Letzter Akt in Palmyra
mögen.«
»Was meinen Sie damit?« Helena nahm sofort den Gesprächsfaden auf. »Die beiden verbringen viel Zeit miteinander. Bestehen da etwa gewisse Rivalitäten?«
»Jede Menge!« erwiderte Byrria rasch, als wäre das eine bekannte Tatsache. Beklommen fügte sie hinzu: »Tranio hat als Komödiant wirklich mehr Flair. Aber ich weiß, daß Grumio meint, das läge nur an den besseren Rollen, die Tranio in den Stücken bekommt. Grumio ist viel besser als improvisierender Alleinunterhalter, obwohl er das in letzter Zeit selten gemacht hat.«
»Gibt es Streit zwischen ihnen?« warf Musa ein. Es war die Art direkter Frage, wie ich sie selbst gern zu stellen pflege.
»Gelegentlich kabbeln sie sich.« Sie lächelte ihm zu. Das mußte ein Irrtum gewesen sein. Musa hatte genug Schneid, sich in dieser Zuneigungsbezeugung zu sonnen; dann schien Byrria zu erröten, obwohl daran auch die Nähe des Feuers schuld sein konnte. »Hilft Ihnen das weiter, Falco?«
»Weiß nicht. Vielleicht gibt es mir einen Ansatzpunkt. Danke, Byrria.«
Es war spät. Morgen würden wir unsere Reise nach Kanatha fortsetzen müssen. Das Lager um uns herum war ruhig geworden. Viele schliefen schon. Unsere Gruppe schien als letzte noch auf den Beinen zu sein. Es wurde Zeit, die Party zu beenden. Nach einem Blick auf Helena gab ich den Versuch, das widerstrebende Paar zusammenzubringen, endgültig auf.
Helena gähnte, ein verstohlener Hinweis, daß es Zeit war, aufzubrechen. Mit Byrrias Hilfe begann sie, die Teller zusammenzustellen. Musa und ich beschränkten unsere Bemühungen auf so männliche Beschäftigungen wie im Feuer herumzustochern und die restlichen Oliven aufzuessen. Als sich Byrria für den Abend bedankte, meinte Helena: »Ich hoffe, wir haben Sie nicht zu sehr aufgezogen.«
»In welcher Weise?« erwiderte Byrria trocken. Dann lächelte sie erneut. Sie war eine außergewöhnlich schöne junge Frau; die Tatsache, daß sie kaum zwanzig war, wurde plötzlich viel offensichtlicher. Sie hatte den Abend genossen; wenigstens das konnten wir uns sagen. Heute abend war sie einer Zufriedenheit näher gewesen, als sie es vielleicht je sein würde. Es ließ sie verletzlich wirken. Selbst Musa sah erwachsener und ihr ebenbürtiger aus.
»Nehmen Sie es uns nicht übel.« Helena sprach ganz entspannt und leckte sich Soße von der Hand, weil sie an einen verschmierten Teller gekommen war. »Sie müssen so leben, wie Sie es für richtig halten. Das Wichtigste ist, wahre Freunde zu finden und sie zu behalten.« Um dem Thema nicht zuviel Gewicht zu geben, ging sie mit ihrem Tellerstapel ins Zelt.
Ich war nicht bereit, sie so leicht davonkommen zu lassen. »Aber trotzdem heißt das nicht, daß sie Angst vor Männern haben muß!«
»Ich fürchte mich vor niemandem!« schoß Byrria zurück. Für einen kurzen Moment war ihr aufbrausendes Temperament durchgekommen, dann senkte sie wieder die Stimme. Sie starrte auf das Tablett, das sie gerade hochgehoben hatte, und fügte hinzu: »Vielleicht fürchte ich mich nur vor den Konsequenzen.«
»Sehr klug!« bemerkte Helena, die gerade wieder herauskam. »Denkt nur an Phrygia, deren ganzes Leben vergällt und ruiniert ist, weil sie ein Kind bekam und den falschen Mann heiratete. Sie hat das Kind verloren, sie hat ihre Chance verloren, sich voll zur Schauspielerin zu entwickeln, und vielleicht hat sie auch den Mann aufgegeben, mit dem sie all die Jahre wirklich hätte zusammen sein sollen …«
»Das ist ein schlechtes Beispiel«, unterbrach Musa. Er war angespannt. »Ich könnte ebenso gut sagen, schauen Sie sich Falco und Sie an!«
»Uns?« Ich grinste. Jemand mußte hier den Narren spielen und einen leichteren Ton in die Unterhaltung bringen. »Wir sind nur zwei absolut nicht zueinander passende Menschen, die wußten, daß es für sie keine gemeinsame Zukunft gab, aber einander genug mochten, um für eine Nacht miteinander ins Bett zu gehen.«
»Und wie lange ist das her?« brauste Byrria wieder auf. Das Mädchen hatte einfach keinen Sinn für Ironie.
»Zwei Jahre«, gab ich zu.
»Das ist Ihre eine Nacht?« lachte Byrria. »Wie unbekümmert und kosmopolitisch! Und wie lange, Didius Falco, glauben Sie, wird diese unpassende Beziehung halten?«
»Etwa ein Leben lang«, sagte ich fröhlich. »Wir sind nicht unvernünftig in unseren Hoffnungen.«
»Was wollen Sie mir eigentlich beweisen? Mir kommt das sehr widersprüchlich vor.«
»Das Leben ist manchmal widersprüchlich; die meiste Zeit ist es aber
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