Letzter Akt in Palmyra
dagegen wollte nur eines: alle beide und ihren Mörder auf den Grund des Mittelmeeres wünschen.
Wenn Helena neben mir säße, hätte sie mich für meinen Mangel an Interesse getreten. Ein paar Momente lang dachte ich verträumt an ihren hinreißend geformten Knöchel, mit dem sie mir den Tritt versetzt hätte – und ihre Kraft, beachtliche blaue Flecken auszuteilen.
»Schauen Sie nicht so trübsinnig!« befahl Plancina.
»Lassen Sie’s gut sein! Mein Herz ist gebrochen. Heute abend bin ich außer Dienst.«
»Ist vielleicht Ihre einzige Chance.« Sie war wirklich helle, wußte, wie wankelmütig Zeugen sein können.
Das erinnerte mich an ein Spiel, das ich bei der Armee mit meinem alten Freund Petronius zu spielen pflegte: darüber zu spekulieren, was uns lieber war – gescheite Mädchen, die dämlich aussahen oder dämliche mit passablem Aussehen. Genaugenommen, hatten weder die einen noch die anderen uns angeschaut, als wir zwanzig waren. Ich tat allerdings so, als liefe es bei mir bestens, und er machte vermutlich Eroberungen, von denen ich nichts wußte. Später hatte er sich auf jeden Fall in einen durchtriebenen Schwerenöter verwandelt.
Der Schock schien mich in düsterstes Heimweh gestürzt zu haben. Wieder versank ich in Träumereien und überlegte, was Petronius wohl dazu sagen würde, daß ich Helena einer solchen Gefahr ausgesetzt hatte. Petro, mein treuer Freund, hatte immer die Ansicht der Allgemeinheit geteilt und Helena viel zu gut für mich gefunden.
Ich kannte seine Ansichten. Er fand es völlig verantwortungslos von mir, eine Frau ins Ausland zu schleppen – es sei denn, die Frau wäre absolut häßlich und ich würde ihr riesiges Vermögen erben, wenn sie von Piraten oder der Pest niedergestreckt wurde. Nach dem, was er gute römische Redlichkeit und ich blinde Heuchelei nannte, hätte ich Helena zu Hause mit einem übergewichtigen Eunuchen als Leibwächter einsperren und ihr nur Ausgang gewähren dürfen, um in Begleitung eines vertrauenswürdigen Freundes der Familie (Petro selbst, zum Beispiel), ihre Mutter zu besuchen.
»Wollen Sie jetzt reden oder nicht?« Allmählich genervt über meine Tagträumereien, brüllte Plancina geradezu.
»Ich war immer der Typ, der lieber wegläuft«, brummelte ich in einem etwas mühsamen Rückgriff auf meine alte Schlagfertigkeit.
»Küssen und abhauen?«
»In der Hoffnung, eingefangen und nochmal geküßt zu werden.«
»Sie sind ein alter Miesepeter«, beschwerte sie sich. Ich hatte den Dreh wohl doch verlernt. »Ich glaube, ich laß es lieber.«
Ich seufzte leise. »Seien Sie doch nicht so. Ich bin so durcheinander. Also gut – was wollten Sie mir sagen?«
»Ich weiß, wer es war«, verkündete Plancina mit hohlem Ton. »Der Drecksack! Ich weiß, mit wem Ione was hatte.«
Ich ließ das Feuer ein paarmal aufflackern. Manche Augenblicke wollen voll ausgekostet werden.
»Waren Sie mit Ione befreundet?«
»Wir hingen wie die Kletten aneinander.«
»Verstehe.« Das war klassisch. Die beiden Mädchen hatten vermutlich auf das bitterste um Verehrer gewetteifert, aber jetzt wollte die Überlebende den Verbrecher verpfeifen. Sie würde es Treue gegenüber der toten Freundin nennen. Tatsächlich war es nur Dankbarkeit dafür, daß Ione diejenige war, die sich den falschen Mann ausgesucht hatte. »Warum erzählen Sie mir das erst jetzt, Plancina?«
Vielleicht schaute sie ja beschämt oder sie war einfach nur unverfroren. »Es ist nett und ruhig und dunkel. Ich habe eine Entschuldigung, hier behaglich vor Ihrem Zelt zu hocken und so auszusehen, als würde ich Sie einfach nur trösten.«
»Sehr gemütlich«, bemerkte ich brummig.
»Hören Sie doch auf, Falco. Sie wissen, was los ist. Wer will schon durch und durch naß und absolut tot enden?«
»Nicht in der Wüste«, nörgelte ich gereizt. »Der Dreckskerl ersäuft seine Opfer, wie Sie wissen.«
»Also, was ist es Ihnen wert?« fragte Plancina ohne Umschweife.
Ich gab mich schockiert. »Wollen Sie handeln?«
»Ich will bezahlt werden! Sie sind doch Privatermittler, oder? Bietet ihr Leute Leuten nicht Bares für Informationen?«
»Eigentlich ist es so«, erklärte ich geduldig, »daß wir durch unser Können und unsere Gewitztheit Fakten herausfinden.« Diebstahl, Betrug und Bestechung ließ ich aus. »Und damit wir was zu essen haben, bezahlen andere uns für diese Fakten.«
»Aber ich bin diejenige, die die Fakten kennt«, stellte sie klar. Nicht die erste Frau, die über einen
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