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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Wagen kletterten.
    Das Innere war dämmerig. Ein großer, rechteckiger Korb, besorgniserregend verschlissen und voller Löcher, stand hinten im Karren. »Unterwegs gab es ein bißchen Ärger«, bemerkte Thalia. »Der Wärter versucht, eine stabile neue Wiege für das Baby zu finden …« Ich fragte lieber nicht, worin der Ärger bestanden hatte und hoffte, der Schaden sei durch die Holprigkeit der Wüstenwege entstanden, nicht durch die Aktivitäten der aufmüpfigen Riesenschlange. Thalia hob den Deckel, beugte sich vor und streichelte liebevoll den Inhalt des Korbs. Wir hörten ein träges Rascheln tief im Inneren. »Das ist mein hinreißender, frecher kleiner Liebling … Keine Bange. Er ist gefüttert worden. Außerdem ist ihm viel zu heiß. Er will sich nicht bewegen. Komm, kitzel ihn unterm Kinn, Falco.«
    Wir lugten hinein und zogen uns hastig zurück. Nach allem, was wir von dem schläfrigen Python sehen konnten, war er gewaltig. Goldene Windungen, halb so dick wie ein menschlicher Torso, waren wie riesige Wollstränge hin und her gelegt. Zeno füllte den Korb aus, der so groß war, daß mehrere Männer ihn nur gemeinsam bewegen konnten. Rasch überschlug ich im Kopf, daß Zeno mindestens fünfzehn bis zwanzig Fuß lang sein mußte. Auf jeden Fall länger, als ich mir vorstellen mochte.
    »Puh! Der muß ja viel zu schwer zum Heben sein, Thalia!«
    »Oh, ich hebe ihn nicht viel hoch! Er ist zahm, und er mag es, wenn man ordentlich Theater um ihn macht, aber wenn man ihn zu sehr erregt, kommt er auf die Idee, sich mit jemandem zu paaren. Ich hab mal gesehen, wie eine Schlange unter den Rock einer Frau kroch. Das Gesicht hättet ihr sehen sollen!« Thalia bog sich vor Lachen. Helena und ich lächelten tapfer.
    Ich hatte mich gegen einen kleineren Korb gelehnt. Plötzlich spürte ich eine Bewegung.
    »Das ist Pharao.« Thalias Lächeln war nicht ermutigend. »Mach den Korb nicht auf, Falco. Pharao ist meine neue ägyptische Kobra. Ich habe sie noch nicht gezähmt.«
    Der Korb wackelte wieder, und ich machte einen Satz zur Seite.
    »Gute Götter, Thalia! Wozu brauchst du eine Kobra? Ich dachte, ihr Gift sei tödlich?«
    »Ist es auch«, meinte sie obenhin. »Ich wollte meine Nummer ein bißchen aufpeppen – aber dieses Vieh ist eine echte Herausforderung.«
    »Wie bringen Sie es fertig, daß Ihnen beim Tanz mit ihr nichts passiert?« wollte Helena wissen.
    »Ich benutze sie noch nicht.« Selbst Thalia zeigte eine gewisse Zurückhaltung. »Darüber muß ich auf dem Heimweg nach Rom nachdenken. Sie ist prächtig«, rief sie bewundernd. »Aber man sagt nicht einfach: ›Komm zu Mutter!‹ und holt sich eine Kobra zum Schmusen … Manche schneiden ihnen die Giftzähne raus oder nähen ihnen sogar das Maul zu; dann verhungern die armen Herzchen natürlich. Ich weiß noch nicht, ob ich ihr vor der Vorstellung das Gift abmelke oder die einfache Methode benutze.«
    Voll böser Vorahnung konnte ich mir die Frage nicht verkneifen. »Was ist denn die einfache Methode?«
    Thalia grinste. »Oh, außerhalb ihrer Reichweite bleiben.«
    Froh, zu entkommen, sprangen wir vom Wagen und standen plötzlich dem »eifrigen neuen Schlangenwärter« gegenüber. Er hatte die Ärmel aufgekrempelt und zerrte eine der Kostümtruhen unserer Truppe hinter sich her, die offenbar als neues Bett für den großen Python dienen sollte. Das Löwenbaby sauste auf ihn zu, und der Mann rollte es auf den Rücken, um ihm den Bauch zu kraulen. Es war Musa. Da ich Thalia kannte, hatte ich schon halbwegs damit gerechnet.
    Musa wich den dicken, herumfuchtelnden Pranken unerwartet geschickt aus, und der kleine Löwe war völlig hingerissen.
    Ich grinste. »Als wir uns das letzte Mal sahen, waren Sie doch noch Priester, oder? Und jetzt sind Sie ein erfahrener Tierpfleger?«
    »Löwen und Schlangen haben Symbolcharakter«, erwiderte er ruhig, als spiele er mit dem Gedanken, auf dem Hohen Opferplatz in Petra eine Menagerie zu eröffnen. Ich fragte nicht, warum er uns verlassen hatte. Er warf Helena einen schüchternen Blick zu, als wolle er sich überzeugen, daß es ihr besser ging. Sie war immer noch sehr blaß. Rasch legte ich den Arm um sie. Ich hatte nicht vergessen, wie ernst ihre Krankheit gewesen war. Vielleicht wollte ich auch nur zeigen, daß ich alles nötige Aufpäppeln selbst besorgen würde.
    Musa wirkte ziemlich reserviert, aber nicht geknickt. Er kletterte auf den Wagen, in dem die Schlangen untergebracht waren und nahm etwas im dunklen Inneren von

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