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Letzte Beichte

Letzte Beichte

Titel: Letzte Beichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen FitzGerald
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gesteckt hatte, wandte ich mich Lauras Trennungsstrategie zu: die, bei der das verlassene Schnucki sich entlegenen Arbeiten widmet. Hühnchenzubereitung zum Beispiel. Oder Morduntersuchungen.
    Ich saß mit meinem Wein und meinen (vielen) Zigaretten auf der Fensterbank, und nach der zehnten Zigarette (und dem vierten Wein) holte ich leise die Tafel aus dem Kinderzimmer, stellte sie ans Fenster (damit ich mir am nächsten Morgen nicht den Zeh stieß) und sah mir die Spalten an, die ich am vorangegangenen Abend eingezeichnet hatte. Ich würde mich meiner Aufgabe systematisch nähern, denn so würde es auch Ms. Foster machen (ich konnte mein Spiegelbild im Küchenfenster sehen, und die Ähnlichkeit war wirklich frappierend): ein Verdächtiger nach dem anderen, und die erste Spalte galt Jeremy. Aber da ich wusste, was es über ihn zu wissen gab, würde ich mit der zweiten Spalte beginnen: Mr. und Mrs. Kelly.

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41
    MR . UND MRS . KELLY … Eifersüchtig? Hintergangen? Verbittert? Wütend? Aufgewühlt? Besorgt?
    All das hatte ich am Vorabend auf die Tafel geschrieben, und dann hatte ich beschlossen, sie selbst unter die Lupe zu nehmen. Es hat mich immer überrascht, wie bereitwillig die meisten Menschen ihre Geheimnisse einem Sozialarbeiter anvertrauen. Man kann sich mit jemandem zusammensetzen und ihn ohne Umschweife fragen, ob er sich umbringen will oder Hepatitis C hat, ob sein Vater ihn geschlagen hat oder ob er von einem Nachbarn sexuell missbraucht wurde, ob das Haus, in dem er aufgewachsen ist, über einen Festnetzanschluss und eine Satellitenschüssel verfügte, und man wird all das in den meisten Fällen erfahren. Es sei denn, der Jemand ist mit Geld und Arroganz gesegnet und folglich noch nicht an unhöfliche Fünfunddreißigjährige gewöhnt, die sich blasierte Kommentare zu seiner Lebensführung notieren.
    Wie ich schnell bemerkte, verfügten Mr. und Mrs. Kelly weder über Geld noch über Arroganz. Mr. Kelly hatte auf dem Bau gearbeitet, Mrs. Kelly hatte an einer Schule halbtags Essen ausgeteilt. Die Leute in ihrer Gegend waren an Sozialarbeiter gewöhnt, die an die Tür klopften und allerlei Sachen fragten. Zum Beispiel:
    Wie geht es Amanda so?
    Ich habe ein Gerichtsgutachten über Jeremy geschrieben, und nun mache ich mir Sorgen um Amanda.
    Wie geht es Ihnen?
    Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie herausfanden, dass sie Bridget gefunden hatte?

    Sie haben nicht gewusst, dass sie Bridget gefunden hatte?
    Wie hat sich das angefühlt?
    Oh, Sie haben eine Satellitenschüssel!
    Sie geben Bescheid, wenn ich etwas für Sie tun kann? Und danke.
    Hmm, dachte ich auf meine blasierte Art, als ich zurück ins Büro fuhr. Hmm.
    Mr. und Mrs. Kelly waren normale Leute. Sie lebten in einer Schuhschachtel von Haus und kauften Lebensmittel mit Mengenrabatt. Sie gaben an, dass sie von der Wiedervereinigung von Mutter und Tochter bis zu Bridgets Ermordung nichts gewusst hätten. Deshalb seien sie auch niemals befragt worden. Aber was, wenn sie logen? Was, wenn sie alles herausgefunden hatten und zusehen mussten, wie ihre geliebte Ziehtochter zu jemand anders gelaufen war? Wenn sie zugesehen hatten, wie der Mensch, für den sie sich aufgeopfert hatten, innerlich niemals zur Ruhe kam, weil sie nie gut genug gewesen waren? So etwas macht einen wütend, es treibt einen geradewegs nach Crinan – mit Küchenmessern im Gepäck.
    Der Computer spuckte nichts über sie aus, und laut Bond gab es auch keine Vorstrafen. Also erledigte ich zur Abwechslung mal ein bisschen richtige Arbeit, während Danny mich auf seine unnachahmliche Art blind ignorierte.
    Nach der Arbeit kämpfte ich mich durch meine neue Abendroutine als alleinerziehende Mutter: Sohn abholen, den Eltern danken, tun, als ob man glücklich wäre, nach Nachrichten von Chas Ausschau halten (keine da), spielen, kochen, saubermachen, Wäsche waschen, Sohn baden, Gutenachtgeschichte vorlesen, tun, als ob man glücklich wäre, Sohn ins Bett bringen.
    Trinken und rauchen.
    »Krissie! Es ist zehn vor zehn am Abend. Ich liege im Bett!« sagte Amanda. »Was zum Teufel soll diese Schnüffelei? Wie können Sie sich so etwas herausnehmen? Meine Eltern würden nie etwas Böses tun! Hören Sie? Halten Sie sich raus aus der Sache, ich bin stinksauer auf Sie. Meine Eltern haben nichtmal gewusst, dass ich Bridget gefunden hatte! Ach ja, und sie waren in der Kirche. Fragen Sie Tante Jean und Onkel Brian. Nein, tun Sie’s nicht. Halten Sie sich einfach da raus.«
    Na gut, na gut. Sie waren

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