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Letzte Nacht in Twisted River

Letzte Nacht in Twisted River

Titel: Letzte Nacht in Twisted River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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las. Der Tellerwäscher lächelte schüchtern und zeigte dem Schriftsteller die eselsohrige Billigausgabe eines Danny-Angel-Romans. Doch weil der Abend von Dots und Mays bedrohlichem Besuch im Avellino ein so schlimmer Abend war, fiel dem Schriftsteller später nie wieder ein, welches Buch der Junge damals las.
    Und der schlimme Abend war noch lange nicht zu Ende; für Danny fing er gerade erst an.
     
    »Sie werden jemanden finden«, hatte Kurt Vonnegut zu Danny gesagt, als der junge Schriftsteller Iowa City das erste Mal verließ; Katie hatte ihn kurz zuvor verlassen. Doch das war nicht geschehen - noch nicht. Danny nahm an, dass ihm noch Zeit blieb, jemanden zu finden. Er war erst 41 und hätte nie behauptet, es ernsthaft
versucht zu
haben. Glaubte er wirklich, Lady Sky würde wieder in sein Leben fallen, nur weil er sie nicht vergessen konnte?
    Und was Vonnegut dem damals unveröffentlichten Schriftsteller noch gesagt hatte - nämlich »vielleicht meint der Kapitalismus es gut mit Ihnen« -, nun, als Danny von Putney nach Brattleboro fuhr, fragte er sich, wie Kurt das hatte wissen können.
    An dem Abend, als Dot und May im Avellino auftauchten, als klarwurde, dass Danny und sein Dad bald wieder wegziehen mussten, erstrahlte das Anwesen des berühmten Schriftstellers in Putney in hellem Lichterglanz. Jedem, der auf der Hickory Ridge Road vorbeifuhr, schienen die vielen Lichter - in jedem Zimmer, in jedem Gebäude - zu zeigen,
wie
gut es der Kapitalismus mit Danny Angel gemeint hatte.
    Wurde das Anwesen von Fans überrannt? War auch noch das letzte Zimmer in dem alten Farmhaus (dem jetzigen Gästehaus)
belegt
- so wie offenbar das neue Haus, das Danny für sich und Joe hatte bauen lassen? Auch in dem sogenannten Schreibschuppen brannte Licht, als würden die Gäste sogar dort eine Party feiern.
    Doch Danny hatte nur das Küchenlicht im neuen Haus brennen lassen; in den anderen Zimmern (und den anderen Gebäuden) war alles dunkel gewesen, als er losfuhr. Die Musik war ein lautes Durcheinander; unterschiedliche Musik schallte aus dem Neubau
und
dem Gästehaus, und anscheinend stand jedes Fenster offen. Es war ein Wunder, dass noch niemand wegen des Lärms die Polizei gerufen hatte. Das Anwesen des Schriftstellers hatte zwar keine direkten Nachbarn, doch fast jeder, der vorbeifuhr, musste die Kakophonie hören. Danny hörte es und sah das gleißende Licht, noch ehe er in seine Auffahrt eingebogen war, wo er den Wagen anhielt und Motor und Scheinwerfer ausmachte. Es waren keine Autos zu sehen, außer Joes Wagen (der in der offenen Garage stand, wo Joe ihn abgestellt hatte, als er das letzte Mal von der Uni nach Hause kam.) Vom Ende seiner Auffahrt aus sah Danny, dass sogar die Garagenbeleuchtung an war. Falls es Amy je einfallen sollte, anders als per Fallschirm aufzutauchen, dachte er, würde sie sich vielleicht so ankündigen.
    Oder war es ein Streich? Streiche waren nicht Armando DeSimones Stil. Außer Armando hatte Danny in Putney und Umgebung keine engen Freunde - und schon gar keine, die sich uneingeladen auf dem Grundstück des Schriftstellers breitmachen würden. Oder hatten Dot und May bereits Carl informiert? Aber die beiden alten Zimtzicken wussten gar nicht, wo Danny wohnte, und falls es dem Cowboy irgendwie gelungen wäre, Danny Angel zu finden, hätte der pensionierte Hilfssheriff nicht lieber im Dunkeln gewartet? Bestimmt hätte der ehemalige Constable nicht sämtliche Lichter und die Musik angemacht; weshalb hätte Carl sich
ankündigen
sollen?
    Außerdem gab es keinen Anlass für eine Überraschungsparty - jedenfalls fiel dem Schriftsteller keiner ein. Vielleicht war es
doch
Armando, überlegte Danny, doch die Musikauswahl konnte unmöglich von Armando oder Mary stammen. Die DeSimones tanzten gern, sie mochten die Beatles. Doch das hier klang nach
Achtzigerjahremusik -
das Zeug, das Joe hörte, wenn er zu Hause war. (Danny hatte keine Ahnung, was für Musik da lief, aber es gab zwei verschiedene Sorten Krach - beide waren grässlich und passten überhaupt nicht zueinander.)
    Danny bekam einen Heidenschreck, als die Taschenlampe gegen die Scheibe auf der Fahrerseite pochte. Es war sein Freund Jimmy, der Polizist. Jimmy hatte wohl die Scheinwerfer seines Streifenwagens ausgeschaltet, als er im Schritttempo in die Auffahrt gefahren war und hinter Dannys Wagen gehalten hatte; den Motor hatte er auch ausgemacht, doch Danny hätte ihn bei dem Krach sowieso unmöglich hören können.
    »Was ist mit der Musik,

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