Letzte Beichte
Sofa immer Jeremys Nägel gemacht, und sie sagte mir, dass sie Bridget an dem fraglichen Wochenende ebenfalls die Nägel gemacht habe. Deshalb könnte sich Jeremys DNA unter Bridgets Nägeln befinden.«
Der Anwalt sah zu mir hoch. »Kann sein, aber das ist reine Spekulation.«
Ich fuhr wie eine gesengte Sau zum Gefängnis, in Geheimagenten-Manier. Mein Herz pochte vor Aufregung wie wild, aber ich wollte Ruhe bewahren und möglichst viele Informationen aus möglichst vielen Quellen sammeln. Und das Wichtigste war, dass ich keine großen Hoffnungen in ihm wecken wollte – noch nicht.
Als ich an den ersten Befragungsräumen vorbeiging, sah ich James Marney. Er saß da mit der Beamtin, die für die Unterbringung von Ex-Häftlingen zuständig war. Sie winkte mich zu sich.
»Wie geht es Ihnen?« fragte ich und wollte so schnell wie möglich wieder los, um Jeremy zu sehen.
»Die Polizei hat einer Wohnung in den Gorbals ihr Okay gegeben«, sagte die Unterbringungsbeamtin – eine Frau, die zu jung und zu hübsch war, um im Gefängnis zu arbeiten. »Und Mr. Marney wollte Ihnen auch etwas sagen. Nicht wahr, James?«
Oh je, dachte ich nervös. Hier würde ich mehrere Minuten lang nicht wegkommen. Ich musste mich hinsetzen und dem Kerl zuhören.
»Die Sache mit meinen Eltern tut mir leid«, sagte er, und seine Hände zitterten so sehr, dass er die Tischkante umklammern musste, um das Zittern zu kaschieren. »Ich liebe meine Kinder mehr als alles andere auf der Welt. Sie haben schon ihre Mutter verloren, ich will nicht, dass sie jetzt auch noch ihren Vater verlieren. Ich habe meinen Eltern gesagt, dass ich es war.«
»Und was waren Sie, Mr. Marney?« Ich wollte es von ihm hören.
»Ich habe vor ihnen zu pornographischem Material masturbiert und sie meinen Penis berühren lassen, erst James Junior, dann den kleinen Robert.«
Ich hustete. O Gott.
Er schluckte und sah dabei fast so schlecht aus, wie ich mich fühlte. »Meine Eltern verstehen jetzt, dass ich sie nicht ohneAufsicht sehen kann. Bitte zwingen Sie mich nicht, ein Leben ohne sie zu leben.«
Er redete in einem fort. Entschuldigend, reumütig, bereit, allem zuzustimmen, damit er sie sehen könne, verzweifelt bemüht, die schreckliche Tat wiedergutzumachen.
Ich sagte ihm, dass ich mich mit den zuständigen Autoritäten in Verbindung setzen und herausfinden würde, ob ein beaufsichtigter Kontakt möglich sei. Ich schüttelte ihm nicht die Hand, aber ich muss zugeben, dass er mir ein bisschen leid tat, als ich den Raum verließ. Sein Mund war während des Sprechens so trocken gewesen, dass er ein scheußliches Schnalzgeräusch produziert hatte.
»Ich suche Sie in den nächsten Tagen auf, ja?« sagte ich im Gehen. Jeremy wartete zwei Türen weiter auf mich.
»Jeremy, ich möchte mit Ihnen über Amanda sprechen«, sagte ich. Wir saßen auf den gleichen Plätzen wie beim letzten Mal, aber diesmal dachte ich nicht mehr, dass er ein Mörder sein könne. Er war ein gebrochener Mann und verströmte Traurigkeit aus jeder Pore. Ich lächelte ihm mitfühlend zu – nicht das Lächeln einer Sozialarbeiterin, sondern das einer Freundin.
»Sind Sie nicht wütend auf sie?« fragte ich ihn. »Weil sie niemandem etwas über diese … Affäre erzählt hat? Das hätte vieles ändern können.«
Er saß einen Moment lang schweigend da, und dann sagte er es sehr ruhig.
»Ich bin wütend, aber nicht, weil sie mich hier nicht herausgeholt hat. Das ist Sache der Anwälte. Aber sie hat ihre eigene Mutter geküsst und mit ihr geschlafen. Wie soll ich das verstehen? Ich kann es nicht. Aber was mich wütender als alles andere machte, Krissie, ist der Betrug. Ich dachte, sie würde zu mir gehören. Ich dachte, wir würden für immer zusammenbleiben.«
Einmal, als ich noch ein Kind gewesen war, hatte ich diese Art von Verbindung zu jemandem gespürt: dieselben Gedanken, dieselben Empfindungen, zur gleichen Zeit wie ich. So war es bei meiner Freundin Sarah gewesen, als wir nochklein waren. Es war immer nur für ganz kurze Zeit passiert, aber noch immer erinnerte ich mich daran. Sarah, meine schöne Freundin, die ich vor zwei Jahren verloren hatte. Die Worte, die aus ihrem Mund kamen, als wir mit ihrer Puppe im Garten meines Elternhauses spielten, waren meine Worte gewesen – so, wie auch Jeremys Worte jetzt meine Worte waren, und so, wie ich genau wusste, was er fühlte, und er wusste, was ich fühlte.
Verdammt, ich heulte ja. Ich entschuldigte mich und sagte, dass Chas mich verlassen
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