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Letzte Ehre

Letzte Ehre

Titel: Letzte Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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stimmt. Außerdem werden Banken abgerissen oder renoviert oder zu anderen Geschäften umgebaut. Wie wäre es mit einem anderen öffentlichen Bau? Das Rathaus oder das Gerichtsgebäude? Die Schulbehörde, ein Museum?«
    Ray wiegte den Kopf. Der Gedanke gefiel ihm nicht besonders. »Ist doch dasselbe, meinen Sie nicht? Irgendein Stadtplaner kommt daher und erachtet es als erstklassiges Grundstück. Ganz egal, was darauf steht.«
    »Wie sieht’s mit anderen Orten in der Stadt aus? Historische Stätten. Wären die nicht geschützt?«
    »Darüber muß ich nachdenken.«
    »Eine Kirche«, sagte Helen plötzlich.
    »Das wäre möglich«, meinte Ray.
    Sie zeigte auf seinen Block. »Schreib es auf.«
    Ray machte sich eine Notiz in puncto Kirchen. »Da wäre das Wasserwerk am Fluß. Schulhäuser. Churchill Downs. Das werden sie nie abreißen.«
    »Was ist mit irgendeinem großen Anwesen hier in der Gegend?«
    »Das ist eine Idee. Früher gab es hier jede Menge. Ich war jahrelang weg, daher weiß ich nicht, was noch steht.«
    »Wenn er vor der Polizei auf der Flucht war, hat er einen Ort gebraucht, der leicht zugänglich war«, sagte ich. »Und relativ sicher vor Eindringlingen.«
    Ray runzelte die Stirn. »Wie konnte er sicherstellen, daß es niemand anderer finden würde? Das ist ein tierisches Risiko. Große Leinensäcke mit Geld irgendwo stehenlassen. Woher soll man wissen, daß nicht irgendein Kind beim Ballspielen darüber stolpert?«
    »Kinder spielen heutzutage nicht mehr Ball. Sie machen Videospiele«, wandte ich ein.
    »Dann eben ein Bauarbeiter oder ein neugieriger Nachbar. Und der Ort mußte trocken sein, meinen Sie nicht auch?«
    »Wahrscheinlich«, sagte ich. »Zumindest lassen die zwei Schlüssel vermuten, daß das Geld nicht vergraben ist.«
    »Es paßt mir nicht, daß Gilbert diese Schlüssel in die Finger gekriegt hat. Damit ist er im Vorteil, wenn wir den Ort herausfinden.«
    »Machen Sie sich darüber keine Sorgen. Ich habe eine Reihe Dietriche, die ich brav überall mit mir herumschleppe. Wenn wir die richtigen Schlösser finden, sind wir dabei.«
    »Wir können die Schlösser auch allemal aufbrechen«, schlug Ray vor. »Das habe ich im Gefängnis gelernt — unter anderem.«
    »Sie haben ja eine ganz schöne Bildung.«
    »Ich bin ein guter Schüler«, sagte er bescheiden.
    Wir schwiegen alle drei einen Moment lang und versuchten, unsere Phantasie in Gang zu bringen.
    Ich sprach als erste wieder. »Wissen Sie, der Schlosser, der als erster den großen Schlüssel gesehen hat, meinte, er könne zu einem Tor gehören? Was halten Sie also von folgender Theorie? Vielleicht hatte Johnny Zugang zu einem alten Landsitz. Der große Schlüssel paßte zum Tor und der kleinere zum Vorhängeschloß an der Haustür.«
    Ray schien das nicht besonders froh zu machen. »Woher sollte er wissen, daß das Anwesen nicht verkauft oder abgerissen werden würde?«
    »Vielleicht war es eine historische Stätte. Von Denkmalschützern gehütet.«
    »Und wenn sie auf die Idee gekommen wären, das Anwesen zu restaurieren und Eintrittsgeld zu verlangen? Dann könnte jeder Hinz und Kunz dort herumspazieren.«
    »Stimmt«, sagte ich. »Trotzdem würde niemand, auch wenn noch so viele hineinkämen, das Geld offen herumliegen sehen. Es muß versteckt sein.«
    »Womit wir wieder am Anfang wären«, sagte er.
    Wir schwiegen erneut.
    Ray sagte: »Was mich beschäftigt, ist, daß es hier um eine große Menge geht. Sieben oder acht große Leinensäcke voller Bargeld und Schmuck. Die Dinger waren schwer. Wir waren große, stämmige Kerle damals, allesamt jung. Sie hätten uns ächzen und stöhnen sehen sollen, als wir versucht haben, sie in den Kofferraum des Autos zu wuchten.«
    Ich sah ihn interessiert an. »Was war denn ursprünglich geplant? Wenn die Polizei nicht aufgetaucht wäre? Was hatte Johnny in diesem Fall mit dem Geld vor?«
    »Dasselbe, nehme ich an. Er hat immer gesagt, daß Bankräuber deswegen gefaßt werden, weil sie losziehen und das Geld viel zu schnell ausgeben. Weil sie anfangen, Silber und Schmuck zu versetzen, während die Polizei Informationen über den Umfang der Beute zirkulieren läßt. So kommt man ihnen leicht auf die Spur.«
    »Auf jeden Fall hat er den Plan, wie immer er auch lautete, eine Zeitlang im voraus ausgetüftelt«, sagte ich.
    »Mußte er ja.«
    Darüber dachte ich nach. »Wo wurde er gefaßt?«
    »Das habe ich vergessen. Vor der Stadt. Auf der Landstraße, irgendwo in dieser Richtung.«
    »Ballardsville

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