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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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nicht aus. Ein Mann sollte sein Messer stets selbst säubern.
    Er verschwand.
    Lange Zeit später kam Plancina, die Panflötenspielerin, um nach uns zu schauen. Helena war noch nicht aufgewacht, also rief sie mich nach draußen und drückte mir einen großen Napf von dem Eintopf der Bühnenarbeiter in die Hand. Auch an den abgelegensten Orten wurde ihr Kessel über das Feuer gehängt, sowie wir das Lager aufgeschlagen hatten. Das Mädchen blieb und schaute mir beim Essen zu, befriedigt über ihre gute Tat.
    »Danke. Das war gut.«
    »Wie geht es ihr?«
    »Nach dem Gift und den Messerschnitten können ihr jetzt nur noch die Götter helfen.«
    »Verbrennen Sie etwas Weihrauch! Keine Bange. Viele von uns werden für sie beten.«
    Plötzlich war ich in der Rolle des Ehemanns, der eine kranke Frau hat. Solange ich Helena Justina pflegte, würden die anderen Frauen der Truppe sich wie besorgte Mütter aufführen. Sie hatten ja keine Ahnung, daß meine leibliche Mutter sie alle beiseite gefegt und energisch das Kommando übernommen hätte, während mir nur noch der Suff und andere Ausschweifungen geblieben wären. Aber meine Mutter hatte es dank ihrer Ehe mit meinem Pa mit den Männern nicht leicht gehabt. Ich brauchte gar nicht zu überlegen, was sie mit Plancina gemacht hätte; oft genug hatte ich sie Flittchen in die Flucht schlagen sehen, deren einziger Fehler war, mir zuviel Sympathie entgegenzubringen.
    »Wir haben mit der Eskorte geredet«, erzählte mir Plancina mit gedämpfter Stimme. »In dieser Gegend sind die Viecher nicht tödlich. Aber man muß aufpassen, daß sich die Wunde nicht entzündet.«
    »Leichter gesagt als getan.«
    Manch kerngesunder Mann war durch eine harmlos wirkende Verletzung todkrank geworden. Nicht einmal kaiserliche Generäle, denen die ganze Palette griechischer und römischer Medizin zur Verfügung stand, waren immun gegen einen ungeschickten Kratzer oder eine entzündete Schramme. Um uns herum gab es nur Sand und Staub, der in alles hineinkroch. Es gab kein fließendes Wasser, ja, kaum genug Wasser zum Trinken, von Wundenreinigung ganz abgesehen. Die nächsten erreichbaren Apotheker saßen in Damaskus oder Palmyra – einige Tagesreisen entfernt.
    Wir sprachen mit leiser Stimme, teils, weil wir mein Mädchen nicht wecken wollten, teils wegen des Schocks, unter dem wir immer noch standen. Inzwischen war ich entsetzlich müde und froh, jemanden zum Reden zu haben.
    »Ich hasse mich selbst.«
    »Unsinn, Falco. Es war ein Unfall.«
    »Er hätte nicht geschehen dürfen.«
    »Die kleinen Mistviecher sind überall. Helena hat einfach nur schreckliches Pech gehabt.« Weil ich immer noch trübe schaute, fügte Plancina mit unerwartetem Mitgefühl hinzu: »Sie war vorsichtiger als alle anderen. Helena hat das nicht verdient.«
    Ich hatte die Panflötenspielerin immer für ein freches Luder gehalten. Sie hatte eine laute Klappe, ein übles Vokabular und trug ihre Röcke bis unter die Achseln geschlitzt. Bei einer Maid aus Sparta, die auf einer roten Tonvase herumtanzt, mochte diese gewagte Mode äußerst elegant wirken; im wirklichen Leben, an einer plumpen kleinen Holzbläserin, sah es nur gewöhnlich aus. Ich hatte sie für eines der Mädchen gehalten, hinter deren makelloser Larve sich nichts verbarg. Aber wie viele Mädchen war sie Meisterin darin, die Fehleinschätzungen der Männer über den Haufen zu werfen. Meinem Vorurteil zum Trotz war Plancina außerordentlich helle. »Sie sind eine gute Beobachterin«, bemerkte ich.
    »Nicht so doof, wie Sie dachten, was?« Sie kicherte gutmütig.
    »Ich habe Sie immer für gescheit gehalten«, log ich. Das kam automatisch; ich war früher ein berüchtigter Weiberheld. Den Dreh verlernt man nie.
    »Gescheit genug, um einiges zu wissen!«
    Mir sank das Herz.
    Ein Ermittler kann manchmal in einem vertraulichen Gespräch am Rande einer völlig anderen Situation Beweise zutage fördern, die den ganzen Fall umwälzen. Plancina schien nur allzu bereit für ein intimes Plauderstündchen. Bei anderer Gelegenheit hätte ich die Chance sofort ergriffen.
    Doch heute war mir der Wille dazu völlig abhanden gekommen. Mysteriöse Todesfälle aufzuklären, war das letzte, womit ich mich abgeben wollte. Und da die Parzen ungeschickte Schlampen sind, hatten sie sich ausgerechnet den heutigen Tag ausgesucht, um mir den Beweis zu präsentieren.
    Es gelang mir, ein Stöhnen zu unterdrücken. Ich wußte, daß Plancina mit mir über Heliodorus oder Ione sprechen wollte. Ich

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