Letzte Nacht
an, leuchten heller auf, um dann wieder dunkler zu werden, heller, dunkler, als würden sie das richtige Gleichgewicht suchen, als wollten sie ihnen einen Streich spielen; schließlich erlöschen sie endgültig, und zurück bleiben nur die in den Fenstern gespiegelten Kerzen und eine seltsame Stille.
«Alles in Ordnung», verkündet Manny, und im selben Moment geht die Notbeleuchtung an – ein batteriegetriebener Kasten an der Wand gegenüber, der mehr Schatten als Licht wirft.
Er geht rüber und versichert dem Paar, dass das nur vorübergehend sei, überhaupt kein Problem. Es dürfte auch keins sein: Der Grill, die Heizung, das Wasser, alles müsste noch funktionieren. Er witzelt, dass sie dank des Schnees und des Stromausfalls ein richtiges Abenteuer erleben.
«Tut mir leid, aber ich kann nichts sehen», sagt die Frau, legt die Gabel hin und lehnt sich zurück, als wollte sie nichts mehr essen.
«Moment», sagt Manny, als hätte er eine Idee, und holt mit Jacquie die Kerzen von den Nachbartischen, bis ihre Gesichter leuchten.
«Sehr romantisch», säuselt Jacquie, doch bei dem Gedanken, wie weich ihre Haut letztes Mal in diesem kräftigen Licht aussah, findet Manny ihre Bemerkung überflüssig.
Der Mann bricht ein Brötchen in der Mitte durch und streicht Butter drauf. Die Frau beugt sich vor und nimmt wieder ihre Gabel.
In der Küche stellt Roz Kerzen auf, während Ty den Tilapia auf der Platte anrichtet. Er scheucht Leron und Rich weg; es ist einfacher, alles selbst zu garnieren. Manny sieht freudig, dass er seine Aufgabe ernst nimmt, dass er seine drei besten Zitronenscheiben wie eine Ampel in der Mitte des Filets aufreiht und ein vereinzeltes Reiskorn vom Tellerrand pflückt. Das könnte die letzte Mahlzeit sein, die sie servieren, und wie alles andere heute soll sie perfekt sein.
Er bleibt in der Küche, als Jacquie das Tablett rausbringt. Es ist erst zwanzig nach sieben, aber wegen der Dunkelheit kommt es ihm später vor. An jedem anderen Abend würde Manny überlegen, was er am nächsten Tag braucht, und frisches Obst und Gemüse bestellen. Doch heute lehnt er sich zur Hintertür raus und raucht, blickt in die Dunkelheit über den Bäumen hinterm Müllcontainer, wo eigentlich ihr Neonschild am Highway leuchten müsste. Niemand kann sie jetzt sehen, also weiß auch niemand, dass sie geöffnet haben. Es gibt keinen besseren Grund zuzumachen, und Manny kann bloß hoffen, dass der Strom bald wieder da ist. Erst mal schnippt er nur seinen Filter in den Schnee und schließt dann die Tür.
Bevor er an den Tisch geht, kaut er ein Pfefferminzbonbon und zupft an seinen Kragenspitzen, um sich zu vergewissern, dass sie angeknöpft sind – albern, denn die beiden könnten das wahrscheinlich nicht einmal bei normalem Licht erkennen.
«Keine Sorge, du siehst großartig aus», sagt Roz, ohne ihre Patience zu unterbrechen.
Im Vergleich zum Pausenraum, wo nur eine einzige Kerze brennt, wirkt der Speiseraum hell – und heimelig, denn die Flammen erwecken den Eindruck von Wärme.
Manny gleitet an der Nische der beiden vorbei, als wollte er woandershin, und sieht, dass sie sich über ihren Tilapia hermachen, als wäre es eine Flunder.
«Alles in Ordnung bei Ihnen?»
«Ja», sagt der Mann.
Die Frau nickt bloß kauend.
Manny wünscht sich mehr – er würde gern hören, es sei das beste Essen, das sie je hatten, einfach unvergesslich, er hätte gern, dass ihm der Mann die Hand schüttelt und sagt, er habe unter schwierigen Bedingungen hervorragende Arbeit geleistet –, aber mehr werden sie ihm nicht sagen.
«Kann ich Ihnen sonst noch was bringen? Vielleicht etwas Kaffee?»
«Nein danke.»
«Okay», sagt Manny. «Lassen Sie es sich schmecken.»
Sie essen, also sollte er zufrieden sein. An jedem anderen Tag würde ihm das reichen. Es ist unfair zu erwarten, dass alle dasselbe empfinden wie er, egal, ob es gerechtfertigt ist oder nicht.
Das macht dreiundsechzig Gäste. An einem normalen Samstag wäre das Restaurant jetzt rappelvoll, die überzähligen Gäste würden mit Pagern warten, die Bar und das Foyer verstopfen, Bier oder Lobsteritas trinken, und Manny würde umherlaufen und versuchen, allen gleichzeitig zu helfen. Weil er nichts zu tun hat, weiß er nicht, wie er die Zeit totschlagen soll, also nervt er Roz eine Weile, beobachtet, wie die beiden Alten zu Ende essen, und räumt dann für Jacquie den Tisch ab. Er ist ungeheuer stolz, dass beide alles aufgegessen haben.
Die Geschirrspülmaschine läuft
Weitere Kostenlose Bücher