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Letzte Nacht

Letzte Nacht

Titel: Letzte Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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Schlüssel gegen die Hüfte schlagen, muss hinterherlaufen und in den Schneesturm hinausbrüllen.
    Misstrauisch drehen sich die beiden um, als könnte er ihnen die Flaschen wieder abnehmen.
    «Hey», sagt er, «ich wollte mich bloß bedanken, dass ihr heute gekommen seid», und schüttelt beiden die Hand.
    «Wenn einer von euch daran interessiert ist, im Olive Garden zu arbeiten, soll er diese Woche vorbeikommen, dann seh ich mal, was ich tun kann, denn Warren ist endgültig weg vom Fenster.»
    «In Ordnung», sagt Leron, oder: «Geht in Ordnung», Manny weiß nicht genau, was.
    «Das ist in Bristol, oder?», fragt Rich.
    «Denkt mal drüber nach», sagt Manny und lässt sie fahren.
    Jacquie, Roz und Ty stapfen in den Reifenspuren ums Haus. Der Schneepflug war nicht nochmal da, und Manny fragt sich, ob er anrufen soll – als würde man ihn morgen für den Parkplatz benoten.
    Alle helfen Roz, ihren CRV vom Schnee zu befreien.

    Manny hält mit den Fingern das Ende seines Ärmels fest und wischt ihre Scheinwerfer mit dem Handgelenk ab.
    Mit ihrem Allradantrieb kommt sie problemlos aus der Parklücke, wartet aber auf Ty und Manny, für den Fall, dass sie abgeschleppt werden müssen. Doch das ist nicht nötig, und Jacquie geht rüber, um sich durchs Fenster von ihr zu verabschieden. Das dauert eine Weile, eine kleine Beratung, und Manny fragt sich, worüber sie wohl reden.
    «Bis Montag», ruft Roz.
    «Fahr vorsichtig», sagen Manny und Ty und winken zum Abschied.
    Es ist Zeit, sich zu verabschieden, auch wenn Rodney noch nicht da ist. Ty geht einfach davon aus, dass Manny bei Jacquie bleiben will, und Manny widerspricht nicht.
    «Okay, Chef», sagt Ty. Er nimmt Mannys Hand, zieht ihn an seine Brust und klopft ihm auf den Rücken. Dasselbe macht er bei Jacquie, nur behutsamer, er beugt sich zu ihr runter und steigt dann in seinen Supra. «Viel Spaß noch.»
    «Haben wir bestimmt», sagt Jacquie.
    Als er weg ist, steigt sie in den Regal und fordert Manny auf, ein Stück vor zu fahren. Er beugt sich beim Fahren gangstermäßig nach rechts, damit er an der geflickten Stelle in der Windschutzscheibe vorbeisehen kann. Er ist ihr so nah, dass er den Kokosnussduft ihrer Hautlotion riecht und sich vorstellt, wie sie sich nach dem Duschen damit einreibt.
    Die Scheibenwischer bleiben an dem Müllsack hängen.
    Er schaltet sie aus und dreht den Defroster voll auf.
    «Wenn du willst, bring ich dich nach Hause.»

    «Mit der Scheibe? Nein danke.»
    «Rufst du ihn an?»
    «Er müsste in fünf Minuten da sein.»
    Nicht viel Zeit, denkt Manny, aber besser als gar nichts.
    Sie warten mit Blick auf das Stoppschild, der Schnee treibt durchs Scheinwerferlicht und ändert mit dem Wind seine Richtung wie ein aufgeschreckter Fischschwarm.
    Das Neonlogo am Einkaufszentrum geht aus, doch es glimmt noch eine Weile nach, als wäre es dem Auge eingebrannt. Manny gibt sich größte Mühe, nicht zu rauchen, doch plötzlich öffnet Jacquie neben ihm den Reiß verschluss einer Innentasche und zieht eine Schachtel hervor. Reflexartig kramt er nach seinem Feuerzeug. Als er es anknipst, hat sie keine Zigarette in der Hand, sondern eine grüne Samtschatulle, die sie ihm hinhält wie ein Geschenk.
    Also hat sie das die ganze Zeit vorgehabt. Und er dachte schon, alles würde ausnahmsweise mal nach seinen Vorstellungen laufen.
    Er lässt die Flamme ausgehen.
    «Manny, tut mir leid. Ich kann die nicht behalten.»
    «Sie gehört dir.»
    «Ich weiß, und du weißt auch, wie gut sie mir gefällt, aber wenn ich mit jemand anders zusammen bin, kann ich sie nicht anziehen. Verstehst du das?»
    «Was soll ich damit?»
    «Keine Ahnung. Ich kann sie bloß nicht mehr behalten, okay?»
    Sie streckt ihm die Schatulle entgegen. Wenn sie sie jetzt losließe, würde sie ihm in den Schoß fallen.
    «Bitte Manny. Mach’ s mir doch nicht noch schwerer.»

    Ihre Worte klingen, als solle er sie retten, und das ist doppelt unfair, weil sie weiß, dass er dem nicht widerstehen kann. In der Dunkelheit kann er die Schatulle nicht sehen, und er stellt sich vor, dass sie ihm eine geladene Pistole reicht. Seine Hand schließt sich um den Samt, und sie gehört wieder ihm, oder vielmehr keinem.
    «Danke», sagt sie, beugt sich mit raschelndem Mantel rüber und küsst ihn seitlich aufs Kinn.
    «Kein Problem», sagt Manny und reibt mit dem Daumen über die samtige Oberfläche.
    «Wahrscheinlich hab ich dich mit Lippenstift voll geschmiert.»
    «Ist schon okay.»
    «Erst wollte ich dir

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