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Letzte Fischer

Titel: Letzte Fischer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Harry Altwasser
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Baske winkte ihn zu sich, widerwillig kam der Mann zu ihnen.
    »Wut ist in Ordnung, Zorn ist in Ordnung«, sagte der Baske : »Weil beides schnell verraucht. Aber Hass ist nicht in Ordnung, weil er bleibt. Daher will ich nur eines wissen, weil wir hier an Bord alle voneinander abhängig sind: War es Hass?«
    Sofort schüttelte Doppelbläser den Kopf und ein wenig später auch Güni .
    Nach der Aufforderung des Basken gaben sie sich die Hände, wobei Tommys in der von Güni zu verschwinden schien. Der Harpunier forderte beide auf, sich hinzusetzen und zuzuhören: »Mein Volk erzählt sich folgende Geschichte. Es ist eine junge Geschichte, auch wenn das Volk der Basken die ersten Waljäger der westlichen Welt hervorgebracht hat. – Es gibt im Süden des Atlantiks die Dominikanermöwen. Hört zu! Diese Dominikanermöwen haben sich das Verhalten der Menschen abgeschaut. Haben sie früher nur abgerissene Hautstücke aus der See gefischt, die die Walfänger übriggelassen haben, so fallen sie heute im Sturzflug über die auftauchenden Wale her und reißen ihnen Stücke der Haut ab. Sie picken sich Hautfetzen ab, und diesen riesigen Fleischbergen bleibt nichts anderes übrig, als sich vor Schmerz im Wasser zu drehen. Die Wale verbringen heutzutage vierundzwanzig Prozent ihrer Tagestätigkeit damit, diese neuen Todfeinde abzuwehren, die immer schon da sind, wenn die Wale auftauchen müssen. Gegen die Angriffsstrategien der Dominikanermöwen sind die Verteidigungsstrategien der Wale ungeeignet. Die Möwen haben sich über Jahrhunderte hinweg angeschaut, wie die Menschen die Wale erlegten, und sind dann selbst zum Angriff übergegangen. – Wir haben die Dominikanermöwen angelernt! Wir waren das!«
    »Und?«, fragte Tommy, weil der Baske plötzlich schwieg.
    »Und, und, und!«, äffte Güni nach: »Die weißen Vögel der See sind auch nicht das, was sie vorgeben zu sein. Sie sind gerissen. Sie sind rabenschwarz! Wie wir!«
    »Genau!«, sagte der Baske , sichtlich zufrieden: »Auch sie sind nicht, was sie sind! Niemand ist, was er ist. – Respekt ist Heuchelei. Rabenschwarze Möwenschreie!«
    »Ihr seid mir schon so Poeten, ihr Proleten!«, sagte der Auszubildende, stand auf und ließ die Älteren allein, die sich zur Back umdrehten und ihn ziehen ließen.
    Auf halbem Weg kehrte Doppelbläser jedoch um, blieb vor den beiden Männern stehen, die sich nicht umdrehten, und sagte mit der ganzen Härte seiner achtzehn Jahre: »Vor ein paar Monaten. Ich bekomm gerade meinen Führerschein. Renne damit herum und überlege mir, ihn in einer Folie um den Hals zu tragen. Abends arbeite ich als Kartenabreißer im Kino. Während der Vorstellung bin ich dann los, um für alle was von McDoof zu kaufen. Mit dem Fahrrad, war nagelneu. Das Geld fürs erste Auto war noch nicht ganz zusammen. Nagelneues Fahrrad, aber ohne Licht. Wer braucht schon Licht in der Stadt, in der er zu Hause ist? Ich bin die Hauptstraße lang, auf dem Fahrradweg. Nur drei oder vier Querstraßen, dann bin ich da, wäre ich da, wäre ich da gewesen! Rums! Es rumst. Von rechts ein verdammtes Auto, mein Vorderreifen kickt gegen den hinteren Kotflügel! Die Hamburger fliegen, ich fliege, ich denke ›cool‹, das Rad fliegt. Und noch mal rumst es, ich bin gelandet! Gebrochen habe ich mir nichts, das Rad ist demoliert. Im Auto so ein alter Sack, der rauskommt, ich denke aber nur an meinen nagelneuen Führerschein. Der wäre ja weg! Auf Probe hab ich ihn doch nur. Scheiß Probe! Der Mann kümmert sich um mich und meint, er müsse die Polizei benachrichtigen. Shit! Keine Bullen! Ich streiche die langen, blonden Haare zur Seite und fange auf der Stelle an zu heulen. Vom Fleck weg! Ich heule, ich heule, ich heule um mein Leben. Um meinen Führerschein! Der arme, alte Sack ist geschockt und hält inne. Ich frage, ob mein Vater das mit dem Blechschaden nicht regeln könne, dessen Versicherung übernehme, versprochen! Es seien doch nur drei Kratzer, der Lack sei doch schnell wieder drüber! Er denkt nach, und ich wittere meine Chance. Er will auch keine Bullen vor Ort! Meine Chance, ich heule noch einmal richtig los! Er nickt. Ich gebe ihm meinen Perso , Personalausweis, Güni ! Glück! Sein Auto nur ein paar Kratzer, mein Fahrrad eh noch Garantie, im Grunde wollen wir beide keinen Ärger. Und Bürokraten machen immer Ärger! Immer!«
    »Stimmt!«, meinte der Baske .
    »Jawohl! Ist ihr verdammter Job«, pflichtete Güni bei: »Ärger zu machen, dafür werden sie bezahlt!«
    Tommy

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