Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
ihn Chremes dann nicht einfach ausbezahlt?«
    »Stückeschreiber sind schwer zu finden.« Sie hielt den Kopf gesenkt, während sie das sagte. Ich knurrte. Die Lade mit den Stücken der Neuen Komödie durchzuackern, die der Tote hinterlassen hatte, machte mir wenig Vergnügen. Das Zeug erwies sich als genauso unerträglich, wie Chremes vorausgesagt hatte. Die getrennten Zwillinge, in Wäscheschränke hüpfende Tunichtgute, dusslige, sich mit ihren egoistischen Erben überwerfende Tattergreise und schurkische Sklaven, die nur müde Witze reißen konnten, war ich inzwischen gründlich leid.
    »Chremes haßt seine Frau, und sie haßt ihn. Weißt du, warum? Vielleicht hatte sie einen Liebhaber – Heliodorus zum Beispiel –, und Chremes hat seinen Rivalen aus dem Weg geräumt.«
    »Das ist mal wieder typisch für dich«, schnaubte Helena. »Ich habe mit ihr geredet. Sie sehnt sich danach, in ernsthaften griechischen Tragödien aufzutreten. Sie empfindet es als entwürdigend, in dieser heruntergekommenen Truppe dauernd Prostituierte und langvermißte Erbinnen spielen zu müssen.«
    »Warum? Die tragen immer die besten Kostüme, und selbst die Prostituierten werden im letzten Akt bekehrt.« Ich protzte mit meinen neuen Kenntnissen.
    »Wahrscheinlich gibt sie alles und sehnt sich gleichzeitig nach Besserem – das Los der Frau in den meisten Situationen!« bemerkte Helena trocken. »Wenn sie die Rolle der Bordellbesitzerin aufgibt und zur Tempelpriesterin wird, soll ihr Spiel überwältigend sein.«
    »Ich kann es kaum erwarten, das zu sehen.« In Wahrheit würde ich wie der Blitz aus dem Theater schießen, um draußen an einer Bude Zimtkuchen zu kaufen. »Sie heißt Phrygia, nicht wahr?« Die Schauspieler hatten sich alle Namen aus irgendwelchen Dramen zugelegt. Das war verständlich. Schauspielerei war ein so verachteter Beruf, daß sich jeder ein Pseudonym zulegen wollte. Ich überlegte schon eines für mich.
    Phrygia war die etwas ältliche Hauptdarstellerin der Truppe. Sie war groß, hager und überaus verbittert. Sie sah aus wie über fünfzig, doch alle versicherten uns, daß sie auf der Bühne überzeugend eine aufreizende Sechzehnjährige spielen konnte. Man machte viel her von der Tatsache, daß Phrygia wirklich spielen konnte was mich für den Rest der Truppe etwas nervös machte.
    »Warum haßt Chremes sie?« wunderte ich mich. »Wenn sie auf der Bühne so gut ist, müßte sie doch eigentlich für seine Truppe von Vorteil sein.«
    Helena schaute verdrießlich. »Er ist ein Mann, und sie ist gut. Natürlich ist ihm das nicht recht. Außerdem nehme ich an, daß er ständig hinter was Knackigerem her ist.«
    »Tja, wenn er das Opfer gewesen wäre und wir gehört hätten, wie Phrygia ihn den Berg hinauf lockte, wäre das ein Motiv.« Auf Heliodorus bezogen, schien das irrelevant. Aber irgendwas an Chremes hatte mich von Anfang an irritiert. Ich dachte noch ein bißchen über ihn nach. »Chremes spielt immer die nervigen alten Knacker …«
    »Kuppler, Väter und Gespenster«, bestätigte Helena. Das half mir auch nicht weiter.
    Ich gab auf und wandte mich den anderen Schauspielern zu. »Der jugendliche Liebhaber heißt Philocrates. Obwohl er genauer betrachtet nicht ganz so jugendlich ist; bei ihm knarrt es schon ein wenig im Gebälk. Er spielt Kriegsgefangene, junge Schnösel und einen der Zwillinge in jeder Farce, in der es um diesen grauenvollen Verwechslungsquatsch geht.«
    Helenas Einschätzung war kurz und bündig. »Ein dilettantischer, gutaussehender Schwachkopf.«
    »Ich würde beim Essen auch keinen Diwan mit ihm teilen wollen«, gab ich zu. Wir hatten unterwegs einmal kurz miteinander gesprochen, als Philocrates mir zusah, wie ich meinen Ochsen anzuspannen versuchte. Unter den Umständen war der Wortwechsel eher kühl ausgefallen – ich hatte ihn um Hilfe gebeten und er hatte hochnäsig abgelehnt. Ich hatte das nicht persönlich genommen; Philocrates hielt sich für zu gut für Tätigkeiten, die ihm einen Tritt vors Schienbein oder einen dreckigen Mantel eintragen konnten. Er stand ganz oben auf unserer Liste der genauer zu Überprüfenden, falls wir je eine Stunde unerträglicher Arroganz zu ertragen bereit waren. »Ob er jemanden haßt, weiß ich nicht, aber er ist mit Sicherheit in sich selbst verliebt. Ich muß rauskriegen, wie er zu Heliodorus stand. Dann ist da noch Davos.«
    »Das genaue Gegenteil«, meinte Helena. »Ein barscher, rauhbeiniger Profi. Ich habe versucht, mit ihm zu plaudern, aber er

Weitere Kostenlose Bücher