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Letzte Beichte

Letzte Beichte

Titel: Letzte Beichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen FitzGerald
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Partys verabscheute. Ich war schon gestresst, wenn ich an den Organisationskram bloß dachte – was auch einer der Gründe dafür gewesen war, dass ich nie hatte heiraten wollen. Jedenfalls nicht, bis der unbeabsichtigte Kauf eines Hochzeitskleides mein Hirn lahmgelegt hatte.
    »Das ist schade. Ich habe schon ein paar Leute eingeladen.«
    Und schon war er wieder auf und davon, um sich in seinem beschissenen Atelier (in dem es nach meinem Kenntnisstand von barbusigen Ladys nur so wimmeln konnte) die Zeit zu vertreiben.
    An Schlaf war nicht zu denken. Ich warf und drehte mich hinund her und fragte mich, was er jetzt wohl gerade mache und wie wir das alles jemals überstehen sollten. Als er nach Hause kam und sah, dass ich noch wach war, sagte er: »Du bist angespannt. Du kommst nicht klar. Wir müssen ein paar Sachen von Grund auf ändern.«
    Ich lag schweigend da und fragte mich, wie ich die Liste von vorhin zur Sprache bringen könne (die mit den Hausarbeiten, die ich gemacht und die er nicht gemacht hatte) und wie ich sagen könne, dass es keine gute Idee sei, eine Party zu geben und … Ich war die mit den Problemen. ICH !
    Er seufzte, als ich nicht antwortete, und ging zum Schlafen aufs Sofa.
    Scheiße.
    Das waren doch nicht wir. Wir waren nicht dieses Paar.
    Scheiße.

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28
    Eine Entbindungsstation mit leeren Händen zu verlassen, ist eine schreckliche Erfahrung. Fragen Sie jede Mutter, deren Baby man in eine Plastikröhre gesteckt hat, damit es noch ein Stück wächst, oder zu einer Entgiftung mit anschließender Unterbringung bei Pflegeeltern weggegeben hat. Fragen Sie jede Mutter, die ein totes Baby zur Welt gebracht hat oder deren Baby nach der Geburt starb. Fragen Sie jede Mutter, die ihr Baby zur Adoption freigegeben hat. Es ist nicht schön, mit leeren Händen und dem Hinken der frisch Entbundenen neben Frauen mit dicken Bäuchen zu gehen, oder neben Frauen mit kleinen Kindersitzen, in denen Babys sitzen, oder neben Frauen mit einem Lächeln, das nur eines zu sagen scheint: Baby, Baby, Baby.
    Bridget Garden, gerade siebzehn Jahre alt, verließ die Entbindungsstation mit leeren Händen. Ihre Brüste waren prall und groß, und auf ihrem T-Shirt zeichneten sich nasse Flecken ab. Sie blutete immer noch in die extrastarke, superdicke Binde, die man ihr im Krankenhaus gegeben hatte – und das ging tagelang so weiter, wie auch der Milchstrom tagelang nicht nachließ. Ihr Körper weinte eine Trauersuppe aus Milch, Blut und Tränen, und ihr Herz würde bis zu ihrem Lebensende die Flecken davon haben.
    Zu Hause in Ballon legte sie sich ins Bett. Sie lag einfach da, und ihr Körper trieb Flüssigkeiten aus.
    Als die Tage vergingen, machte sich Bridgets Mutter zunehmend Sorgen über die seelische Gesundheit ihrer Tochter.
    »Lass uns einen Spaziergang machen«, schlug sie vor, wenn sie morgens die Vorhänge öffnete. »Oder magst du lieber insKino gehen? Bitte, Bridget, schau mich an. Sprich mit mir. Es tut mir leid, dass du Schmerzen hast, meine Kleine. Es tut mir so leid.«
    Wochenlang, vielleicht monatelang lag Bridget in ihrem Zimmer. Die Lichter waren gelöscht, die Tür war geschlossen. Sie hoffte darauf, dass ihre Wunden heilten. Ihre Mutter war der festen Überzeugung, dass das nur eine Frage der Zeit sei. Aber die Zeit heilte ihre Wunden nicht. Stattdessen wuchs dort, wo ein sieben Pfund schweres Kind sich in ihren Bauchraum geschmiegt hatte, eine große Leere. Die Leere wurde so groß und so schwer, als ob das Kind wirklich da wäre. Schließlich erdrückte sie Bridget fast mit ihrem Gewicht, und ihre Mutter musste einsehen, dass sie einen großen Fehler begangen hatte.
    Aber jetzt war es zu spät. Ein Formular war unterschrieben worden und hatte die Kontrollinstanzen passiert, während Bridget dagelegen und darauf gewartet hatte, dass die Zeit sie heilen würde. Jetzt war es zu spät. Das Baby gehörte zu einer anderen Frau, und die führte nun das Leben einer Mutter, mit all der dazugehörenden Fürsorge, Einfühlsamkeit und Liebe.
    Bridget ließ ihren Namen auf eine Liste setzen, und die lange Zeit des Wartens begann. Mindestens achtzehn Jahre würde sie warten müssen. Es hing von der Kleinen ab, die sie »Jenny« genannt hatte. Ein einfacher Name, wie in einem Kinderlied. Jenny.
    Als die Monate vergingen, linderten viele Dinge die Traurigkeit über das verlorene Kind. Bridget vergrub sich in ihre Examensvorbereitungen und machte einen hervorragenden Abschluss. Sie wählte ein Fachgebiet, das sie

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