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Letzte Nacht

Letzte Nacht

Titel: Letzte Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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ist, ist es zwanzig nach zehn. Der Abend ist fast vorbei. Nur ein Idiot würde jetzt noch erwarten, dass irgendwer kommt, und er will seine Leute nicht länger dabehalten als unbedingt nötig. Genau genommen haben sie noch bis elf geöffnet. Die Ziele, die er heute gern erreicht hätte, hat er eins nach dem anderen aufgegeben, und obwohl der Entschluss auf der Hand liegt, muss er sich sagen, dass er eigentlich nicht kapituliert.
    Er bittet Jacquie und Roz, mit ihm in die Küche zu kommen, damit es alle gleichzeitig erfahren.
    «Da s war’s», verkündet er. «Machen wir zu.»

    Abrechnung

    Alles wird weggeworfen. Die Spieße, die Fritten, der Reis –  alles, was sie vorbereitet haben. Der Krautsalat geht weg, die Ofenkartoffeln, der ganze Blumenkohl, tablettweise Brötchen. Normalerweise würden sie die Fisch‐ und die Gumbosuppe aufheben. Mit Topfhandschuhen übergibt er Leron die Töpfe, und der kippt den dampfenden Inhalt in den gurgelnden Müllschlucker. Was für eine Verschwendung, denkt Manny, und stellt sich vor, wie viele Leute eine Suppenküche in der Innenstadt damit verköstigen könnte. Das ganze Gemüse, das sie geschnitten haben. Alle Soßen, die sie heute zubereitet haben. Er rollt den Abfalleimer zur Kühlvitrine und räumt die Regale leer. Die Sachen zum Garnieren in den kleinen Speisenwärmern auf der Warmhalteplatte – die Zitronenscheiben, die gehackte Petersilie, der Parmesankäse und die saure Sahne.
    «Schmeiß das in einen Eimer», sagt Ty und gibt Rich einen Kochtopf voll Kräuterbutter.
    «Was habt ihr denn mit Ty angestellt?», fragt Manny mit gespieltem Entsetzen, denn normalerweise genießt er um diese Uhrzeit das Vorrecht, auf seinem Hocker zu sitzen und den anderen beim Aufräumen zuzuschauen.
    «Ich bin wie Troy Brown – für mich zählt nur das Team.»
    «Dann dürfte ich wohl Bill Belichick sein.»

    «Nein, du bist Romeo Crennel», erwidert Ty und erntet Gelächter, denn Crennel ist fett.
    «Gegen wen spielen sie morgen?», fragt Rich.
    Es ist bloß blödes Geschwätz, um das Gespräch in Gang zu halten, doch Manny muss an die ganzen Playoff‐Spiele und Super Bowls denken, für die sie einen Groß bildfernseher mieteten, an die Tausend‐Dollar‐Tabelle, die sie (entgegen der Firmenpolitik und für ihn selbst höchst nervenaufreibend) hinter der Bar aufhängten. Als die Patriots zum ersten Mal im Endspiel gewannen, umarmten sich er und Eddie so fest, dass ihm fast ein Zahn abgebrochen wäre.
    Ty hat die Küche unter Kontrolle, also geht Manny nach vorn und kümmert sich um die Bar. Es muss nichts aufgefüllt werden, und doch wandert sein Blick unwillkürlich zu den fast leeren Flaschen, und ihm geht eine Liste durch den Kopf, die er sofort beiseite wischt. Er schließt die Kühlschränke und die Regale ab. Der Alkohol bleibt stehen, aber alle offenen Mixsachen wie der Grapefruitsaft werden sofort in den Ausguss gekippt. Er wirft die Oliven und die Cocktailzwiebeln weg, die Zitronen‐ und Limonenscheiben, die Orangen‐ und Ananasstücke, die Maraschinokirschen und die Erdbeeren.
    Der Teller mit dem kreisförmig verkrusteten Margaritasalz – weg. Er zapft je einen Krug Frozen Margeritas und Bahama Mamas, bevor er die Maschinen leert, weil vielleicht jemand etwas trinken will, während sie sich die Powerball‐Ziehung anschauen. Dann schaltet er bei beiden Fernsehern auf Channel 6 um.
    Im Speiseraum benutzen Jacquie und Roz Rollwagen zum Abräumen der Tische, stapeln Vorspeisenteller und sammeln Besteckbündel, Teelichter und die verfluchten Getränke‐ und Dessertkarten ein, die er nie sauberhalten konnte – reißen alles ab, was heute früh aufgebaut wurde.
    Manny kann sich nicht vorstellen, dass das Unternehmen Salz und Pfeffer wiederverwerten will, aber das überlässt er den Erbsenzählern. Dasselbe gilt für die Lobster‐Sektquirle, ‐Untersetzer und ‐Servietten, doch die sind wahrscheinlich unhygienisch.
    Plötzlich wird ihm schmerzlich bewusst, dass er die Fisch‐ und die Gumbosuppe hätte aufheben können (zumindest die Fischsuppe), um sie zusammen mit den Geschenkgutscheinen an die Gäste auszuteilen, die morgen kommen.
    «Hey», brüllt Roz von der anderen Seite des Speiseraums und deutet zur Decke, «kann ich die blöde Musik ausschalten? Ich schwör’ s, wenn ich mir ‹This One’s for the Girls› nochmal anhören muss, bring ich jemanden um.»
    «Nur zu», sagt Manny. «Ich meine, mach sie einfach aus.» Also sind jetzt nur noch die Fernseher

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