendessen haben wolle.
    »In den letzten Wochen habe ich nichts anderes getan, als auf Robbie aufzupassen und von dir aufs Dach zu kriegen. Vorausgesetzt natürlich, dass ich nicht gerade mitten in einem stundenlangen Problemgespräch gesteckt habe.«
    »Du hast also nichts anderes getan, als auf meinen Sohn aufzupassen?«
    »Das habe ich nicht gesagt«, schnauzte er zurück.
    »Wenn dir daran was nicht passt, Chas …«
    »Alles, was ich heute Abend gemacht habe, war, mit einem alten Freund einen zu trinken. Einem Freund, der zufällig einem anderen sozio-ökonomischen Umfeld entstammt. Und damit kommst du nicht klar.«
    »Er ist ein Straftäter, und ich bin Bewährungshelferin. Robbie schläft, und du sitzt hier und fluchst und trinkst Bier!«
    »Großer Gott!« sagte Chas. Und statt mich in den Arm zu nehmen und mir charakterliche und menschliche Besserung zu geloben, fügte er hinzu: »Du bis ein Snob und eine Heuchlerin.«
    »Ein Snob? Ich?«
    »Und du bist so was von naiv, Krissie. Du nimmst alles, was du siehst, für bare Münze und glaubst einfach irgendeinen Scheiß. Du bist leichtgläubig, Krissie. Du bist ein naiver, leichtgläubiger Snob.«
    »Ich bin leichtgläubig? Ich kenne diese Typen, ich arbeite mit diesen Typen. Die sind gefährlich. Und du hast deine Bewährungszeit gerade hinter dir, Chas! Ganz zu schweigen davon, dass es unprofessionell ist, ihn hierzuhaben.«
    »Er war bei Weitem der witzigste Typ, den ich im Gefängnis getroffen habe. Wenn du die Anwesenheit eines Burschen von der anderen Flussseite in unserer Wohnung nicht akzeptierenkannst, dann hast du den falschen Beruf und die falsche Beziehung.«
    Ehe ich etwas antworten konnte, war er schon zur Tür hinaus.
    Und ich war es auch. Ich folgte ihm die Treppe hinab und machte Krawall, ganz egal, was die Musiker im Stockwerk unter uns mitbekamen oder was die alte Dame von gegenüber dachte.
    »Komm zurück, Charles!« »Charles« war ein schlechtes Zeichen. So nannte ich ihn sonst nie.
    »Komm sofort zurück, oder …«
    Er blieb auf dem Treppenabsatz im zweiten Stock stehen und sah zu mir hoch.
    »Oder was, Kristina?«
    »Oder ich werde … komm einfach zurück.«
    Aber er drehte sich um und ging, und ein paar Sekunden später hörte ich, wie die Tür ins Schloss fiel.

[Menü]
27
    Am nächsten Tag kritzelte ich ein wütendes, lächerliches Kündigungsschreiben. Robert und Penny waren weg, um ein Seminar zum Thema häusliche Gewalt abzuhalten, und ich war mit Danny allein im Büro.
    »Wie klingt das?« fragte ich und las ihm das Schreiben vor.
    Ehe Danny antworten konnte, ließ ich das Schreiben sinken und setzte mich aufs hohe Ross.
    Ich erklärte ihm, es müsse mehr als ein Zufall sein, dass mein Leben seit meinem Arbeitsantritt begonnen habe, auseinanderzufallen. Ich hätte jede Menge Stress:

Weitere Kostenlose Bücher