Letzte Rache: Thriller (German Edition)
jedem anständigen Land wäre es möglich, dass er jemanden beauftragte, der direkt in den Cow Pub hineinginge, der Frau zwei Schüsse aus seiner .45er in den Kopf jagte, die Waffe auf den Boden fallen ließe und wieder hinausginge. Keine Fragen, keine Probleme, kein Comeback, und man bekäme auf hundert Dollar noch was raus. Aber das hier war kein anständiges Land, wie er sehr wohl wusste. Das Wetter war scheußlich, Rauchen fast ein Straftatbestand, und Leute in der Öffentlichkeit zu erschießen, galt als »schlechtes Benehmen«.
Der Gedanke ließ ihn auflachen. In schlechtem Benehmen war er gut.
Er schaute auf seine Uhr: zehn vor zwölf. Er gähnte und begann, in der Nase zu bohren.
Als sie schließlich auftauchte, schnippte er gerade einen Popel nach einem vorbeilaufenden Straßenköter.
»Erfreut, Sie zu sehen«, murmelte er.
Endlich hatte er nach all dieser Zeit eine Chance serviert bekommen. Sie war allein, sang leise zu einem Lied auf ihrem iPod und schwankte zu der Musik. Wahrscheinlich betrunken.
Perfekt.
Er startete den Motor und schaute zu, wie sie in einer Entfernung von etwa zwanzig Metern zwischen zwei geparkte Wagen trat. Sie schaute hinter einem kleinen Ford auf die zweispurige Straße und sah, dass aus beiden Richtungen kein Verkehr kam. Sie überquerte die Straße zur Hälfte, bevor sie merkte, dass der Bürgersteig auf der anderen Straßenseite wegen Ausbesserungsarbeiten abgesperrt war. Sie wandte ihm den Rücken zu und ging weiter auf der Straße in Richtung der Ampeln an der nächsten Kreuzung.
Er manövrierte seinen Peugeot vorsichtig aus der Park lücke hinaus auf die Straße. Sie war jetzt dreißig Meter vor ihm, als er mit dem Fuß fest auf das Gaspedal trat. Als sie begriff, was da geschah, war er unmittelbar hinter ihr. Sie drehte sich halb um, und die Ungläubigkeit hatte kaum Zeit, auf ihrer Miene zum Ausdruck zu kommen. Es gab einen befriedigenden dumpfen Aufprall, bevor sie über die Kühlerhaube des Wagens flog und auf die Straße geschleudert wurde.
Ob sie ihn erkannt hatte? Es war unwahrscheinlich, aber er hoffte es. Er wollte, dass sie wusste, warum – warum das hier mit ihr geschah; warum sie hatte sterben müssen. Das sollte der letzte Gedanke sein, der ihr durch den Kopf kroch, während sie sich von dieser Welt verabschiedete.
Er schaute nach hinten und sah, dass die Straße immer noch leer war – keine Zeugen, keine Reaktion, genug Zeit für ihn, zurückzufahren und zu überprüfen, ob er seine Sache anständig erledigt hatte. Aber in diesem Moment wurden seine Gedanken von einer schrillen Hupe unterbrochen. Er rollte, bevor er sich darüber klar wurde, über die Kreuzung, vorbei an einer roten Ampel und hätte fast ein schwarzes Taxi erwischt, das an ihm vorbeibrauste.
»Heilige Muttergottes!«, fluchte er und brachte den Peugeot zum Stehen.
Das Taxi bremste mit quietschenden Reifen auf seiner Linken. Er konnte sehen, wie der Fahrer ausstieg und mit wütendem Blick auf ihn zukam. Der Mann hatte die Frau noch nicht gesehen, aber es kam nicht mehr infrage, dass er zurückfuhr. Das machte nichts: Ein Blick in den Rückspiegel zeigte ihm, dass sie immer noch mit dem Gesicht nach unten auf dem Asphalt lag. Er hatte sie mit ziemlicher Geschwindigkeit getroffen. Sie würde nicht mehr aufstehen. Er war zuversichtlich, dass sein Job getan war. Ein zweites Mal trat er das Gaspedal durch, ließ die Flüche des Taxifahrers hinter sich ungehört verhallen und fuhr davon in die Nacht.
Zweiundzwanzig
Rosanna machte die Haustür zu und stand in der Eingangshalle von Reith Mansions, wo sie auf das Geräusch lauschte, das Ian Dales BMW beim Losfahren machte. Sie schaute durch den Briefkastenschlitz, um sich davon zu überzeugen, dass ihr lästiger Verehrer endgültig die Kurve gekratzt hatte, und stieß einen trunkenen Triumphschrei aus. »Und tschüs, du widerlicher kleiner Kerl«, schimpfte sie. »Ich bin gespannt, wie du dich aus dieser Sache rausredest, wenn du nach Hause kommst.« Sie holte ihr Handy aus der Jackentasche und rief Erica Dales Nummer auf dem Display auf. Ein paar Augenblicke schwebte ihr Daumen über der Ruftaste, bis sie es sich anders überlegte. »Du hattest genug Aufregung für einen Tag, Mädchen«, murmelte sie vor sich hin. »Zeit, ins Bett zu gehen.«
Rosanna erinnerte sich undeutlich daran, dass der Aufzug im Haus außer Betrieb war, und torkelte langsam zwei Treppenfluchten hoch. Vor der Tür zu ihrem Apartment angelangt, durchstöberte sie ihre
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