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Letzte Instanz

Letzte Instanz

Titel: Letzte Instanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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einer Reise überreden zu können. Diese
geheimnisvollen Jahre, die er fern vom Tufa Lake verbracht hatte — sie trieben
mich noch zur Verzweiflung! —, schienen ihn von jeder Wanderlust kuriert zu
haben.
    Die zentralen Unterlagen der TWA
befänden sich in Kansas City, hatte Toni mir gesagt. Ich erfragte die Nummer
bei der Auskunft, wählte und sprach mit einer Miss Cook. Sie bestand auf einem
Rückruf, um sicher zu gehen, daß ich tatsächlich bei All Souls war. Als Ted sie
dann zu mir durchstellte, war sie schon weniger reserviert.
    Und ich legte mit der Geschichte los,
die ich mir ausgedacht hatte, um mir Miss Cook für den Fall geneigt zu machen,
daß meine Anfrage ihr besondere Mühe machte. »Ich habe ein etwas ungewöhnliches
Problem«, sagte ich. »Wir haben hier eine Klientin, die verstorben ist. Eine
sehr exzentrische Frau und millionenschwer. Ich habe mich oft gefragt, ob Geld
die Leute verändert oder ob sie meinen, es berechtige sie dazu, sich alles
herausnehmen zu können, falls Sie verstehen, was ich meine.«
    Miss Cook lachte. Das Eis war
gebrochen.
    »Jedenfalls gehörte unsere Klientin zu
den Menschen, die extrem viel reisen. Also entschloß sie sich, ihren Besitz den
Leuten zu hinterlassen, die sich auf ihren Reisen um sie kümmerten. Ein
ziemlich großer Batzen ging dabei an eine TWA-Stewardeß namens Melissa
Cardinal. Soweit die gute Nachricht. Die schlechte: Der letzte Kontakt unserer
Klientin mit Miss Cardinal datiert von 1956.«
    »Das ist in der Tat ungewöhnlich.«
    »Könnten Sie für uns wohl einmal in
Miss Cardinais Unterlagen nachsehen? Ich wüßte gern ihre Versicherungsnummer,
ihre letzte bekannte Adresse oder den Namen des nächsten Verwandten.«
    »Wenn Sie mir etwas Zeit lassen, kann
ich das sicher für Sie herausfinden. Ich darf nur nichts anderes dafür
liegenlassen. Es kann ein paar Tage dauern, bis ich mich wieder bei Ihnen
melde.«
    »Nachdem unsere Klientin über dreißig
Jahre gewartet hat, ehe sie ihrer Zuneigung zu Miss Cardinal Ausdruck gab,
nehme ich an, daß es auf ein paar Tage nun auch nicht mehr ankommt.«
    Miss Cook versprach, mich so bald wie
möglich anzurufen. Als ich mich endlich bedankt und den Hörer aufgelegt hatte,
war es fast zwei und damit Zeit, in Leonard Eyestones Büro zurückzurufen. Ich
wählte die Nummer des Instituts. Eyestone hatte um drei einen Termin frei. Ich
ließ den Berg Papiere, über dem ich widerwillig gebrütet hatte, einfach liegen
und eilte zum Embarcadero.
     
    Das neue Hauptquartier des Instituts,
ein strahlend weißes Gebäude am südlichen Ende des Küstenboulevards in der Nähe
des China-Hafens, erinnerte mich an eine avantgardistische Kirche. Es hatte
viele, anmutig geschwungene Fenster, und seine kreuzförmig angeordneten Flügel
liefen wie in einer Basilika unter einer gläsernen Kuppel zusammen. Als ich die
breite Eingangstür öffnete, fragte ich mich, ob Eyestone dieses orthodoxe
Symbol gewählt hatte, um zu demonstrieren, daß es sich auch hier um ein
Heiligtum handelte, ein Heiligtum des Intellekts.
    Den größten Teil des Erdgeschosses nahm
der Empfangsbereich mit seinem schneeweißen Marmorfußboden ein. Oben verliefen
drei Galerien, überdacht von der gläsernen Kuppel. Ihre beiden Hälften waren
geöffnet wie die Schalen einer Muschel und gaben den Blick auf den Himmel frei.
Eine salzige Brise fuhr von oben herein und ließ die Palmwedel hinter dem
halbrunden Empfangstisch rascheln. Die ungewöhnlich attraktive blonde Frau
dahinter lächelte, als sie meinen erstaunten Gesichtsausdruck sah. »Die
Glaskuppel funktioniert über einen Sensor«, sagte sie. »Bei einer bestimmten
Temperatur geht sie automatisch auf.«
    »Was ist, wenn die Temperatur zwar
stimmt, es aber regnet?«
    Für einen Augenblick sah sie mich
verdutzt an, dann zuckte sie mit den Schultern. »Ich bin sicher, der Sensor
reagiert auch auf Feuchtigkeit.«
    Wahrscheinlich, dachte ich. Heutzutage
gab es ja Sensoren für alles und jedes — nur nicht für die Tragödien, die aus
der Wut, der Frustration und dem Irrsinn entstehen, die unsere Welt
auseinanderzureißen drohen.
    Die Frau ließ sich meinen Namen sagen
und telefonierte. Kurz darauf kam ein junger Mann von der zweiten Galerie
herunter und stellte sich als Alex, den für Eyestones Termine zuständigen
Sekretär, vor. Alex war so hübsch wie die Rezeptionistin, und seine Klamotten
sahen aus, als wäre er direkt vom Titelblatt eines Modemagazins gesprungen.
Doch sein dümmlicher Gesichtsausdruck ließ

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