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Letzte Ehre

Letzte Ehre

Titel: Letzte Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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einen Selbstverteidigungskurs gemacht. Haben erzählt, daß sie gelernt haben, wie man schreit und richtig fest seitwärts ausschlägt. Der Sinn der Sache ist, dem Kerl die Kniescheibe zu brechen und ihn zu Fall zu bringen. Freida hat geübt und ist flach auf den Rücken gefallen. Hat sich doch dabei glatt das Steißbein gebrochen. Minnie mußte dermaßen lachen, daß sie beinahe in die Hose gemacht hätte, bis sie sah, wie schwer Freida verletzt war. Sie mußte einen Monat lang einen Eisbeutel auflegen, die Ärmste.«
    »Also, ich will nichts davon hören, daß du versuchst, irgendeinen Kerl zu treten.«
    »Nein, nein. Das würde ich auch nicht tun. Hat ja keinen Sinn bei einer alten Frau wie mir. Ahe Menschen können sich nicht mehr auf Körperkraft verlassen. Sogar Freida hat das gesagt. Deshalb habe ich ja die ganzen Schlösser einbauen lassen. Im Sommer habe ich früher immer die Türen offenstehen lassen, damit Luft hereinkommt. Jetzt nicht mehr. Nein, mein Herr.«
    »He, Ma. Bevor ich es vergesse. Ist irgendwelche Post für mich gekommen? Ich dachte, mein Kumpel in Kalifornien hätte mir eventuell ein Päckchen oder einen Brief an diese Adresse geschickt.«
    »Ach ja. Jetzt, wo du es sagst. Ich habe etwas bekommen und beiseite gelegt. Es ist schon eine ganze Weile her. Ich glaube, es muß hier irgendwo sein, wenn mir wieder einfällt, wo ich es hingesteckt habe. Schau doch mal in die Schublade drüben unter dem ganzen Kram.«
    Ray zog die Schublade auf und wühlte sich durch allen möglichen Krimskrams: Lampenschnüre, Batterien, Stifte, Flaschenverschlüsse, Gutscheine, Hammer, Schraubenzieher, Kochutensilien. Eine Handvoll Briefumschläge war hinten hineingestopft worden, aber auf den meisten stand »Wurfsendung«. Es war nur ein persönlicher Umschlag darunter, der an Ray Rawson adressiert war und keine Absenderanschrift trug. Er äugte nach dem Poststempel. »Das ist es«, meinte er. Er riß den Umschlag auf und zog eine Beileidskarte mit der aufgeklebten Fotografie eines Friedhofs heraus. Der Text in der Karte lautete:

    Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben;
    was du auf Erden binden wirst,
    das wird auch im Himmel gebunden sein,
    und was du auf Erden lösen wirst,
    das wird auch im Himmel gelöst sein.
    Matthäus 16, 19
    In der Stunde deines Verlustes in Gedanken bei dir.

    Auf die Rückseite der Karte war ein kleiner Messingschlüssel geklebt. Ray zog ihn ab und drehte ihn in der Hand hin und her, bevor er ihn mir reichte. Ich musterte erst die eine Seite und dann die andere, genau wie er. Der Schlüssel war knapp vier Zentimeter lang. Auf der einen Seit war das Wort Master eingeprägt und auf der anderen die Ziffer M5 50. Konnte man sich leicht merken. Die Zahl war vermutlich mein Geburtsdatum in abgekürzter Form. Ich sagte: »Vermutlich ein Vorhängeschloß.«
    »Was ist mit dem Schlüssel, den Sie haben?«
    »Er ist im Schlafzimmer. Ich hole ihn, sobald Laura dort drinnen fertig ist.«
    Das Essen stand schon fast auf dem Tisch, als Laura endlich herauskam. Es hatte den Anschein, als hätte sie sich mit ihrem Haar und dem Make-up besondere Mühe gegeben, obwohl ihre Großmutter gar nicht so gut sehen konnte. Während die Servierschüsseln am Herd gefüllt wurden, ging ich ins Schlafzimmer und nahm mein Schweizer Offiziersmesser von dem Stapel mit meinen Habseligkeiten auf dem Nachttisch. Ich nahm die Jacke aus dem Reinigungssack und trennte mit der kleinen Schere die Stiche auf, die ich in den inneren Schultersaum genäht hatte. Dann zog ich den Schlüssel heraus. Dieser hier war schwer, gut fünfzehn Zentimeter lang und hatte einen spitz zulaufenden, runden Griff. Ich hielt ihn näher an die Tischlampe heran, neugierig, ob es auch ein Master war. Lawless stand auf dem Griff, doch konnte ich keine weiteren Merkmale erkennen. Master-Vorhängeschlösser kannte ich. Von einem Lawless hatte ich dagegen noch nie gehört. Könnte eine nur regional verbreitete Firma sein oder eine, die es nicht mehr gab.
    Ich kehrte an den Küchentisch zurück, wo ich mich setzte und Ray den Schlüssel reichte.
    »Wofür ist der?« fragte Laura, als sie sich setzte.
    »Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, er gehört zu dem hier«, sagte Ray. Er legte den großen, alten Schlüssel neben den kleineren mitten auf den Tisch. »Den hier hatte Johnny innen in seinem Safe angeklebt. Chester hat ihn diese Woche gefunden, als sie die Wohnung ausgeräumt haben.«
    »klängen die mit dem Geld zusammen?«
    »Ich

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