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Letzte Rache: Thriller (German Edition)

Letzte Rache: Thriller (German Edition)

Titel: Letzte Rache: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Craig
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hatte, begab er sich zu einem Tisch am Fenster und machte sich daran, sein Teilchen in Viertel zu schneiden, während er mit ein paar Minuten ungetrübten Vergnügens liebäugelte, bevor die Lohnschreiberin eintraf. Er hatte schon einen großen Artikel über die Rückkehr der Achtzigerjahre-Ska-Band The Specials markiert, den er beim Kauen lesen wollte. Die Zeile »You’ve done too much, much too young« sprang ihm fröhlich im Kopf herum. Er lächelte vor sich hin, aufgemuntert von dem Gedanken, wie viel Text von dem Song er immer noch parat hatte. Bevor er allerdings die Zeitung wieder aufschlagen konnte, erschien Rosanna Snowdon aus dem Nichts, glitt in sein Blickfeld und zog den Stuhl ihm gegenüber hervor.
    Sie stellte ein Glas dampfenden Pfefferminztee behutsam vor sich auf den Tisch und setzte sich. »Guten Morgen, Inspector«, begann sie und schob sich eine große Sonnenbrille nach oben in die Haare. »Vielen Dank, dass Sie gekommen sind.«
    Carlyle machte eine abwiegelnde Handbewegung. »Nicht der Rede wert.« Unwillkürlich musterte er sie von oben bis unten. Wie immer war Rosanna gut gekleidet und sah in einem ziemlich tristen, aber teuren grauen Hosenanzug und einer perlmuttfarbenen Bluse, an der gerade so viele Knöpfe offen waren, dass man Interesse bekam, auf strenge Weise sexy aus. Sie wirkte müde und ein bisschen nervös und schien seit ihrer letzten Begegnung deutlich abgenommen zu haben, was ihr sehr gut stand. Andererseits konnte sogar Carlyle sehen, dass ihr Haaransatz nachgefärbt werden musste, und das war nicht so gut. Alles in allem, dachte er, siehst du nicht umwerfend aus, aber es ist nichts, was nicht durch zwei Wochen in der Karibik oder im Priory, Englands Gesundheitsfarm für die Stars, in Ordnung gebracht werden könnte.
    Sie schaute auf seinen Teller. »Lassen Sie sich von mir nicht aufhalten.«
    Carlyle lächelte. »Wenn Sie darauf bestehen.« Er nahm einen großen Bissen von einem Viertel seiner Rosinenschnecke und spülte ihn mit etwas Kaffee hinunter. In den nächsten Minuten saßen sie einander freundlich schweigend gegenüber, während er den Rest seines Teilchens verputzte und sie sittsam ihren Tee schlürfte.
    Sie wartete, bis der letzte Krümel in seinem Mund verschwunden war und er sich die Lippen mit einer Serviette abwischte, bevor sie wieder sprach. »Ich habe ein kleines Problem.«
    Er sah sie mit weit geöffneten Augen an und wartete.
    »Es gibt einen Mann …« Rosanna stieß einen tiefen Seufzer aus und kam endlich zur Sache. »Jemand stellt mir nach.« Sie nahm noch einen Schluck Tee, lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und faltete die Hände, als bereitete sie sich darauf vor, zu einem Gebet anzusetzen.
    »Ist das nicht normal?« Er versuchte, ein Grinsen zustande zu bringen, das frech wirkte.
    Sie sah ihn verständnislos an.
    Er bohrte weiter. »Sollen Prominente wie Sie nicht geradezu Stalker anziehen – der Preis des Ruhms und all das?«
    Sie bedachte ihn mit einem verletzten Blick, der andeutete, dass er mit seinem jungenhaften Versuch, witzig zu sein, zu weit gegangen war.
    »Tut mir leid.« Er hielt eine Hand hoch, um ihr seine Bereitschaft zu beweisen, dass er ihr Problem ernst nahm. »Was ist denn geschehen? Erzählen Sie mir die Vorgeschichte.«
    »Der Typ heißt Simon. Ich kenne seinen Nachnamen nicht. Ich schätze, er ist Ende dreißig oder Anfang vierzig. Vor ungefähr zwei Monaten hat er angefangen, vor dem Haus rumzuhängen, in dem ich wohne. Er steht immer da, wenn ich das Gebäude verlasse. Manchmal folgt er mir sogar zur Arbeit.«
    Carlyle schaute reflexartig aus dem Fenster.
    »Heute nicht«, fuhr sie fort. »Nicht an jedem Tag. Vielleicht ein- oder zweimal pro Woche. Und es hat auch einige Male gegeben, wo ich ihn abends habe herumhängen sehen.«
    »Hat er Sie physisch oder mit Worten bedroht?«, fragte Carlyle in seinem offiziellsten Tonfall.
    Sie runzelte die Stirn. »Nein, er ist nicht bedrohlich. Es ist eher nur … unheimlich. Er wahrt immer einen bestimmten Abstand, als wäre er zu verlegen, um mit mir zu reden.«
    Psychisch krank, dachte Carlyle. Noch einer. Wie es wohl sein musste, fragte er sich, ein bisschen einfältig zu sein. Begreift man dann, mit welcher Benachteiligung man sich abfinden muss?
    Sie bemerkte, dass er in Gedanken woanders war, und begann mit ihren teuer aussehenden Fingernägeln auf dem Tisch zu trommeln. »Er schickt mir auch Briefe.«
    Briefe? Wie altmodisch. »Was für Briefe?«
    Sie wurde fast rot.

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