Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
ist wortkarg, mißtrauisch Fremden gegenüber, und ich glaube, daß er Frauen ablehnt. Er spielt den zweiten männlichen Part – prahlerische Soldaten und sowas. Ich schätze, er ist gut – so wie der rumstolzieren kann. Und wenn Heliodorus als Schreiber eine Niete war, hat Davos sicher nicht viel von ihm gehalten.«
    »Dann sollte ich wohl besser auf der Hut sein! Aber hat er den Mann umgebracht? Davos mag zwar dessen Arbeit verachtet haben, doch wer wird schon für schlechte Schreibe ins Wasser geschubst?« Helena grinste mich vielsagend an.
    »Eigentlich gefällt mir Davos«, grummelte sie dann, verärgert über ihre eigene Unlogik. Mir ging es ebenso, und ich wünschte mir, daß Davos unschuldig war. Doch wie ich die Parzen kannte, würde das Davos vermutlich an die Spitze unserer Liste der Verdächtigen setzen.
    »Als nächstes hätten wir die Clowns, Tranio und Grumio.«
    »Ich kann die beiden kaum auseinanderhalten, Marcus.«
    »Das ist ja der Sinn der Sache. In Stücken, in denen die Herren Zwillinge sind, spielen die beiden ihre vorwitzigen Diener – und sind ebenfalls doppelt.«
    Wir verfielen in Schweigen. Sie als Paar zu betrachten, war gefährlich. Sie waren keine Zwillinge, ja noch nicht einmal Brüder. Und doch waren sie diejenigen der Truppe, die ihre Bühnenrollen am stärksten ins normale Leben übertrugen. Wir hatten sie zusammen auf Kamelen herumalbern und sich gegenseitig austricksen sehen. (Was auf einem Kamel nicht schwer ist, weil es einen sowieso dauernd in Schwierigkeiten bringt.)
    Sie machten alles gemeinsam. Beide hatten die gleiche schlanke Figur – untergewichtig und leichtfüßig. Waren nicht ganz gleich groß. Tranio, der etwas längere, spielte den Dandy, den geistreichen Alleswisser; sein Spezi Grumio mußte sich damit zufriedengeben, den Bauerntölpel zu spielen, der Ziel für die ausgefeilten Späße des restlichen Ensembles war. Ohne sie näher zu kennen, konnte ich mir vorstellen, daß Grumio der Sache überdrüssig werden mochte. Falls dem so war, würde er dann nicht eher auf Tranio losgehen, statt den Stückeschreiber zu erwürgen und ins Wasser zu schmeißen?
    »Ist der Klugscheißer schlau genug, um mit einem Mord davonzukommen? Ist er überhaupt so schlau, wie er sich einbildet? Und ist der Doofkopp tatsächlich so dämlich, wie er tut?«
    Helena ignorierte meine Rhetorik. Ich schob das auf die Tatsache, daß nur Senatorensöhne Rhetorikunterricht bekommen; Senatorentöchter dagegen müssen wissen, wie sie die Senatoren, die sie mal heiraten werden, und die Badehausmasseure, die vermutlich die Söhne jener Senatoren zeugen werden, um den Finger wickeln können.
    Ich wurde allmählich sauer. Die intellektuelle Diät, bestehend aus Das Mädchen aus Andros , gefolgt von Das Mädchen aus Samos und Das Mädchen aus Perinthos hatte mich nicht gerade sonnig gestimmt. Dieser schwülstige Kram mochte was für Junggesellen sein, die Mädchen mit der Frage nach dem Woher aufzugabeln versuchten. Ich dagegen war vor zwei Jahren über sowas hinausgewachsen, als mich ein gewisses Mädchen aus Rom aufgegabelt hatte.
    Helena lächelte freundlich. Sie wußte immer, was in mir vorging. »Gut, damit hätten wir die Männer. Keiner von ihnen scheint ein eindeutiges Motiv zu haben. Vielleicht handelte der Mörder, den wir gehört haben, ja im Auftrag von jemand anderem? Sollen wir uns doch mal den Frauen zuwenden?«
    »Von Frauen wende ich mich niemals ab!«
    »Hör auf mit dem Quatsch.«
    »Oh, das war kein Quatsch … Also, Phrygia hatten wir schon.« Ich streckte mich genüßlich. »Bleibt nur noch die heimlich lauschende Dienstmagd.«
    »Ich hätte mir denken können, daß dir ihr schönes Lärvchen nicht entgangen ist!« gab Helena scharf zurück. Das konnte man mir kaum ankreiden. Selbst für einen Junggesellen, der hatte aufhören müssen, fremde Frauen nach dem Woher zu fragen, war diese Schönheit unübersehbar.
    Ihr Name war Byrria. Und sie war wirklich jung. Sie hatte ein Gesicht, das jeder Prüfung aus nächster Nähe standhalten konnte, seidenweiche Haut, eine Figur, die förmlich zum Grapschen einlud, ein freundliches Auftreten, riesige, strahlende Augen …
    »Vielleicht wollte Byrria, daß Heliodorus ihr bessere Texte gab?« überlegte Helena ganz unschwärmerisch.
    »Wenn Byrria jemanden aus dem Weg haben wollte, dann schon eher Phrygia. Das würde ihr die guten Rollen sichern.«
    Von meiner Leserei wußte ich, daß Byrria in den Stücken, die kaum eine vernünftige

Weitere Kostenlose Bücher