Letzte Beichte
faszinierend fand, und sie liebte ihre Arbeit. Sie beschloss, in der Nähe ihrer Familie und ihrer Freunde zu bleiben, und so hatte sie stets Menschen um sich, die ihren Verlust verstanden und sie unterstützten.
Und sie hatte Hamish.
Monatelang weigerte sich Bridget, ihn zu sehen. Aber er blieb hartnäckig, rief täglich an und klopfte mindestens einmal wöchentlich an die Tür ihres Elternhauses.
»Es tut mir leid«, sagte sie, als sie endlich öffnete. »Es tut mir so leid. Ich liebe dich.«
Er war ein netter, ehrlicher junger Mann. Ihre Beziehung würde nie wieder eine simple Jugendliebe sein. In Hamishs Armen hatte Bridget das Gefühl, etwas von der Last ihrer Trauer abgeben zu können. Sie liebte ihn, und sie musste für den Rest ihres Lebens mit ihm zusammenbleiben.
Es dauerte Jahre, ehe sie auch nur daran denken konnten, ein zweites Kind zu bekommen. Sie sprachen niemals darüber. Aber eines Tages benutzte Hamish kein Kondom, und Bridget erhob keine Einwände. Nachher weinte sie.
»Ich kann das nicht. Ich sollte es nicht. Es ist falsch, das zu wollen«, sagte sie.
Wie immer spürte er, was er ihr sagen musste. Sie seien damals so jung gewesen. Es sei ein schrecklicher Fehler gewesen, aber sie müssten darüber hinwegkommen. Die kleine Jenny sei gut aufgehoben. Sie müssten versuchen, glücklich zu sein.
Als Bridget jeden Monat während des nächsten Jahres pünktlich ihre Regel bekam, verwandelten sich ihre Schuldgefühle und ihr Selbsthass in Verzweiflung und Anspannung. Sie wollte und musste schwanger werden. Und schließlich wurde sie es auch.
Rachel. Ein Geschenk des Himmels. Ein anderes Mädchen. Ein Neuanfang.
Aber manchmal kehrte der Schmerz zurück, und Bridget hatte das Gefühl, nicht wirklich lebendig zu sein. Es war, als würde sie die Abläufe des Lebens nur nachahmen: den Abfall zur Mülltonne bringen, Rachel zur Leichtathletik fahren, am Wochenende im Baumarkt einkaufen, und all das in den Ochil Hills, die mindestens achtzehn Jahre lang die Wände ihrer Zelle bilden würden.
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29
Trinken hat bei mir noch nie was gebracht. Wenn es mir schlecht geht, ist danach alles noch schlimmer. Ich kann nur trinken, wenn ich hundertprozentig glücklich bin, und an dem Abend, als die Party stattfand, war ich nicht einmal zu zehn Prozent glücklich.
Seit Streit Nummer drei hatten Chas und ich nicht mehr miteinander gesprochen. Zu Hause hatten wir Verstecken gespielt: Ich kam ins Zimmer, er ging hinaus. Er schlief auf dem Sofa, ich schlief im Bett. Er ging mit Robbie in den Park, ich sah fern. Ich ging mit Robbie auf den Spielplatz, er ging ins Atelier. Es war eine schreckliche Zeit der Furcht, des Hasses und der sehr schlechten Partyvorbereitung. Schließlich hastete ich in letzter Minute zu Marks & Spencer, Oddbin’s und meinen Eltern und führte ungefähr siebzig Telefonate mit Freunden, zu denen ich keinen Kontakt mehr gehabt hatte, seit mein Leben von zwei Männern und einer Strafanstalt durcheinandergebracht worden war.
Das andere Problem am Abend der Party waren meine Nerven. Ich machte mir große Sorgen, dass die exzentrische Mixtur von Freunden, die sich durch meine Wohnung schob, nicht miteinander klarkäme. Um meine Sorgen zu betäuben, trank ich drei Wodka Tonic und war um acht Uhr betrunken.
Was mich noch unglücklicher und nervöser machte. Vor allem, als der exzentrische Freundemix dann eintraf:
Da waren die jungen Yuppie-Mütter mit ihren Low-Cut-Jeans, geglätteten Haaren und neuinstallierten Küchen; die Hippie-Mütter, die in letzter Zeit viele gute Bücher gelesen hatten; die berufstätigen Mütter, die gern mehr Zeit für Küchen und Bücher gehabt hätten; die Schulfreunde, die über SarahsTod sprechen wollten (ich nicht); die, die überrascht waren, wie gut ich alles überstanden hätte, und die, die feixten, weil ich alles so schlecht überstanden hätte.
Dann waren da die Unifreunde von Chas, die das Medizinstudium, das er geschmissen hatte, beendet hatten und niemals genug trinken konnten, um ihre Langweiligkeit zu verschleiern; eine sehr attraktive Bildhauerin aus dem Atelier in Hillfoot; eine bunt gemischte Truppe schottischer Sozialisten, die immer noch denselben Kleidungsstil wie im Grundstudium pflegten; ein versprengtes Häuflein schottischer Ex-Sozialisten, die jetzt in sehr großen Häusern wohnten; ein schwuler Cousin; eine Ex-Schnelle-Nummer aus der Wohnung unter mir mitsamt psychotischem Musikerfreund; die Ische, mit der ich in den Semesterferien im
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