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Letzte Fischer

Titel: Letzte Fischer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Harry Altwasser
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Weinrausch, stürzte ihnen hinterher, stolperte und starb. ›Da geschah es, dass der Matrose Elpenor zu Tode kam. Die einzige Gelegenheit, ihn zu erwähnen, denn nie tat er sich hervor, weder durch Mut noch durch Klugheit.‹
    »Mein Mann war weder feige noch dumm! Robert Rösch war nicht feige und auch nicht dumm!«
    Horaz gab dem Vergil die Warnung mit. Es sei Frevel, etwas zu verbinden, was eine Gottheit getrennt habe. Über das Meer zu fahren, sei Frevel, ein Frevel, wie der des Prometheus und der des Ikarus. Luftfahrt, Seefahrt und Feuerraub, das sei von den Göttern verboten worden. Wer hielt sich nicht an dieses Gebot? Dein Robert Rösch! Und Zenon von Kition meinte, erst als Schiffbrüchiger sei er glücklich zur See gefahren. Hinab, wie ich anfügen darf, denn ich bin das Meer, und das Meer ist alles.
    »Was kümmert mich das!«
    Es ist das Gesetz von der Unverletzlichkeit der Erde, ›terra inviolata‹ genannt. Keinen Durchstich durch Landengen, kein Anlegen künstlicher Häfen, keine einschneidenden Veränderungen im Verhältnis von mir und dem bisschen Land, das ich euch als Zuflucht lasse. Ich bin das Meer, und das Meer ist alles.
    »Was mich das kümmert?«
    Höre nur deinem Vergil zu, er schreit, das Ende der Seefahrt sei der Anfang aller Glückseligkeit. Und höre deinem Johannes nur zu, er sieht, im messianischen Zustande sei kein Meer mehr. Er sieht, ich sei der Ort des Bösen! Ich aber bin das Meer, und das Meer ist alles. Hesiod misstraut mir, weil ich nicht unter der Fuchtel des Zeus stehe. Mein Gott ist der Erderschütterer Poseidon. Er wird dir als sprechender Fisch erscheinen, erschien er dir doch so schon!
    Der Klumpen in ihrem Kopf schien sich zu bewegen. Schmerz hinterließ er in jeder Zelle des Gehirns, die er grausam spaltete. Mathilde schrie, hörte aber ihre Stimme nicht.
    Es gibt Küsten. Es gibt Inseln. Es gibt Häfen. Es gibt Riffe, Stürme, Untiefen, Windstillen, Segel, Steuerruder, Steuermänner, Ankergründe, Kompasse, Leuchttürme, Lotsen! Und was es noch gibt, das ist das hohe Meer. Es nimmt sich, was sich ihm anvertraut. Es dankt nicht, denn ich bin das Meer, und das Meer ist alles.
    »Stille!«
    Stille? Du meinst, Windstille wäre die Glückseligkeit? Frage die Segler, frage die Fischer, die in den Windstillen verhungert sind, das Ufer in Sichtweite vor sich. Mein Arm ist der Wind, und der Wind gehorcht mir. Ach! Vorsicht! Tausende sind noch im Hafen gescheitert.
    »Du meinst mich damit?«
    Sich auf dem Schiff einzurichten, als sei man bereits auf dem neuen Land, es sich auf dem Schiff heimisch zu machen, das ist zweifelsohne sehr schlau! Wer auf ein Schiff geht, der ist schon ein Schiffbrüchiger. Wer auf dem Meer treibt, der ist schon verloren. Dein Mann wusste es! Und du weißt es auch. Alle wissen es, denn ich bin das Alles, ich bin das Meer, denn das Meer ist das Nichts. Das Alles ist das Nichts, und ich bin die See.
    »Ich habe getan – nichts!«
    De la Porte hat seinem Schüler, dem Prince de Ligne, alles beigebracht, nur das Schwimmen nicht. Der Prince schrieb, aus Angst vor einem Schiffbruch sei er keiner einzigen Klippe ausgewichen, trotzdem sei er niemals untergegangen, habe er sich doch stets auf irgendeine Planke retten können, und dabei habe er sich immer sehr wohl gefühlt.
    »Sei doch still!«
    De la Porte ist also ein sehr weiser Lehrer gewesen. Er brachte dem Schüler etwas bei, ohne es ihm beizubringen. Was der Prinz lernte? ›Heroischer Nihilismus‹! So einer war dein Mann auch! Ich kenne diese Art von Menschen. Sie bevölkern die Schiffe. Sie gleichen sich doch alle! Über all die Jahrtausende hinweg. Sie stürzen sich ins Meer, weil sie nicht leben können. Naiv träumte einer von einem Hüttchen und bekam ein Schlösschen, und als sein Traum in Erfüllung ging, da flüchtete er aufs weite Meer.
    Entsetzen stieg in Mathilde auf und verdrängte den Schmerz. Endlich verstand sie das Gesäusel des Meeres. Endlich dämmerte ihr das Unglaubliche!
    Nein!
    Nein, soweit durfte es nicht kommen!
    Sie nahm die Hände von den Ohren und schrie: »Lüge!«
    Was den Menschen auf die hohe See treibt, ist die Überschreitung der Grenze seiner natürlichen Bedürfnisse. Derselbe Reiz, der allmählich das Leben auf die See hinausführt, bewegt auch das Aufbranden der Kriege. Der Frevel der Seefahrt bestraft sich selbst schon durch die Angst vor den übermächtigen Gewalten, denen der Mensch sich ausliefert und die er übersetzt in Bilder seiner Götter. Dass er mit

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