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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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bin Falco, der neue Stückeschreiber. Ich suche Leute, die lesen und schreiben können, falls ich Hilfe bei meinen Adaptionen brauche.«
    »Ich kann nicht schreiben«, erklärte Congrio abrupt. »Chremes gibt mir Wachstafeln und ich kopiere das, was drauf steht.«
    »Spielst du in den Stücken mit?«
    »Nein. Aber träumen darf man ja wohl«, fügte er trotzig hinzu, offenbar nicht ohne Sinn für Selbstironie.
    Helena lächelte ihm zu. »Was können wir für dich tun?«
    »Grumio und Tranio sind aus der Stadt zurück und haben einen Weinschlauch mitgebracht. Ich soll Sie fragen, ob Sie sich ihnen anschließen wollen.« Er hatte sich an mich gewandt.
    Ich wollte eigentlich ins Bett, setzte aber eine interessierte Miene auf. »Klingt, als könne es ein netter, geselliger Abend werden.«
    »Nur, wenn Sie die Karawanserei die ganze Nacht wach halten und sich morgen sterbenselend fühlen wollen.« Congrio war ganz offen.
    Helena warf mir einen Blick zu, der klarmachte, wie verblüfft sie war, daß die Dandy-Trottel-Zwillinge so schnell erkannt hatten, wer von uns beiden der Degenerierte war. Aber ich brauchte ihre Erlaubnis nicht – zumindest dann nicht, wenn mir die Einladung einen guten Vorwand gab, Fragen über Heliodorus zu stellen, also ging ich los, um mich zu blamieren. Musa blieb bei Helena. Ich hatte mir nicht die Mühe gemacht, ihn zu fragen, nahm aber an, daß unser nabatäischer Schatten kein Trinker war.
    Congrio schien den gleichen Weg einzuschlagen, bog aber dann ab. »Willst du nichts trinken?« rief ich ihm nach.
    »Nicht mit den beiden!« erwiderte er und verschwand hinter einem Wagen.
    Oberflächlich betrachtet, sprach er wie ein Mann, der einen besseren Geschmack bei der Auswahl seiner Freunde hat, doch ich hörte einen wütenden Unterton heraus. Die einfachste Erklärung war, daß sie ihn herumschubsten. Aber da konnte mehr dran sein. Ich würde mir diesen Wandschreiber noch genauer ansehen müssen.
    Nachdenklich setzte ich meinen Weg zum Zelt der Zwillinge fort.

XVI
    Grumio und Tranio hatten das simple Biwak aufgeschlagen, das für unser windschiefes Lager typisch war. Sie hatten eine Plane über Holzpfosten geworfen und die eine Längsseite offengelassen, damit sie die Vorbeikommenden sehen (und anzügliche Kommentare abgeben) konnten. Mir fiel auf, daß sie sich die Mühe gemacht hatten, in der Mitte ihres Unterstandes einen Vorhang aufzuhängen und ihn so in zwei private Hälften zu unterteilen. Beide waren gleich unordentlich, über die Haushaltsführung konnten sie sich also nicht zerstritten haben; es deutete mehr auf eine gewisse Distanz ihrer Beziehung hin.
    In Ruhe und von nahem betrachtet, waren sie sich überhaupt nicht ähnlich. Grumio, der »Trottel« des Duos, der entlaufene Sklaven und Bauerntölpel spielte, hatte ein liebenswürdiges Naturell, Pausbacken und glattes Haar, das gleichmäßig nach allen Seiten herunterfiel. Tranio, der etwas größere »Dandy«, trug das Haar kurz und ins Gesicht gekämmt. Er hatte scharfe Gesichtszüge und klang, als könne er ein sarkastischer Gegner sein. Beide hatten sie dunkle, wissende Augen, mit denen sie die Welt kritisch betrachteten.
    »Vielen Dank für die Einladung. Congrio wollte nicht mitkommen«, sagte ich zur Begrüßung, als ginge ich davon aus, daß der Wandschreiber ebenfalls eingeladen sei.
    Tranio, der den geschniegelten Diener prahlerischer Soldaten spielte, goß mir mit übertrieben schwungvoller Gebärde den Becher voll. »Typisch Congrio! Er schmollt gern – wie wir alle. Woraus Sie augenblicklich schließen können, daß unter der falschen Jovialität unserer heiteren kleinen Truppe zornige Gefühle brodeln.«
    »Das dachte ich mir schon.« Ich nahm den angebotenen Becher und setzte mich zu ihnen, bequem an einen Sack mit Kostümen gelehnt, der neben dem Pfad durch unser Lager stand. »Als allererstes haben Helena und ich erfahren, daß Chremes seine Frau haßt, und umgekehrt.«
    »Das muß er selbst erzählt haben«, sagte Tranio wissend. »Die beiden machen eine große Sache daraus.«
    »Ist denn tatsächlich was dran? Phrygia lamentiert offen darüber, daß sie seinetwegen kein großer Star geworden ist. Und Helena nimmt an, daß Chremes sich gern abseits des häuslichen Herdes vergnügt. Demnach ist die Ehefrau auf Lorbeerkränze aus, während ihr Gatte mit einer Lyraspielerin ins Heu hüpfen möchte …«
    Tranio grinste. »Wer weiß, worauf die aus sind? Sie gehen sich seit zwanzig Jahren gegenseitig an die Gurgel.

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