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Letzte Haut - Roman

Letzte Haut - Roman

Titel: Letzte Haut - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthes und Seitz Verlag GmbH
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Ostfront, entscheiden Sie selbst, aber entscheiden Sie schnell! Sein oder Nichtsein, das ist jetzt tatsächlich die Frage für Sie, die Frage aller Fragen!“
    „Die Frage aller Fragen, sehr witzig – Da kapitulieren die Afrikatruppen letzten Monat, und schon scheißt sich alle Welt in die Hosen! Alles nur wegen zwölf Divisionen! Ist doch auch nicht die Welt, oder? Zweihundertfünfzigtausend Soldaten, die in die Gefangenschaft gehen, mein Gott, alle Welt stellt sich an, als wäre das eine Katastrophe! Weicheier! Hat es eben nicht mit Tunis geklappt, haben wir eben Generaloberst von Arnim verloren in diesem Kessel! Und weiter? Nichts weiter, gar nichts! – Nächsten Monat sind wir dann schon wieder in Südafrika! Kommen wir eben über den Südpol, auch schon egal.“
    In diesem Moment wurde das Tor aufgerissen und eine lange Zweierreihe Insassen kam ins Lager. Die Männer wirkten erschöpft, und Schmelz fiel auf, dass niemand von ihnen es wagte, den Blick zu heben. Sie wurden von sechs Männern der Waffen SS bewacht und zu einem Schuppen gebracht, in den sie die Schaufeln und Spitzhacken legten.
    „Die haben ja alle den gelben Stern an der Sträflingskleidung“, stellte Schmelz erstaunt fest: „Wie kommt das? Ich denke, es gibt hier nur Verbrecher? Welche Verbrechen haben sie also begangen? Konkret! Für welche Verbrechen sind sie von welchen Gerichten verurteilt worden? Konkret! Wie kommt es, dass es hier so viele Juden gibt?“
    „Die meisten sind völlig unschuldig, Mann, kapieren Sie denn noch immer nicht“, platzte es aus Pister heraus. Fast hätte er losgebrüllt. Wieder bereute er seine Reaktion sofort und versuchte, sich zu retten. Bisher hatte er es noch niemals ausgesprochen. Noch nie hatte er sich eingestanden, was er hier betrieb. Und was man nicht ausspreche, meinte er, das gebe es auch nicht. Und nun? Dieser verdammte Ermittlungsrichter, wie dumm muss ein Mensch denn überhaupt sein, um auf einem Scheiterhaufen zu stehen und zu fragen, warum es denn so hell brenne? Pister lachte trocken auf und konnte sich nur schwer beruhigen.
    Schmelz glaubte, der Standartenführer wäre ein Hysteriker, der sein Spiel mit ihm spiele, aber Doktor Kurt Schmelz hatte keine Lust, mit sich spielen zu lassen, und fragte nur noch schärfer nach, was Pister damit meine, die Insassen seien alle unschuldig.
    „Unschuldig im Sinne des Strafrechts meine ich natürlich“, sagte Pister: „Sie stellen aber auch Fragen. Fragen, die man heute so gar nicht mehr stellen kann, Obersturmführer. – Wo waren Sie nur die ganze Zeit?“
    „Ich habe hier meine Untersuchungen in alle Richtungen zu machen, und Sie haben mich zu unterstützen. Wenn sie also unschuldig sind, warum sind sie dann hier? Antworten Sie mir!“
    „Es sind Juden!“
    „Ja, das sehe ich auch.“
    „Es sind Juden, verstehen Sie nicht, das ist ihre Schuld. Mehr kann ich nicht sagen, weil mich mehr nicht interessieren darf, laut Führerbefehl Nummer eins. Ich weiß nur, hier kommen laufend Juden an, aber nie kommt ein rechtskräftiges Urteil im Sinne des Strafrechts hier an. So, machen Sie sich selbst Ihren verdammten Reim darauf, Sie Nervensäge, Sie! – Ich verwalte das Lager nur, mehr mache ich nicht. Ich bin nur ein Beamter. Ich verwalte und halte mich streng an die Befehle, die ich direkt von Pohl, Glücks oder Kaltenbrunner erhalte.“
    „Gut, ich verstehe“, sagte Schmelz, während Pister erleichtert aufatmete und sagte: „Na, endlich!“
    „Ich verstehe und werde bei Himmler selbst nachfragen“, fügte Schmelz an, woraufhin Pister in schallendes Gelächter ausbrach. Ein derart schallendes, dass die Insassen, wie Schmelz bemerkte, erschrocken und ängstlich zu ihnen herübersahen.
    „Hören Sie doch endlich auf zu lachen, Sie Hysteriker“, sagte Doktor Kurt Schmelz.
    „Ach, Sie sind ja so jung und naiv! Bei Himmler selbst! Warum nicht beim Führer direkt? Der wird es Ihnen gern erklären!“
    „Gute Idee!“, sagte Schmelz kalt und fügte ungerührt hinzu: „Qualm aus Schornstein, warum?“
    „Also gut! – Sie wollen es hören? Bitte sehr! – Wir verbrennen die Kleidung der Häftlinge. Unsere Raumkapazität ist erschöpft.“
    „Und was, wenn sie entlassen werden?“
    „Sie werden nicht entlassen.“
    „Sie werden nicht entlassen?“
    „Nein.“
    „Umgesiedelt dann eben. Was, wenn sie umgesiedelt werden?“
    „Sie werden auch nicht umgesiedelt.“
    „Nicht?“
    „Nein.“
    „Wo bleiben sie dann?“
    „Sie verlassen dieses Lager

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