Letzte Nacht
Lage und bittet Jacquie und Roz, zwei Tabletts mit Eiswasser fertigzumachen und sie im Foyer auf Beistelltische zu stellen.
«Also will niemand was essen», fragt Ty, «ist das richtig? Sie entleeren sich bloß.»
«Sie haben schon gegessen, und das ist nicht besonders gut gelaufen.»
«Das ist echt enttäuschend. Sieht er sich meine Windschutzscheibe mal an?»
«Dazu ist er nicht hergekommen.»
«Fragen kostet ja nichts.»
Natürlich fragt Manny nicht. Er steht bereit, falls neue Papierhandtücher benötigt werden, und bietet den Fahrgästen, die anscheinend kein Englisch können, Wasser an.
Sie lassen Plastikröhrchen herumgehen, die an Crackfläschchen erinnern, und kippen sich Kügelchen auf die Hand, die aussehen wie Pfefferkörner: eine Art Kräuterarznei. Die alten Frauen sind zierlich und erinnern ihn an seine Oma, gebrechlich und einer fremden Sprache ausgeliefert. Er verbeugt sich, deutet mit der geöffneten Hand auf die Gläser, aber kaum jemand nimmt eins. Erst als ein Fahrgast Mannys Platz einnimmt und den anderen Anweisungen gibt, leeren sich die Tabletts allmählich, und die Reisenden stehen grüppchenweise herum wie auf einer bizarren Cocktailparty. Manny will Roz und Jacquie gerade bitten, Nachschub zu holen, als der Fahrer – ein knochiger Mann mit schiefem Gebiss – alle auffordert, wieder einzusteigen, zumindest versteht Manny es so, weil alle ihre Gläser auf die Tabletts zurückstellen und ihm nach draußen folgen. Ein paar Leute danken Manny auf ihre Art, und er nickt lächelnd zurück.
Er lässt Jacquie in der Damentoilette nachsehen, ob alle draußen sind, während er selbst die Herrentoilette inspiziert. Es ist nicht schmutziger als sonst, das Waschbecken nass, ein paar matschige Fußspuren, ein einzelnes hauchdünnes Stück Toilettenpapier auf dem Fußboden einer Kabine.
Der Polizist wartet am Eingang auf ihn und signalisiert dem Fahrer, dass er losfahren kann. Manny fragt nicht, warum er den Bus nicht wieder zur 9 geleitet. Ihn interessiert mehr, wie er aufs Lobster gekommen ist.
Der Polizist deutet in den Himmel. «Auf dem Schild stand BUSSE WILLKOMMEN.»
«Stimmt», sagt Manny, und als der Mann weg ist, schätzt er, wie viele Fahrgäste es waren, und zählt zur bisherigen Zahl sechzig hinzu – über hundertzwanzig alles in allem, nicht ihr schlechtester Tag.
Als er in der Küche nachsieht, stellen Leron und Rich die Wassergläser gerade in den Geschirrkorb. Die Hintertür steht offen, um die Hitze rauszulassen, und Ty ist draußen und kratzt die Windschutzscheibe frei, sein Wagen im Leerlauf, der Defroster auf höchster Stufe. Die von Manny hat er schon sauber gemacht.
Da Manny ohnehin hier draußen ist, wirft er unwillkürlich einen Blick auf den Müllcontainer und stößt die Zauntore auf, um die Ratten zu verscheuchen. Die Lampe oben drüber verbreitet ein grelles, metallisches Licht, doch die Zaunlatten werfen tiefe Schatten. Die Fußabdrücke im Schnee auf der anderen Seite sind grö ßer als seine eigenen, und als er um die Ecke biegt, sieht er einen unversehrten Smirnoff‐Karton, der Deckel mit ein paar Zentimetern Schnee bedeckt, auf der Erde stehen.
Darin befindet sich Diebesgut: drei noch fast volle Flaschen Cuervo, Tanqueray und Hennessy. Er hätte nicht ins Einkaufszentrum gehen dürfen.
Er nimmt die Flaschen und lässt den Karton stehen.
«Hat dir jemand ein Geschenk dagelassen?», fragt Ty.
«Irgendwer.»
«Ein Dummbeutel.» Ty ist nie mit Dom klargekommen.
«Wahrscheinlich.»
Manny vergewissert sich, dass Rich am Ausgang der Geschirrspülmaschine beschäftigt ist, bevor er hineinschlüpft und die Flaschen im Lagerraum verstaut. Nachdem sie draußen waren, kann er sie nicht gefahrlos zurückstellen, auch wenn er glaubt, dass mit ihnen alles in Ordnung ist (sie zählen sowieso als Schwund, die Kosten werden automatisch seinem Bestandskonto belastet), aber zum Wegschütten sind sie zu schade. Vielleicht ein Dankeschön für Leron und Rich, vorausgesetzt, die haben sie nicht selbst geklaut.
Das kann warten. Erst muss er die Toiletten sauber machen – nicht weil jemand kommen könnte, sondern weil er nicht ertragen kann, dass irgendwas unerledigt bleibt. Er könnte die Aufgabe einem anderen überlassen, da würde sich keiner beklagen (zumindest nicht offen), aber Manny braucht jetzt etwas, worauf er sich konzentrieren kann, und ein makellos sauberer Spiegel oder die sichtbaren Fortschritte beim Wischen haben ihm schon immer gefallen.
Als er fertig
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