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Letzte Bootsfahrt

Titel: Letzte Bootsfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Dutzler
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lieber heim!“, beharrte er. „Meine Frau kann mich ja dann immer noch ins Krankenhaus bringen, wenn was ist.“ „Wie Sie meinen“, seufzte die Frau Doktor.
    Im Auto ging die Predigt aber dann weiter. „Ihr Männer glaubt immer, dass man alles aushalten muss. Da kann es noch so schmerzen, der Mann geht nicht zum Arzt. Weil er halt ein ganz harter ist, nicht? Oder hat er vielleicht Angst davor, dass ihm der Doktor den Finger in den Hintern steckt? Waren Sie eigentlich schon einmal bei einer Prostata-Vorsorgeunter­suchung?“ Gasperlmaier hatte wieder einmal das Ge­fühl, wie die Jungfrau zum Kind gekommen zu sein. Da hatte er im Einsatz eine ganze Anzahl Blessuren davongetragen, aber anstatt das gebührende Mitleid und die entsprechende Anerkennung zu erhalten, sollte er sich dafür rechtfertigen, dass er zu selten einen Urologen aufsuchte. Oder eine Urologin. Von denen es, wie Gasperlmaier fand, überhaupt viel zu wenige gab. Er hatte ein Problem damit, wenn ihm ein Mann körperlich zu nahe trat. Und das ließ sich, gerade beim Urologen, kaum vermeiden. Schließlich gab es ja auch zahlreiche Frauenärzte. Da war es nur fair, wenn …
    Die Frau Doktor riss ihn aus seinen Gedanken. „Krieg ich keine Antwort?“ „Doch, doch!“ Mittlerweile konnte er sich aber nicht mehr daran erinnern, was ihn die Frau Doktor eigentlich gefragt hatte. Das wollte er natürlich nicht zugeben, denn wenn sie ein solches geistiges Blackout an ihm dia­gnostizierte, würde er erst recht in der Röntgenabteilung des Ausseer Spitals landen.
    Plötzlich durchzuckte ihn eine Erinnerung ganz anderer Art. Nicht er war wo dagegen gerannt. Es war ein Schlag von hinten gewesen, der ihn niedergestreckt hatte. Vorsichtig befühlte er mit der rechten Hand seine Beule. „Es ist mir plötzlich wieder eingefallen“, sagte er. „Ich bin von hinten niedergeschlagen worden. Ich bin gesessen und habe mir mein verletztes Knie angeschaut, plötzlich hat es bumm gemacht, und …“ „Bumm gemacht?“ Die Frau Doktor hatte einen etwas ironischen Unterton in ihrer Stimme, der Gasperlmaier nicht gefiel. „Sind Sie sich sicher, dass Sie sich das nicht zusammenphantasieren?“ Gasperlmaier war sich sicher. Vielleicht hatte er sich nur etwas ungeschickt ausgedrückt. „Nicht direkt ‚bumm‘“, sagte er deswegen. „Mehr so, wie wenn etwas geschwungen wird, so ein Luftzug, und dann, dann …“ „Bumm!“, sprang ihm die Frau Doktor bei. „Wie im Film!“ Der ironische Unterton war jetzt unüberhörbar. Sie glaubte ihm nicht.
    Mittlerweile waren Sie schon vor Gasperlmaiers Haus angekommen. „Soll ich mit reinkommen?“ Gasperlmaier winkte ab. Lieber erklärte er seiner Frau selbstständig und alleine, warum er schon zu Mittag nach Hause kam und den Rest des Tages frei hatte. Wenn er die Frau Doktor reden ließ, gab es doch nur Missverständnisse, und er legte Wert darauf, seine eigene Version der Ereignisse zu präsentieren. „Nein, nein! Ich meld mich dann wieder!“ Gasperlmaier ließ offen, wann er dies zu tun gedachte. Als er an der Haustür läutete, hatte die Frau Doktor schon umgedreht und war wieder auf dem Weg hinauf zur Ruine.
    „Um Gottes willen!“ Die Christine war wenigstens ehrlich erschüttert, als sie öffnete und Gasperlmaier sah. „Komm erst einmal herein!“ Sie half ihm aus der verdreckten Uniform, ohne lang zu fragen, was eigentlich passiert war. Die Christine wusste Prioritäten zu setzen. „Ich find, du solltest in die Badewanne. Soll ich dir Wasser einlassen?“ Gasperlmaier nickte. Wenige Minuten später saß er im heißen Wasser der Wanne, was dazu führte, dass seine Schürfwunden brannten. Aber nur ein wenig.
    „Ich glaub“, sagte die Christine, „die Uniform können wir wegschmeißen. Da kann man nichts mehr flicken. Die Jacke vielleicht, aber die Hose …“ Achtlos warf sie sie in eine Ecke. „Aber auf dem Dienstweg!“, widersprach Gasperlmaier. „Die Hose muss auf dem Dienstweg eingeschickt werden. Mit einem Bericht. Damit ich sie nicht selber zahlen muss.“ Die Christine zog die Augenbrauen hoch. „So“, sagte sie. „Und was ist mit der Unterhose? Muss die auch auf den Dienstweg?“ Sie hielt den durchnässten, zerrissenen Fetzen in die Höhe. „Das ist ja Privatkleidung“, gab Gasperlmaier zu bedenken. „Wenn sie allerdings im Dienst zu Schaden gekommen ist, dann …“ Jetzt lachte die Christine hell auf. „Scheiß auf den Dienstweg!“ Sie warf die Unterhose in den Abfalleimer, nahm einen

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