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Letzte Runde in Mac's Place

Letzte Runde in Mac's Place

Titel: Letzte Runde in Mac's Place Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Atmosphäre, vielleicht sogar als Ambiente betrachten.
    Haynes zählte vier vereinzelte männliche Gäste an der langen Bar, deren jeder den Stempel des praktizierenden Trunkenbolds trug. An weit voneinander entfernten Tischen klammerten sich zwei offenbar verheiratete Paare an Kaffee und Kuchen fest, als fürchteten sie die Aussicht auf Zuhause und Bett. Zwei Kellner, der eine alt, der andere jung, unterhielten sich ruhig in ihrer Muttersprache. Etwas, das der Jüngere sagte, entlockte dem Älteren ein Gähnen.
    Herr Horst hatte die Jacke abgelegt und machte auf dem Personaltisch neben der Schwingtür zur Küche kurzen Prozeß mit einer Forelle. Er blickte von seinem Nachtmahl auf, sah Haynes, zeigte mit dem Daumen über die Schulter zum Büroraum und widmete sich dann wieder seiner Forelle.
    Als er an die Tür zum Büro kam, klopfte Haynes, wartete auf das »Herein« und trat ein. Padillo saß in Hemdsärmeln und mit gelockerter Krawatte auf seiner Seite des Doppelschreibtischs, neben sich eine Kaffeekanne und zwei Tassen. Padillo wies auf die braune Ledercouch, und Haynes setzte sich.
    »Warum sollte sie jemand umbringen?« fragte Padillo.
    »Wo sind Sie Steady zum ersten Mal begegnet?« fragte Haynes.
    »Kaffee?« fragte Padillo.
    Haynes schüttelte den Kopf.
    Padillo goß sich eine Tasse ein, legte die Beine auf den Schreibtisch und kreuzte die Füße, an denen er dezente Socken mit Rautenmuster, aber keine Schuhe trug. »Ich habe ihn in Afrika kennengelernt«, sagte Padillo. »Anfang der Sechziger.«
    »Wo in Afrika?«
    »Was soll das werden? Ein Austausch von Vertraulichkeiten?«
    »Könnte nützlich sein.«
    Nachdem er darüber nachgedacht hatte, sagte Padillo: »Dann fange ich an und beginne mit Isabelle. Vielleicht komme ich später zu Steady. Vielleicht auch nicht.«
    »Prima«, sagte Haynes.
    Die Füße noch immer auf dem Schreibtisch, die Hände und Unterarme entspannt auf den Sessellehnen, den Blick fest auf Haynes gerichtet, begann Padillo in einem ruhigen und unbelebten, fast monotonen Tonfall zu sprechen. Haynes, der sich ein wenig vorbeugte, damit ihm nichts entging, vermutete, daß Padillo diesen Tonfall benutzt haben mußte, um anderen geübten Zuhörern Wahrheiten, Halbwahrheiten und Lügen zu erzählen. Er fragte sich, wer diese Zuhörer gewesen sein mochten und welche Sprachen gesprochen worden waren.
    »Vor ziemlich genau neun Jahren«, sagte Padillo, »kam eine 24 Jahre alte Französin hier hereinspaziert und stellte sich als Isabelle Gelinet von Agence France-Presse vor. Sie sagte, sie sei von Paris rübergeschickt worden, um flockige Berichte über die Nominierungskampagnen und den Wahlkampf zu schreiben. Aber sie wollte nichts Flockiges schreiben und fragte, ob ich ihr mit Ratschlägen, Tips, Bekanntschaften oder anderen Sachen behilflich sein könnte. Ihre einzige persönliche Empfehlung war ein Brief von Tinker Burns an mich.«
    »Nicht gerade die allerfeinste Referenz«, sagte Haynes.
    »Aber eine interessante.«
    »Wo haben Sie Tinker kennengelernt?« fragte Haynes.
    »In Frankreich.«
    »Wann?«
    »März '45.«
    »War das, nachdem er mit dem Fallschirm mit den Fünfzigtausend in Gold abgesprungen und das Gold in die Loire gefallen ist, so daß es nie bei der Résistance ankam?«
    »Eine von Steadys größeren Geschichten, richtig?«
    Haynes bejahte mit einem Nicken und fragte: »Hatte man Sie auf Tinker angesetzt?«
    »Wer?«
    »Der OSS.«
    »Ich hatte Besseres zu tun«, sagte Padillo. »Aber '46, glaube ich, ist mir Tinker wieder über den Weg gelaufen, und ich habe erwähnt, daß ihm die Ermittler der Army auf den Fersen seien, wodurch ich mir seine ewige Dankbarkeit erwarb. Für Tinker dauert eine Ewigkeit selbstverständlich etwa zweieinhalb Wochen.«
    »Das muß gewesen sein, als er zur Legion ging.«
    »Etwa um die Zeit«, sagte Padillo. »Aber um auf Isabelle zurückzukommen: Als sie hier mit nichts als Tinkers Brief hereinspazierte, kam mir sofort der Gedanke, sie könnte mehr sein als eine von den Nachwuchsreporterinnen, die auf den großen Durchbruch warten.« Er hielt kurz inne. »Obwohl diese Stadt weiß Gott mehr als genug davon hat.«
    »L. A. auch«, sagte Haynes.
    »Also habe ich sie mit Karl Triller bekanntgemacht.«
    »Ihrem Barchef.«
    »Und Geschäftspartner - er hält einen Minderheitsanteil.«
    »Der Mann, der Steady nach seiner vierten Scheidung bemuttert hat.«
    »Eben der«, sagte Padillo. »Über zwanzig Jahre hat Karl die Eskapaden des Kongresses studiert.

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