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Letzte Nacht in Twisted River

Letzte Nacht in Twisted River

Titel: Letzte Nacht in Twisted River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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es aus Langeweile oder purer Scham über seinen Bruder, eine Schlägerei mit Charlie Clough an. Im Vorbeigehen schlug Sixpack-Pam Charlie nieder; dann streckte sie Earl Dinsmore mit einem Unterarmstoß gegen das Ohr zu Boden, so dass nur noch die Beebe-Zwillinge dastanden und einander irritiert betrachteten, bis ihnen langsam dämmerte, dass sie keine Gegner mehr hatten - es sei denn, sie wagten es, sich mit Pam anzulegen.
    »Es sind Cookie und Sixpack«, bemerkte Keine-Finger La Fleur.
    »Ein Wunder, dass du uns auseinanderhalten kannst«, sagte Pam und schob ihn beiseite.
    Sie kamen zu den neuen Reihenhäusern mit den Flachdächern - den Absteigen, wo die Trucker und Dampfmaschinenfahrer übernachteten. Wie Ketchum sagte: Ein Bauunternehmer, der im Norden New Hampshires ein zweistöckiges Haus mit Flachdach hinstellte, war zu dumm, um zu wissen, wie viele Arschlöcher ein Mensch hat. In diesem Moment wurde die Tür des Tanzsaals aufgeweht (oder aufgestoßen), und die schauderhafte Musik drang ins Freie - Perry Como mit dem Song
Don't Let the Stars Get in Your Eyes.
    Die nächste Absteige erreichte man über eine Außentreppe. Pam drehte sich um, packte Dominic an einem Hemdsärmel und zog ihn hinter sich her.
    »Pass bei der vorletzten Stufe auf, Cookie«, sagte sie und zerrte ihn die Treppe hinauf.
    Wegen seines Hinkens hatte Dominic Mühe mit Treppen - erst recht bei dem Tempo, das Sixpack vorlegte. Die vorletzte Stufe fehlte. Der Koch stolperte und stützte sich an Pams breitem Rücken vor ihm ab. Sie drehte sich einfach noch mal um, packte ihn unter beiden Armen und hob ihn auf die oberste Stufe. Seine Nasenwurzel prallte gegen ihr Schlüsselbein. An ihrem Hals fing er einen femininen Duft auf, zwar kein Parfüm, aber die an Ketchums Flanellhemd haftenden Männergerüche verwirrten den Koch.
    Oben an der Treppe war die Musik aus dem Tanzsaal lauter - Patti Page sang
How Much Is That Doggie in the Window?.
Kein Wunder, dass niemand mehr tanzt, dachte Dominic Baciagalupo gerade, als Sixpack mit der Schulter die Tür aufdrückte. »Scheiße, ich hasse dieses Lied«, sagte sie und schleifte den Koch ins Haus. »Ketchum!«, schrie sie, bekam aber keine Antwort. Glücklicherweise verstummte die schreckliche Musik, als Pam die Tür zumachte.
    Dem Koch war nicht ganz klar, wo die Küche, in der sie nun standen, aufhörte und wo das Schlafzimmer anfing. Die verstreuten Töpfe, Pfannen und Flaschen wurden irgendwann von herumliegender Unterwäsche abgelöst, dann kam das riesige, ungemachte Bett, auf das nur das grünliche Licht eines Aquariums fiel. Wer wusste schon, dass Sixpack-Pam eine Fischfreundin war, ja dass sie überhaupt Haustiere mochte? (Falls in dem Aquarium wirklich Fische waren - Dominic sah zwischen den Algen nichts herumschwimmen. Vielleicht war Sixpack ja eine
Algen
freundin.)
    Sie gingen durchs Schlafzimmer; selbst wenn man nicht hinkte, war es schwierig, um das mächtige Bett herumzukommen. Dominic konnte sich lebhaft vorstellen, wie die extreme Situation und der peinliche Schauplatz von Ketchums Zusammenbruch Pam genötigt hatten, sich hastig anzuziehen und auf den bh zu verzichten, doch jetzt, auf dem Weg ins Bad, kamen sie an
drei
bhs vorbei - von denen, trotz der Hektik, sicherlich jeder seinen Zweck erfüllt hätte.
    Jetzt kratzte sich Sixpack unter Ketchums Flanellhemd an der Brust. Dominic musste keine Angst haben, dass das eine frivole Andeutung oder sonst ein Flirtversuch war. Diese Geste war genauso wenig geplant wie der Hieb, mit dem sie Charlie Clough auf den schlammigen Boden gestreckt hatte, oder der spontane Schlag aufs Ohr, der Earl Dinsmore fällte. Der Koch wusste, wenn Sixpack irgendetwas
andeuten
wollte, würde sie das weit unzweideutiger kundtun als mit einer beiläufigen Berührung ihrer Brust. Außerdem kratzte Ketchums Wollflanellhemd bestimmt auf ihrer nackten Haut.
    Sie fanden Ketchum auf der Toilette mehr oder weniger so vor, wie Pam ihn wohl entdeckt hatte: Das Taschenbuch, in dem er gelesen hatte, lag offen auf einem seiner nackten Oberschenkel, von dem Gipsarm festgehalten, beide Knie hatte er weit gespreizt. In der Klosettschüssel schwammen leuchtend blutrote Schlieren im Wasser - als wäre Ketchum langsam verblutet.
    »Bestimmt hat er innere Blutungen!«, rief Sixpack aus, doch der Koch sah, dass ein Füller mit roter Tinte in das Klosett gefallen war; offenbar hatte Ketchum den Stift dazu benutzt, gewisse Wörter zu umkringeln. »Ich hatte schon nachgespült, bevor

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