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Letzte Bootsfahrt

Titel: Letzte Bootsfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Dutzler
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auf seine Tochter zuzumachen.

13
    „Hätten wir uns die Autofahrt nicht sparen können?“, fragte Gasperlmaier die Frau Doktor. „Ich meine, der Manzenreiter wohnt doch in Bad Aussee. Warum fahren wir ihm dann nach Gmunden nach?“ Die Frau Doktor gab Gas, um einen Holztransporter zu überholen. Dabei übertrat sie, wie Gasperlmaier fürchtete, die geltende Geschwindigkeitsbeschränkung beträchtlich. Er verkniff sich einen diesbezüglichen Hinweis. „Erstens, weil ich ihn sofort befragen will. Ich warte nicht bis heute Nachmittag, dass er irgendwann vom Wochenmarkt wieder zurückkommt.“ In diesem Fall, so dachte Gasperlmaier bei sich, hätte man ja auch gestern Abend, nach dem Begräbnis des Ferdinand Breitwieser, noch einmal zum Manzenreiter hinfahren können. Aber bitte. „Zweitens ist es oft wichtig, die Leute zu überraschen. Wenn man sie dort antrifft, wo sie nicht mit unserem Besuch rechnen, erwischt man sie oft auf dem falschen Fuß, weil sie sich nicht vorbereitet haben und schlecht konzentrieren können. Da rutscht ihnen oft was heraus, was sie eigentlich für sich behalten wollten.“ Diesen Grund, fand Gasperlmaier, konnte man akzeptieren.
    Natürlich fand die Frau Doktor keinen Parkplatz in der Nähe des Marktes, sodass sie zuerst ratlos über die Traunbrücke und dann wieder, nach einem waghalsigen Wendemanöver, zurückfuhr. „Wissen Sie was, Gasperlmaier“, sagte sie, „wir stellen uns jetzt einfach auf den Taxistandplatz.“ Sie bog nach links auf den Rathausplatz ein und musste sich einige harsche Bemerkungen der Passanten anhören, die sie aber ignorierte. Hinter dem letzten Taxi blieb sie stehen, worauf sofort ein beleibter Taxifahrer mit hochrotem Kopf angerannt kam und zur geöffneten Tür hereinschrie: „Ja, ihr glaubt’s leicht, ihr Frauen, dass ihr euren Kübel überall hinstellen könnts! Damit man sich die Schuhe nicht dreckig macht, wenn man auf den Markt geht! Ja, wo samma denn?“ Als er den uniformierten Gasperlmaier wahrnahm, der auf der Beifahrerseite ausstieg, verstummte er kurz. Die Frau Doktor schenkte dem Dicken sogar ein Lächeln und hielt ihm ihren Ausweis unter die Nase. „Die Kriminalpolizei darf das. Und passen Sie auf, dass Sie nicht über Ihre Vorurteile stolpern, wenn Sie weibliche Fahrgäste haben. ‚Ihr Frauen‘, das geht bei mir nämlich gar nicht!“ Die Augenbrauen, stellte Gasperlmaier fest, waren bis zum Anschlag nach oben gefahren. „Ja, Sie müssen schon entschuldigen“, stotterte der Dicke, „aber man sieht ja nicht auf den ersten Blick …“
    Die Frau Doktor wandte sich ohne ein weiteres Wort ab und schritt energisch in die enge Gasse zwischen den Marktständen. Sie trug heute eine enge, hellbraune Hose, die ziemlich kurz war, und reichlich extravagante Schuhe in der gleichen Farbe. Natürlich hatten sie wieder enorm hohe Absätze, wie Gasperlmaier feststellte, als er so hinter ihr hertrabte. Vorn waren sie geschlossen und geschnürt, fast sahen sie aus wie Bergschuhe mit Stöckeln dran, fand er.
    „Halt!“, rief Gasperlmaier plötzlich. Die Frau Doktor hatte sich suchend umgeblickt und war rechts abgebogen, Gasperlmaier aber hatte den Grillhendlwagen schon gesehen. Nun übernahm er die Führung, und binnen weniger als einer Minute standen sie vor dem Wagen des Manzenreiter Sepp. Der mühte sich, obwohl es sehr frisch war, nur im Leiberl und weißer Schürze mit seinen rotierenden Grillhendln ab. Als sich Gasperlmaier näherte, spürte er auch selbst die Hitze, die von den Grillschlangen ausging. Frieren musste der Manzenreiter nicht einmal im tiefsten Winter, fand er. „Schön warm hast du’s da!“, sagte er deshalb zur Begrüßung. Der Manzenreiter Sepp schenkte ihm nur ein finsteres Gesicht als Antwort. „Was wollt’s denn ihr da? Und von wegen, warm! Von einer Seite brennheiß, von der anderen eiskalt.“ Er wies auf das Marktgelände vor sich. „Grad recht zum Verkühlen!“
    „Na, da passen Sie halt auf, dass Sie mir die Grillhendln nicht anhusten. Guten Morgen, Herr Manzenreiter.“ Die Frau Doktor streckte ihm die Hand hin, die der Sepp zuerst unentschlossen musterte, dann aber doch schüttelte. Bis auf zwei Hendln in der obersten Reihe, stellte Gasperlmaier fest, waren alle noch zu blass. Der Manzenreiter Sepp hatte sich anscheinend auf späteres Geschäft eingestellt. Es war ja tatsächlich auch noch eher Frühstückszeit.
    „Grüß Gott, Frau Haberl!“, sagte der Sepp indessen, als eine sehr kleine, alte Frau mit einem

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