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Letzte Nacht in Twisted River

Letzte Nacht in Twisted River

Titel: Letzte Nacht in Twisted River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Bestimmt hatte er mit Katie gekifft. (Rolf war
garantiert
dumm genug, um auf Rettung angewiesen zu sein - wenn auch nicht vor dem Vietnamkrieg, wie Danny eines Tages denken würde.)
    »Halt du ihn«, sagte Danny zu seiner Frau und gab ihr den kleinen Joe.
    Die wutentbrannte Nackte flog direkt über ihnen. Danny versuchte, ihre Füße zu packen, doch sie trieb knapp und laut fluchend über ihn hinweg und aus seiner Reichweite. Über ihnen allen, Menschen wie Schweinen, war langsam eine Vagina im Sinkflug hinweggeschwebt.
    »Jemand sollte ihr sagen, dass das für eine nackte Frau ein wenig schmeichelhafter Einflugwinkel ist«, sagte Katie gerade, wahrscheinlich zu Rolf, denn Joe hätte mit dieser Bemerkung nichts anfangen können. (Katie hatte
dem Kind
ohnehin nie viel zu sagen.)
    In dem Schweinepferch war es sehr matschig, doch Danny war auch schon in Schlamm gelaufen und wusste, dass man in Bewegung bleiben musste. Er achtete nicht darauf, wo die Schweine waren; am Beben des Bodens merkte er, dass sie ebenfalls liefen. Danny folgte einfach der sinkenden Frau. Als ihre Fersen den Boden berührten, rutschte sie durch die Mischung aus Schweinescheiße und Matsch, während ihr Fallschirm hinter ihr kollabierte. Sie fiel auf die eine Hüfte und wurde vom Schirm seitlich auf den Bauch gezogen, ehe Danny sie einholen konnte. Sie war fast genauso überrascht, ihn zu sehen, wie sie beide von dem grässlichen Gestank und der Größe der Schweine überrascht waren. Ganz zu schweigen von dem ständigen Gegrunze. Ein Schwein trampelte bereits auf dem Fallschirm herum, doch als es den Schirm unter seinen Klauen spürte, schien das Tier in Panik zu geraten und verzog sich quiekend.
    Sie war groß, von amazonenhafter Statur, nahezu eine Riesin. Danny hätte sie nicht aus dem Pferch tragen können, sah aber, wie sie versuchte, sich aus dem Gurtzeug und von dem Fallschirm zu befreien, der sich nur schwer durch den Matsch schleppen ließ, und wenigstens dabei konnte er ihr helfen. Die nackte Fallschirmspringerin war über und über mit Schweinescheiße und Schlamm bedeckt. Als Danny sich mit dem Riemen abmühte, der zwischen ihren Brüsten verlief, streifte er aus Versehen mit dem Handrücken eine ihrer schmutzigen Brustwarzen.
    Er merkte erst jetzt, dass er ein paarmal gestürzt und ebenfalls voller Schweinescheiße und Schlamm war.
    »Keiner hat mir erzählt, dass es eine
Scheißschweinefarm
ist!«, sagte die Fallschirmspringerin. Sie hatte nicht nur ganz kurz geschnittenes Kopfhaar, auch die Schamhaare waren bis auf einen senkrechten Streifen abrasiert; jedenfalls war sie oben wie unten rotblond.
    »Es sind eben Scheißkünstler«, sagte Danny zu ihr. »Ich habe mit dem Ganzen nichts zu tun.«
    An ihrer Narbe sah er, dass sie einen Kaiserschnitt hinter sich hatte. Sie mochte zehn Jahre älter als Danny sein, vielleicht Mitte dreißig. Augenscheinlich war sie einmal Bodybuilderin gewesen. Unter dem Dreck waren ihre Tätowierungen nicht zu erkennen, aber sie war eindeutig nicht die Art von Nackedei, die sich die Kunststudenten vorgestellt hatten; vielleicht bekamen sie ja mehr, als ihnen lieb war, hoffte Danny.
    »Ich heiße Danny«, stellte er sich vor.
    »Amy«, sagte sie. »Danke.«
    Als sie den Fallschirm los war, legte Danny ihr die Hand aufs Kreuz und schob sie vor sich her. »Lauf zum Zaun«, sagte er. »Einfach weiterlaufen.« Auf dem ganzen Weg ließ er die Hand auf ihrer feuchten Haut. Ein Schwein stolperte an ihnen vorbei, als wolle es ein Wettrennen machen. Es verfolgte sie nicht, schien sogar eher vor ihnen davonzulaufen. Fast wären sie mit einem anderen Schwein zusammengestoßen, das in die Gegenrichtung unterwegs war. Vielleicht hatte ja der Fallschirm die Schweine irritiert und nicht die nackte Frau.
    »Lady Sky!«, hörte Danny Joe rufen.
    Jemand anders nahm den Ruf auf: »Lady Sky!«
    »Vergiss nicht, mir die Scheißkünstler zu zeigen«, sagte Amy, als sie die Einfriedung des Pferchs erreichten. Sie kam ohne Hilfe über den Zaun. Danny sah sich überall nach Joe um, doch der Kleine war nicht bei Katie, die bei Rolf und den drei Malern stand.
    »Das sind die vier Typen, die du suchst«, sagte Danny zu Amy und zeigte auf sie. »Die dort neben der kleinen Frau - die Frau war aber nicht eingeweiht, nur die zwei Typen mit und die zwei ohne Bart.«
    Da glaubte Danny plötzlich die Stimme seines Sohnes hinter sich zu hören, der ruhig und nachdenklich sagte:
»Das
Schwein hier beißt nicht.«
    »Joe!«, rief der

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