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Letzte Nacht in Twisted River

Letzte Nacht in Twisted River

Titel: Letzte Nacht in Twisted River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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sie mitnehmen - ich weiß, dass sie mitkäme, wenn er sie fragen würde -, aber das will er nicht. Ich finde, Carmella ist das Beste, was ihm je passiert ist.«
    »Sag so was nicht, Danny«, bat ihn Ketchum. »Du hast deine Mutter nicht gekannt.«
    Danny widersprach nicht. Er wollte nicht, dass der alte Holzfäller auflegte.
    »Tja, sieht so aus, als müsste ich Cookie mit Gewalt aus Boston rausholen, so oder so«, sagte Ketchum, nachdem er eine Weile geschwiegen hatte.
    »Wie willst du das anstellen?«, fragte ihn Danny.
    »Wenn's sein muss, steck ich ihn in einen Käfig. Hauptsache, du findest ein Haus in Vermont, das groß genug ist, Danny, dann bringe ich deinen Dad dahin.«
    »Ketchum - du hast Lucky Pinette nicht umgebracht, oder?«
    »Natürlich nicht!«, schrie Ketchum in den Hörer. »Lucky war's nicht wert, ermordet zu werden.«
    »Manchmal glaube ich,
Carl
wäre es wert, ermordet zu werden«, dachte Daniel Baciagalupo laut; er stellte die Idee einfach in den Raum.
    »Das geht mir auch nicht aus dem Kopf«, gab Ketchum zu. »Ich würde nicht wollen, dass man dich erwischt«, sagte ihm Danny.
    »Das ist nicht das Problem, das ich damit habe«, sagte der Waldarbeiter. »Ich schätze, Carl wäre es auch egal, wenn
er
erwischt würde - ich meine, nachdem er deinen Dad umgebracht hätte.«
    »Wo liegt das Problem dann?«, fragte Danny.
    »Mir wäre es lieber, wenn er zuerst versuchen würde, mich zu töten«, antwortete Ketchum. »Dann hätte ich nämlich kein Problem damit.«
    Genauso hatte sich Daniel das vorgestellt; das Dilemma war, dass der Cowboy zwar strohdumm, aber schlau genug war, um am Leben zu bleiben. Und er soft nicht mehr, was bedeutete, dass Carl sich einigermaßen unter Kontrolle hatte. Vielleicht hatte er Sixpack deshalb zwei volle Monate lang nicht geschlagen oder sich wenigstens einigermaßen zurückgehalten, so dass sie bei ihm geblieben war und ihm nicht erzählt hatte, was sie wusste.
    Sixpack aber trank immer noch. Ketchum wusste, dass sie leicht jegliche Selbstkontrolle verlor, und das war auch ein Problem.
    »Etwas macht mir Sorgen«, sagte Danny zu Ketchum. »Du trinkst doch immer noch. Hast du keine Angst, dass du besoffen aus den Latschen kippst und dann kommt Carl und erledigt dich?«
    »Du kennst meinen Hund noch nicht, Danny - ein braves Tier.«
    »Ich wusste gar nicht, dass du einen Hund hast«, gestand Danny.
    »Verdammt, ich brauchte jemanden, mit dem ich reden konnte, als Sixpack mich verlassen hat.«
    »Was ist mit der Frau, die du in der Bibliothek kennengelernt hast - die Lehrerin, die dir das Lesen beibringt?«, fragte Danny den Holzfäller.
    »Sie bringt es mir zwar bei, aber sehr gesprächig ist sie dabei nicht«, sagte Ketchum.
    »Du lernst wirklich lesen?«, fragte Danny.
    »Ja - allerdings geht es langsamer voran, als Waschbärenscheiße aufzusammeln«, erklärte Ketchum. »Aber ich habe fest vor, dein Buch zu lesen, sobald es veröffentlicht wird.« In der Leitung blieb es eine Weile still, dann fragte Ketchum: »Wie läuft's mit dem Pseudonym? Ist dir schon eins eingefallen?«
    »Mein Künstlername ist Danny Angel«, sagte Daniel Baciagalupo steif.
    »Nicht
Daniel?
Dein Dad mag Daniel sehr. Angel finde ich prima.«
    »Dad kann mich immer noch Daniel nennen«, sagte Danny. »Danny Angel muss reichen, Ketchum.«
    »Wie geht's dem kleinen Joe?«, fragte Ketchum. Er merkte, dass der junge Autor auf das Thema Pseudonym empfindlich reagierte.
    Auf dem Rückweg nach Osten fuhr Danny vor allem nachts, wenn der kleine Joe schlief. Er suchte sich immer ein Motel mit Pool und spielte fast den ganzen Tag mit Joe. Wenn sein zweijähriger Sohn schlief, hielt Danny im Motel ein Nickerchen; dann fuhr er wieder die ganze Nacht durch. Der Schriftsteller Danny Angel hatte beim Fahren jede Menge Zeit zum Nachdenken. Er konnte die ganze Nacht nachdenken. Doch trotz seiner beträchtlichen Phantasie konnte Danny sich einen Waldarbeiter wie Ketchum nicht recht in Boston vorstellen. Nicht einmal Danny Angel, geborener Daniel Baciagalupo, konnte sich ausmalen, wie der furchteinflößende Holzfäller sich dort benehmen würde.
     
    Dass sich das Windham College als eine ziemlich komische Einrichtung entpuppen sollte, machte Danny Angel nicht viel aus. Sein Erstling,
Familienleben im Coos County,
bekam recht gute Kritiken und verkaufte sich in der gebundenen Ausgabe eher bescheiden. Der junge Autor verkaufte später die Taschenbuch - und auch die Filmrechte, allerdings wurde dieses Buch nie

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