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Letzte Bootsfahrt

Titel: Letzte Bootsfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Dutzler
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dürfen uns doch setzen?“, fragte die Frau Doktor, wartete aber keine Antwort ab und zog einen der Sessel, die unter dem Esstisch standen, an sich heran und setzte sich. Sie ermutigte Gasperlmaier mit einer Geste, es ihr gleichzutun. Unsicher griff der nach dem zweiten Sessel, als ihn die Mali anherrschte: „Den nicht! Das ist dem Josef seiner!“ Er zuckte zurück. Gott sei Dank setzte sich die Mali, so blieb nur mehr ein Sessel, der Frau Doktor gegenüber, übrig. Der Josef, der Mann von der Mali, war schon vor mehr als zehn Jahren gestorben, erinnerte sich Gasperlmaier. Sein Stammplatz, so schien es, wurde dennoch für ihn frei gehalten.
    Endlich saß auch er, wenn auch unruhig und jederzeit auf dem Sprung. „Was wollt’s denn wissen?“, schnauzte die Mali sie an. „Und dass ihr’s gleich wisst: Viel Zeit hab ich nicht. Osterputz!“ Gasperlmaier fragte sich, was es hier zu putzen gab. Selbst bei genauerer Betrachtung war keine Spinnwebe unter der Decke, kein Fleck an den Fenstern, kein Stäubchen am Boden wahrzunehmen. Wahrscheinlich war die Mali vom Putzfimmel besessen. Eine Neurose, wie ihm die Katharina einmal erklärt hatte, als er darauf bestanden hatte, dass das Zimmer aufgeräumt und gesaugt zu werden hatte, bevor das Christkind kam.
    „Frau Schreckeneder“, begann die Frau Doktor. „Wir ermitteln in den Mordfällen Breitwieser und Schwaiger. Im Zusammenhang damit würden wir auch gern hören, was Sie über die Beziehung der beiden zur verstorbenen Frau Voglreiter und zu Sepp Manzenreiter und Paul Lukas sagen können.“
    „Gfraster!“, schimpfte die Mali. „Alles Gfraster! Die Friedl Voglreiter natürlich ausgenommen. Die haben’s ja alle wild getrieben! Für mich war da keiner dabei. Da lob ich mir meinen Josef!“ „Wo ist denn Ihr Josef?“, fragte die Frau Doktor nach. Gasperlmaier zuckte zusammen, denn er wusste ja, dass der Josef der seit langem verstorbene Ehemann der Mali gewesen war. Ein verschüchtertes Mandl, das neben dem Terror seiner Frau auch noch den Spott der männlichen Altersgenossen erdulden musste. Er müsse immer mit einer Schürze herumlaufen, hatte es geheißen, und fragen, bevor er ins Gasthaus dürfe. „Oben!“, beantwortete die Mali die Frage der Frau Doktor. Dabei zeigte sie mit ausgestrecktem Finger zur Decke. „Hoff ich zumindest. Ein schlechter Mann war er ja nicht.“ „Das tut mir leid“, lenkte die Frau Doktor ein. Die Mali winkte ab und stützte ihre Ellenbogen auf die Tischplatte.
    „Zuerst einmal zur Frau Voglreiter“, versuchte die Frau Doktor gleich am Wort zu bleiben, damit die Mali nicht wieder in Fahrt kam. „Können Sie sich erinnern, dass sie irgendwann einmal ein schlimmes Erlebnis hatte, irgendwas, was ihr Vertrauen zu Menschen, zu Männern im Besonderen, gestört hat?“ „Die Friedl!“ Man merkte, wie sich der Blick der Mali nach innen wandte und ein wenig Spannung von ihr abfiel. Sie sprach auch viel weniger heftig. „Die war immer so ein bisschen eine Geschreckte. Schüchtern, und wenig geredet hat sie. In der Schule schon gar nicht, die hat sich vor der Lehrerin so gefürchtet, dass sie nicht einmal dann geantwortet hat, wenn sie die Antwort gewusst hat. Und mit den Buben, da hat sie’s schon gar nicht können. Die Gretl, seine Mutter“, sie zeigte dabei auf Gasperlmaier, „und ich, wir haben sie immer ein bisschen mitgeschleppt, weil sie uns leidgetan hat. Damit sie halt auch unter die Leut kommt.“ „Aber ein konkretes, einschneidendes Erlebnis?“, hakte die Frau Doktor nach. Die Mali nickte wissend. „Es muss gewesen sein, wie ich schon in der Lehrerbildungsanstalt gewesen bin. Da hat es Gerüchte gegeben. Und sie ist plötzlich verschwunden. Wie sie wiedergekommen ist, nach ein paar Wochen, hat sie nicht einmal uns verraten, der Gretl und mir, was los war. Aber von da an ist sie praktisch überhaupt nicht mehr mit uns fortgegangen. Natürlich, sie war in der Lehre, in einer Schneiderei, glaub ich, und ich nur am Wochenende daheim. Da müsste euch die Gretl eigentlich mehr sagen können.“ Ihr letzter Satz hatte, mit einem Blick auf Gasperlmaier, fast fragend geendet. Gasperlmaier allerdings fragte sich nun auch, warum ihnen die Mutter das alles nicht gleich erzählt hatte. Seine Theorie, dass da in der Vergangenheit was passiert war, musste doch etwas für sich haben, wenn auch die Frau Doktor plötzlich so genau nach diesen Dingen fragte.
    „Und die beiden Mordopfer? Was können Sie uns über die sagen?“ Die Mali

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