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Letzte Beichte

Letzte Beichte

Titel: Letzte Beichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen FitzGerald
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Geduld eines Mannes, der nach allen guten Dingen der Welt roch (Toast, frisch gemähter Rasen, der Rauch eines prasselnden Lagerfeuers). Aber das kann ich nicht, denn Chas war in seinem Atelier und malte, und ich war allein und drückte fest auf die Hasenohren – und dann verwandelte ich mich plötzlich in den furchteinflößendsten, grimmigsten Werwolf im ganzen Hochmoor.
    Ich war fünfunddreißig, und endlich wusste ich Bescheid.

[Menü]
4
    Einige Tage später bereiteten sich Chas und Robbie auf ihren ersten gemeinsamen Tag im Bildhaueratelier vor. Robbie brauchte viele Sachen, um für seine neue Aufgabe als offizieller Malerassistent gerüstet zu sein. Pinsel? Haben wir. Großes altes T-Shirt? Haben wir. Absurd große Baskenmütze? Haben wir. Als Robbie endlich seine »Arbeitskluft« anhatte, waren nur noch sein winziges Kinn und sein kleiner weißer Hals wirklich sichtbar. Nachdem wir uns an der Wohnungstür kichernd einen Abschiedskuss gegeben hatten, trennten sich unsere Wege. Ehe ich zum Auto ging, sah ich zu, wie die beiden Hand in Hand glückselig die Gardner Street hochmarschierten.
    Ich brauchte fünfundzwanzig Minuten bis zur Arbeit, dann noch einmal fünfundzwanzig, um zu parken. Der Parkplatz war mit den billigen Autos der Gemeindeangestellten vollgestellt. Die Behörde war in einer ehemaligen Textilienfabrik untergebracht, und irgendwelche Architekten hatten es geschafft, daraus etwas zu machen, das sogar noch deprimierender als eine Fabrik wirkte.
    Ich schlug mich zum Empfangsbereich durch. Als ich am Tresen stand, grübelte ich, wie ich Blickkontakt mit der Person, deren Nase zwanzig Zentimeter von meiner eigenen entfernt war, herstellen sollte. Husten? Mit den Fingernägeln auf den Tresen trommeln? Sprechen?
    »Hallo, ich bin Krissie Donald«, sagte ich in der Annahme, dass diese Information ausreichen würde, um eine Antwort hervorzulocken. Sie bewirkte nicht einmal Blickkontakt.
    »In Hilary Sweeneys Team«, sagte ich. »Strafjustiz.«
    »Hat uns niemand gesagt«, sagte die Dame, deren Anwesenheit offenbar das Resultat einer Richtlinie zur Beschäftigung Ortsansässiger war.
    Nachdem ich mein schönstes falsches Lächeln aufgesetzt hatte, öffnete sie widerwillig die Klappe, die erregte Klienten von erregten Schreibkräften trennte, und geleitete mich durch den unordentlichen Verwaltungsbereich zur Hintertür und zwei Stockwerke hoch in einen kleinen, mit vier Schreibtischen vollgestellten Büroraum.
    »Setzen Sie sich an den hier«, sagte sie, ehe sie ging.
    Ich hatte eine halbe Stunde lang an dem leeren Schreibtisch gesessen, ehe nacheinander drei Leute in den Raum schlenderten.
    »Ich glaub’s nicht«, sagte der Erste, »sie haben endlich die Stelle besetzt!« Er war fünfundvierzig, über einsneunzig groß, hatte – wie ich bald erfahren sollte – drei Studienabschlüsse und trat in seiner Freizeit als Stand-up-Comedian auf. Der größte Teil seiner Freizeit schien sich im Büro abzuspielen.
    »Ich bin Robert«, fügte er hinzu, ehe er mir einen Witz erzählte, der alle Fragen über den Grad an politischer Korrektheit an meinem Arbeitsplatz beantwortete (niedrig).
    »Bist du verrückt? Du musst total verrückt sein, wenn du hier arbeitest«, sagte Danny, der Zweite, ein umwerfend gutaussehender Typ mit getönten Brillengläsern und hochglanzpolierten Schuhen. »Dein Oberteil übrigens auch«, sagte er, als er sich an den Schreibtisch mir gegenüber setzte und seinen Computer anschaltete.
    »Danke«, sagte ich.
    Der Computer begann mit ihm zu sprechen, und er zog einen Gegenstand in Tamponform hervor und begann daran zu saugen. »Windows läuft«, sagte der Computer. »Outlook geöffnet … E-Mail-Eingang … Sie haben fünf neue Nachrichten …«
    »Ist es neu?« fragte er mich.
    »Bitte?« fragte ich. Der sprechende Computer hatte mich von unserer Plauderei abgelenkt.
    »Dein Oberteil?«
    »Nein«, erwiderte ich, während Über-einsneunzig-Robertmir eine Psst – Geste zukommen ließ. Dann schlich er sich hinter Danny und legte irgendein Gerät unter dessen Telefonhörer. Danny, der davon nichts mitbekommen hatte, sog erneut an seinem Nikotin-Inhalator und nahm den Hörer ab, der daraufhin so laut explodierte, dass ich augenblicklich Dankbarkeit für den Menschen empfand, der die Slipeinlage erfunden hat.
    Einen Moment lang herrschte Stille, dann griff Danny nach einem Stock unter seinem Schreibtisch und wedelte damit hinter sich herum, bis er Roberts Knie getroffen hatte.
    Jetzt erst

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