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Letzte Beichte

Letzte Beichte

Titel: Letzte Beichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen FitzGerald
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bringen?«
    »Überwachungskameras«, sagte ich. Einer meiner Bewährungsfälle hatte wegen eines tätlichen Angriffs auf die Polizei am Hauptbahnhof eingesessen. Schwor Stein und Bein, dass er es nicht gewesen sei, bis er auf dem Film sah, dass er dem Zivilpolizisten viermal gegen den Kopf getreten hatte. »Hat man das für Sie überprüft?«
    »Nein, weil ich keine Verdächtige bin. Sie sind die Einzige, die so blöd ist, das zu glauben.«
    »Nur einen kleinen Gefallen?« fragte ich Bond am Telefon. Ich hatte schon wieder seine Handynummer gewählt. Mir wurde klar, dass ich langsam den Dreh raushatte, dass diese Arbeit genauso funktionierte: Sei nett zu den Leuten, bring ihre Handynummern in Erfahrung, rede mit ihnen, erzähl ihnen etwas – je mehr Informationen du bekommst, desto besser. Alles kann sich irgendwann als nützlich erweisen, und genau das war passiert, denn nun würde er mir einen Gefallen tun.
    »Darum sollten Sie mich besser nicht bitten«, sagte er.
    »Ich kann Kekse mitbringen«, bettelte ich.
    »Eiscreme«, sagte er, und so machte ich erst einen Abstecher ins Derby Café, ehe ich zum Bahnhof ging.
    Wir hatten unsere Muschelwaffeln mit Himbeersoße noch nicht aufgegessen, als sie aus dem Achtuhrdreißigzug aus Oban stieg. Kein Zweifel, sie war es. Mit roten Augen, einsam und erschöpft, den kleinen Rucksack unter dem Arm, schlüpfte siedurch die Drehsperre, als der Fahrkartenkontrolleur gerade in eine andere Richtung sah.
    »Sie hat nicht bezahlt!« sagte Bond.
    »Dann schnappen Sie sich das Luder«, sagte ich und warf den Rest meiner Eiscreme in den Abfall.
    Ich fühlte mich schlecht, als ich Amanda anrief. Sie war wie eine Freundin zu mir gewesen, und trotzdem hatte ich sie verdächtigt. Aber jetzt nicht mehr. Als Bridget um neun Uhr gestorben war, hatte sie schon im Zug gesessen.
    »Ich weiß, dass ich in dem Scheißzug war«, sagte Amanda und legte auf.
    Auf dem Rückweg schaute ich kurz bei Mrs. Bagshaw vorbei. Sie ließ mich herein und kehrte zu ihrer halb aufgerauchten Zigarette auf dem Tisch zurück. Mindestens fünfzig Zigarettenstummel deuteten darauf hin, dass sie seit geraumer Zeit in dieser Haltung verharrte und wartend auf den Fluss schaute.
    »Nehmen Sie eine«, sagte sie, und während der nächsten Stunde wurde mir klar, dass diese Frau sowohl über Geld als auch über Arroganz verfügte und Fragen nicht einfach deshalb beantwortete, weil sie gestellt worden waren. Sie sagte mir nichts. Sie kenne Amanda nicht, habe sie nur einmal gesehen, habe sie auch nicht in Glasgow getroffen, weil sie ihren Aufenthalt geheimhalten wolle. Ja, das ist Bella, im Garten in Oxford. Morgen würde sie vierundzwanzig Jahre alt werden.
    Ich war gekommen, damit sie mir die Wahrheit über Jeremys Aufenthalt in der Mordnacht sagte.
    »Er war bei Ihnen, nicht wahr?« soufflierte ich.
    Mrs. Bagshaw saß eine Zeitlang schweigend da, und dann warf sie mir einen so eiskalten Blick zu, dass es mich fröstelte.
    »Ich bin fast soweit, ihm zu vergeben«, sagte sie.
    Ich konnte nicht schnell genug dort wegkommen.

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45
    Ich holte Robbie ab, fuhr nach Hause und steckte ihn erst mal in die Wanne. Dann schaute er sich ein Video an und lachte sich kaputt. Ich ertappte mich dabei, dass ich seine Einfältigkeit bewunderte und betete, dass er später einmal glücklicher als ich sein werde.
    Ich war zutiefst verzweifelt. Ich vermisste Chas. Ich sehnte mich nach ihm. Wo zum Teufel war er?
    Als Robbie schlief, musste ich einfach nach der Flasche Wein greifen, die ich auf dem Rückweg von der Arbeit einfach hatte kaufen müssen.
    Ich wischte die Tafel ab und goss mir ein zweites Glas ein. Die Hamish-Spalte, die Kelly-Spalte, die Amanda-Spalte, die Jeremy-Spalte, dann die Rachel-Spalte, in der als Einzige nichts stand. Ich hielt inne. Rachel.
    »Rachel McGivern«, sagte ich gleich frühmorgens am Montag zu der diensthabenden Sozialarbeiterin in Stirling. Ich hatte das ganze Wochenende nicht geschlafen und mich kaum auf Robbie konzentrieren können. Es waren zwei absolut beschissene Tage gewesen. Ich hatte mir sehnlichst gewünscht, dass Chas anrufen oder vorbeikommen würde, und ich hatte meinen Jungen vor allzu vielen Videos geparkt, dieweil ich entweder Rotwein oder Aspirin getrunken hatte.
    »Sie ist achtzehn, ihren Geburtstag weiß ich nicht genau«, sagte ich zu der diensthabenden Sozialarbeiterin.
    »Aber ja, hier ist sie …« Sie tippte auf den Computer. »Es gab da mal ein Gutachten zu einer Kindesanhörung.

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