Letzte Runde in Mac's Place
uns.«
McCorkle ließ noch einmal den Blick durchs Zimmer schweifen. »Ich nehme an, einen langen Sonntagnachmittag kann man auf diese Weise ebensogut wie auf jede andere verbringen. Deine Mutter und ich haben es vor hundert Jahren in Bonn oft so gemacht. Meistens in ihrer Wohnung draußen in Tannenbusch. Sie hat in einem Einzimmerapartment im obersten Stockwerk eines deutschen Hochhauses gewohnt, mit Blick auf Rhein und Drachenfels. Sonntags hat Padillo immer das Restaurant offengehalten, und ich bin gegen Mittag mit ein, zwei Flaschen Wein und zwei Steaks bei Fredl aufgekreuzt. Damals haben die Menschen noch Steaks gegessen. Fredl las die Zeitungen, alle Zeitungen, die sonntags erschienen, und danach haben wir geredet und rumgealbert, dann gegessen und anschließend vielleicht noch etwas geredet und rumgealbert. Um sechs oder sieben bin ich nach Godesberg rausgefahren, um Padillo abzulösen. Manchmal ist sie mit mir gekommen.«
»Meistens ist sie mit dir gekommen«, sagte Padillo.
McCorkle nickte. »Ja, das stimmt wohl.«
»Wart ihr beide damals nicht verheiratet?« fragte Erika.
»Nicht einmal verlobt.«
»Wie alt war sie?«
»Fredl? Vierundzwanzig, fünfundzwanzig.«
»Und du?«
McCorkle blickte zu Haynes, der wieder am Fensterbrett lehnte und einen Ausdruck höflichen Mitgefühls zur Schau stellte. »Zweiunddreißig, dreiunddreißig«, sagte McCorkle. »So um den Dreh.«
»Das war Ende der Fünfziger?«
»Ganz am Ende der Fünfziger.«
»Du und Mutti, ihr habt nie drüber gesprochen, nicht?«
»Nicht oft.«
»Er spricht auch jetzt nicht drüber«, sagte Padil-
lo.
»Was sagt er dann?«
»Herrgott, Goggelchen«, sagte Padillo.
»Nenn mich nicht so!«
»Goggelchen?« fragte Haynes.
»Als sie sprechen lernte«, sagte Padillo, »kam sie mit Erika McCorkle nicht so gut klar, und es hörte sich immer an wie Erigga McGoggel. Ich hab' sie Goggelchen genannt, bis sie sechs wurde und es mir verboten hat.«
»Das erklärt aber nicht, was Paps gesagt hat.«
Padillo zuckte die Achseln. »Frag ihn selbst.«
»Also gut«, sagte sie an ihren Vater gewandt. »Was war das nun? Eine umständliche Einladung in die Welt der Erwachsenen?«
»Wer will denn so was?«
»Was dann?«
»Ich denke, es war ein Versprechen«, sagte McCorkle.
»Was für ein Versprechen?«
»Daß ich das nächste Mal das Haustelefon benutze.«
Ihr Sonnenscheinlächeln auf dem Gesicht, lief sie zu McCorkle, stellte sich auf die Zehenspitzen, küßte ihn, drehte sich, immer noch lächelnd, zu Granville Haynes um und sagte: »Du mußt schon zugeben, daß wir eine sehr demonstrative Familie sind.«
»Wenn die Demonstration vorüber ist, könnte sie der Familie vielleicht von dem Drohanruf erzählen.« Automatisch wandte sie sich zu Padillo, als wäre er üblicherweise der Empfänger schlechter Nachrichten. »Mr. Tinker Burns hat angerufen«, sagte sie. »Vor ungefähr zwanzig oder dreißig Minuten. Er war auf der Suche nach dir und Paps. Als ich ihm sagte, wir wüßten nicht, wo ihr seid, hat er mich gebeten - nein, er hat mich beauftragt, euch eine Nachricht zu übermitteln. Ich habe ihn gebeten, einen Moment zu warten, damit ich mir etwas zu schreiben holen konnte, aber er hat gemeint, das würde ich nicht brauchen, weil die Nachricht kurz und schlicht sei.« »Und, war sie das?« fragte Padillo. »Kurz und schlicht?« Sie nickte. »Mr. Burns hat mich beauftragt, euch zu sagen, wenn ihr ihn nicht in Steadys Manuskript schauen laßt, wird er euch euer verdammtes Genick brechen. Oder brechen lassen.«
Z WEIUNDDREISSIG
Die nächsten zwanzig Minuten tauschten sie alle vier Informationen aus. Zuerst berichteten Haynes und Erika von Hamilton Keyes' Angebot über 750000 Dollar für sämtliche Rechte an den unentdeckten, ungelesenen Memoiren von Steadfast Haynes. Dann schilderten McCorkle und Padillo die Ereignisse, die zu ihrer Begegnung mit Mr. Schlitz und Mr. Pabst vor Pong's Palace geführt hatten.
Anschließend gingen sie alles noch einmal durch - stocherten an diesem, entsannen sich jenem und spekulierten über andere, gerade wieder aufgefrischte Brocken und Bruchstücke, die meisten zusammenhanglos, bis sie plötzlich aufhörten, als offensichtlich wurde, daß sie nicht weiterkamen. Stille breitete sich aus und währte fast zwei Minuten, bis sie von Granville Haynes. beendet wurde.
»Nachdem Tinker offenbar seinen eigenen Deal laufen hat«, sagte Haynes, »schau' ich, glaube ich, morgen früh um halb drei oder drei mal bei
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