Letzte Rache: Thriller (German Edition)
»Ja, Herr Bürgermeister?«, sagte sie und schniefte leise. »Was kann ich für Sie tun?«
»Hören Sie, Carole, es tut mir sehr leid, von dieser … Angelegenheit mit Joshua zu hören.« Holyrod klang verlegen und abgelenkt; im Hintergrund waren Stimmen zu hören, als wäre er bei einem Mittagessen. »Ich bin sicher, es handelt sich nur um ein Missverständnis – eine böswillige Verleumdung.«
»Hoffentlich.«
»Ich bin mir sicher«, sagte Holyrod beschwichtigend. »Sie wissen, wie es heutzutage ist. Alle sind überempfindlich, wenn auch nur der leiseste Verdacht entsteht, irgendwas sei nicht ganz koscher. Wir kopieren darin nur die Amerikaner. Jeder übereifrige Ermittler da draußen ist dauernd auf der Suche nach dem nächsten großen Skalp.«
»Dieser Mann in Amerika hat hundertfünfzig Jahre bekommen«, flüsterte Simpson und versuchte ein Schluchzen zu unterdrücken. »Einhundertfünfzig!«
»Ja, nun«, erwiderte der Bürgermeister, »dazu wird es hier nicht kommen. Ich weiß, dass Joshua so ehrlich ist wie wenige.«
Ich wünschte, das wüsste ich auch, dachte Simpson. »Vielen Dank.«
Der Lärm im Hintergrund erstarb, weil Holyrod offenbar eine ruhige Ecke aufsuchte. »Ich habe selbst etwas Geld bei ihm investiert«, sinnierte er.
Vergangenheitsform, bemerkte Simpson.
»Er hat sich sehr gut um mich gekümmert«, fuhr der Bürgermeister fort.
Das ist es also, worum du dir Sorgen machst, dachte Simpson; die Vorstellung, dass das hier zurückkommen und dich in den Hintern beißen könnte. »Das ist schön.«
»Ja, ich war ein bisschen überrascht, als er beschloss aufzuhören, aber es ist nichts dagegen zu sagen, wenn jemand aussteigt, solange er vorn liegt. Tatsächlich sollten das mehr Leute tun.«
»Ja.«
»Grüßen Sie ihn jedenfalls herzlich von mir, wenn Sie mit ihm reden.«
»Das werde ich. Vielen Dank.«
»Und falls es irgendwas gibt, womit ich helfen kann, melden Sie sich.«
»Das mache ich.«
Es entstand eine Pause.
»Es gibt noch etwas, worüber ich mit Ihnen reden möchte«, sagte der Bürgermeister.
»Ja?«
»Mrs Agatha Mills.«
Angesichts dessen, was heute schon passiert war, brauchte Simpson mehr als einen Moment, um den Namen unterzubringen.
»Die Dame, die in der Nähe des Britischen Museums wohnte«, erklärte der Bürgermeister freundlich.
»Die Frau, die von ihrem Mann erschlagen wurde?«
»Genau die«, sagte Holyrod rasch. »Wie weit sind Sie in dieser Angelegenheit? Sind die Ermittlungen beendet worden? Ist der Fall abgeschlossen?«
Simpson hatte keine Lust zuzugeben, dass sie es nicht wusste. Sie konzentrierte sich stattdessen schnell darauf, was sie wusste. »Der Ehemann hat es eindeutig getan. Dann ist er vor ein Auto gelaufen – oder besser gesagt: einen Lieferwagen, wenn ich mich recht erinnere.« Während sie die Worte aussprach, spürte sie ein Frösteln. Joshua musste unter mindestens so großem Stress stehen wie Henry Mills. Konnte er auf ähnliche Weise reagieren? Nein, versicherte sie sich. Was immer sonst geschehen mochte, er war kein Mann, der versuchen würde, sich umzubringen. Davon war sie überzeugt. Ziemlich überzeugt wenigstens.
Sie riss sich aus ihrer Träumerei. »Der Fall ist abgeschlossen.«
»Gut«, sagte der Bürgermeister fröhlich. »Wäre es möglich, eine Kopie des Abschlussberichts zu bekommen?«
»Nun ja …« Dabei erwischt zu werden, dass sie mit offiziellen Polizeiakten Schindluder trieb, war das Letzte, was Simpson im Moment brauchen konnte.
»Bei völliger Diskretion natürlich.«
Sie dachte noch eine Weile darüber nach. Ach, was zum Geier, es war nicht so, als könnte das Loch, in dem sie bereits saß, noch tiefer werden. Vielleicht könnte etwas Wohlwollen im Büro des Bürgermeisters während der kommenden Wochen ganz hilfreich sein. »Natürlich. Ich lasse Ihnen etwas rüberschicken.«
»Vielen Dank«, erwiderte der Bürgermeister. »Und denken Sie daran, Joshua zu grüßen.«
Die Leitung war tot, bevor sie antworten konnte. Simpson legte den Hörer vorsichtig auf die Gabel zurück. Warum war der Bürgermeister so sehr an dem Fall Mills interessiert? Und warum hatte sie selbst noch kein Exemplar des Abschlussberichts gesehen? Sie stand auf, ging um ihren Schreibtisch herum zur Tür und verließ ihr Büro, wobei sie ihre Sekretärin überraschte, die in ein jämmerliches Klatschmagazin vertieft war. Simpson zog die Augenbrauen angesichts der Schlagzeile hoch – SOMMER-SONDERBERICHT FETTABSAUGUNG –, sagte aber
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