Letzte Gruesse
zugeschüttet, alle seine Bücher geschickt, Prospekte, Kritiken … einen großen Hörsaal habe sie für den Kongreß reservieren lassen. Aber gut, daß man den jetzt nicht brauchte - hier sei es ja viel gemütlicher. Bevor man sich miteinander befaßte, fertigten die Übersetzer Schriftstücke aus, die sie dann nach München schicken würden, und Alexander unterzeichnete sie: Ja, er bestätigt es hiermit, Mr. Sowieso hat an dem Kongreß teilgenommen. Kontonummer soundso. Fünfhundert Dollar waren ihnen sicher.
Dann konnte der Kongreß beginnen. Jeder legte eine Liste vor sich hin mit Ausdrücken, die ihm unverständlich waren. Was«Fronhus»bedeutet, und einen Fluß namens«Eische»hatten sie auf keiner Karte gefunden. Ausgedacht? Fiktion? Dann handle es sich bei Sowtschicks Romanen also nicht um rein Autobiographisches, sondern um Fiktion? Er solle das mal offen und ehrlich sagen.
Wie sei er denn mit der Verfilmung von«Kaum einen Finger breit»zufrieden gewesen? Habe er da ein Mitspracherecht gehabt?
«Mitspracherecht», was für ein Wort.
Es kam zu grundsätzlichen Erörterungen über die verhutzelte deutsche Sprache.«Verlautbarung», auch das ein sonderbares Wort, eine Sprache, verschachtelt wie ein Irrgarten … Der Konjunktiv allein schon! Russisch ja noch schlimmer. Aber ein großartiges Volk.
Und dann wurden alle möglichen deutschen Autoren erwähnt, Ostautoren, Westautoren; im Osten sei ja wohl mehr los als im Westen, was? In Ostberlin sei er großartig empfangen worden, sagte der eine, im Gästehaus gewohnt und alles kostenlos … Rotkäppchen-Sekt getrunken. Irgendwie gemütvoll. - Nette Leutchen da drüben, aber natürlich kein Wort sagen und sehr vorsichtig sein. Dauernd habe er seinen Paß vorzeigen müssen, und neben ihm habe ständig einer gesessen und mitgeschrieben.
Zum Schluß wollten sie wissen, diese Polizeisache damals, wegen dem Mädchen da irgendwie, man habe ihn ja wohl gecaptured - ob das noch Folgen gezeitigt hätte? Wenn die Zeitungen hier Wind davon kriegten, weshalb er diese Schwierigkeiten gehabt hätte, werde es kaum möglich sein, die Übersetzung seiner Romane unterzubringen. Mit Mädchensachen seien sie hier sehr etepetete.
Und: Was tun, wenn das neue Buch hier vielleicht gar keinen Verleger findet? Die Verhältnisse seien hier nicht so wie im guten alten Europe, wo jeder Quark gedruckt wird. Man müsse damit rechnen, daß niemand Sowtschicks Buch würde haben wollen. Und aufdrängen könne man es den Lesern nicht. Aber vielleicht bissen sie ja doch an. Viel hänge vom Cover ab.
Was die Kreise in der Wüste bedeuteten, wußten auch sie nicht, und Boston? In Boston habe er gelesen? - War wohl nicht richtig angekündigt worden, sonst hätte man sich ja dort treffen können. Neubert vom Institut, ein altes Haus, gutmütig, aber doch wohl schon ein bißchen mad?
Gegen Abend wurde ihm gesagt, daß man auf eine Lesung an der Universität verzichten müsse, irgend jemand habe den Hörsaal anderweitig vergeben, wohl nicht richtig organisiert, irgendwelche Machenschaften. Sei er eher rechts gerichtet, das sei gesagt worden, sei er gegen alles mögliche? Und habe er sich zu anderem recht Unverständlichem bekannt?
Die Professoren hätten sich geweigert, mit ihm zusammenzukommen, warum, weiß der Deubel. Mit Sowtschick reden? Um Gottes willen …
Und niemand habe ausfindig gemacht werden können, der die einführenden Worte hätte sprechen wollen.
In einem stockfinsteren Lokal wurde gegessen, für dreißig Übersetzer war die Tafel angerichtet, Gläser, Teller und Bestecke sauber ausgerichtet, und die Servietten wie kleine Zelte. Daß nur fünf Leute kamen, dafür konnte das Restaurant ja nichts. Sowtschick sollte alles zahlen, mit viel Geflüster deichselte es Victoria, daß die Rechnung erschwinglich blieb.«Quittung»heißt«receipt», das wußte Alexander ja längst, und das Geld für den Hummer und all das Geflügel plus Salat würde er sich vom Institut in San Francisco erstatten lassen. Man stelle sich vor, er hätte dreißig Übersetzer füttern müssen! Oder mehr! Das wäre ja gar nicht gegangen.
Es wurde noch sehr lustig. Alexander machte vor, wie er sich im«Yodler»aufgeregt hatte, die Leute hätten ihn mit einem Beil bedroht!
Und Philadelphia! Daß man ihn dort vergessen hatte …
Um die Lachmaschine am Laufen zu halten, gab Alexander noch ein paar Tropfen hinzu: Seine Kotzerei in New York! Und wie er sich bei den Indianern verirrt hatte …
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