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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Frauenrolle aufwiesen, von Glück sagen konnte, wenn sie überhaupt ein paar Zeilen zu sprechen hatte. Was an Fleisch da war, würde sich Phrygia schnappen, während die junge Schöne nur sehnsüchtig zuschauen konnte. Phrygia war die Frau des Direktors, daher fielen ihr selbstverständlich alle Hauptrollen zu, aber wir alle wußten, wer die Hauptdarstellerin sein sollte.
    »In Anbetracht der Art, wie ihr Männer sie anstarrt«, bemerkte meine Liebste eisig, »würde es mich nicht wundern, wenn Phrygia am liebsten Byrria loswürde.«
    Ich suchte immer noch nach einem Motiv für den Mord an dem Stückeschreiber – wenn ich allerdings gewußt hätte, wie lange ich dazu brauchen würde, ich hätte garantiert auf der Stelle das Handtuch geworfen.
    »Byrria hat Heliodorus nicht umgebracht, aber ihre Schönheit kann starke Gefühle bei den Männern ausgelöst haben, und wer weiß, wozu das geführt haben mag?«
    »Du wirst dir Byrria sicherlich gründlich vornehmen«, sagte Helena.
    Ich überhörte die Spitze. »Meinst du, Byrria könnte hinter dem Schreiberling hergewesen sein?«
    »Unwahrscheinlich!« schnaubte Helena. »Nicht, wenn Heliodorus so ekelhaft war, wie alle behaupten. Außerdem könnte sich deine wunderbare Byrria das ihr genehme Granatäpfelchen herauspicken, ohne ihn berühren zu müssen. Aber warum fragst du sie nicht selbst?«
    »Das werde ich tun.«
    »Da bin ich mir ganz sicher.«
    Ich war zu keiner Kabbelei aufgelegt. Wir hatten alles so weit wie möglich durchgehechelt, also beschloß ich, es für heute mit dem Detektivleben genug sein zu lassen und ein Schläfchen zu halten.
    Helena, die gute Manieren hatte, erinnerte sich an unseren nabatäischen Priester. Er hatte wortlos wie gewöhnlich dabei gesessen. Vielleicht gehörte Zurückhaltung zu seiner Religion. »Musa, Sie haben den Mörder den Berg runterkommen sehen. Erkennen Sie irgend jemanden unter unseren Mitreisenden wieder?«
    Sie wußte nicht, daß ich ihn das bereits gefragt hatte, hätte es aber ahnen können. Musa antwortete ihr trotzdem höflich. »Er trug einen Hut, meine Dame.«
    »Dann müssen wir danach Ausschau halten«, erwiderte Helena ernst.
    Ich grinste ihm zu, und mir kam ein boshafter Gedanke. »Falls wir das Rätsel nicht lösen können, stellen wir eine Falle. Wir sagen, daß Musa den Mörder gesehen hat, und deuten an, daß er plant, ihn zu identifizieren. Dann verstecken wir uns hinter einem Felsen und warten ab, wer da kommt – mit oder ohne Hut –, um Musa das Maul zu stopfen.«
    Musa reagierte auf diesen Vorschlag gelassen wie immer, ohne Furcht oder Enthusiasmus.
    Ein paar Minuten später kam jemand, aber es war nur der Wandschreiber der Truppe.

XV
    Helena und ich tauschten einen verstohlenen Blick. Den hatten wir nämlich ganz vergessen. Er war mit in Petra gewesen und hätte auf die Liste der Verdächtigen gehört. Irgendwas sagte uns, daß man ihn dauernd vergaß. Ständig übersehen zu werden, konnte ein Motiv für alles mögliche geben. Aber vielleicht hatte er sich damit abgefunden. Meist denken die Menschen, die alles haben, daß sie mehr verdient hätten. Diejenigen, die nichts haben, erwarten auch nichts anderes vom Leben.
    Zu letzteren zählte unser Besucher – ein unglückliches Exemplar. Er war sehr leise um die Ecke unseres Zeltes gebogen, konnte schon seit Ewigkeiten dort herumgeschlichen sein. Wieviel er wohl mitbekommen hatte?
    »Hallo, du da! Komm, setz dich zu uns. Hat Chremes nicht gesagt, daß du Congrio heißt?«
     
    Congrio hatte helle, mit Sommersprossen übersäte Haut, dünnes glattes Haar und einen furchtsamen Gesichtsausdruck. Sehr groß war er wohl nie gewesen, doch jetzt krümmte sich sein schmächtiger Körper unter der Bürde der Unzulänglichkeit. Alles an ihm sprach von einem ärmlichen Leben. Wenn er auch jetzt kein Sklave mehr war, so war er das zu einem früheren Zeitpunkt vermutlich gewesen, und die Art von Leben, das er jetzt führte, war mit Sicherheit nicht viel besser. Niedere Dienste für Menschen zu leisten, die kein regelmäßiges Einkommen haben, ist schlimmer als Gefangenschaft auf dem Gut eines reichen Landbesitzers. Hier kümmerte es keinen, ob Congrio was zu essen bekam oder verhungerte; er gehörte niemandem, also verlor auch niemand etwas, wenn er litt.
    Er schlurfte näher, die Art bedauernswerter Wurm, demgegenüber man sich ungehobelt vorkommt, wenn man ihn mißachtet, und gönnerhaft, wenn man sich umgänglich gibt.
    »Du machst die Anschläge, nicht wahr? Ich

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