Letzter Akt in Palmyra
Irgendwie schafft er es nie, mit einer Tänzerin durchzubrennen, während sie ständig vergißt, seine Suppe zu vergiften.«
»Klingt wie ein völlig normales Ehepaar.« Ich verzog das Gesicht.
Tranio goß mir schon nach, bevor ich den Wein überhaupt richtig probiert hatte. »Wie Sie und Helena?«
»Wir sind nicht verheiratet.« Ich gab nie irgendwelche Erklärungen zu unserer Beziehung ab. Die Leute würden mich entweder nicht verstehen oder mir nicht glauben. Außerdem ging es niemanden was an. »Gehe ich recht in der Annahme, daß diese Einladung ein schamloser Versuch ist, herauszufinden, was sie und ich hier machen?« Nun ging ich in die Offensive.
»Für uns sind Sie der gedungene Beutelschneider«, grinste Grumio, der angebliche Schwachkopf, unverfroren und nannte damit eine der Hauptfiguren der Neuen Komödie. Er hatte zum ersten Mal gesprochen und klang wesentlich aufgeweckter als erwartet.
Ich zuckte die Schultern. »Ich versuche mich im Schreiben. Die patschnasse Leiche eures Stückeschreibers zu finden, hat mir einen Rauswurf aus Petra eingebracht. Das passierte zufällig zur gleichen Zeit, als mir das Reisegeld ausging. Ich brauchte Arbeit. Der Job war angenehm: für Chremes ein bißchen zu kritzeln, erschien mir leichter, als mir den Rücken an Myrrhefässern zu verrenken oder als Kameltreiber Flöhe zu fangen.« Beide Zwillinge hatten die Nase tief im Weinbecher. Ich war mir nicht sicher, ob ich sie von meinen Interesse am Tod des Stückeschreibers abgelenkt hatte. »Ich war nur dann bereit, Heliodorus zu ersetzen – wenn ich im Orchester nicht Tamburin spielen muß und Helena Justina auf keiner öffentlichen Bühne auftritt.«
»Warum nicht?« wollte Grumio wissen. »Kommt sie aus einer vornehmen Familie?« Das hätte er auch so erkennen sollen. Vielleicht war sein schlaues Auftreten nur eine Pose.
»Nein, ich habe sie vor der Sklaverei bewahrt und zwei Säcke Äpfel und eine trächtige Ziege für sie bezahlt …«
»Sie sind der geborene Kaufmann!« kicherte Grumio. Er wandte sich seinem Freund zu, der schon wieder den Weinschlauch schwenkte. »Wir sind einem Skandal auf der Spur.«
Während ich vergeblich versuchte, meinen Becher vor ihm abzudecken, wies ich den anderen leise zurecht: »Der einzige Skandal, in den Helena je verwickelt war, bestand in ihrer Entscheidung, mit mir zusammenzuleben.«
»Interessante Partnerschaft!« bemerkte Grumio.
»Interessantes Mädchen«, sagte ich.
»Und jetzt hilft sie Ihnen dabei, uns auszuspionieren?« stichelte Tranio.
Es war eine Herausforderung, mit der ich hätte rechnen sollen. Sie hatten mich eingeladen, um herauszufinden, was ich vorhatte, und sie würden sich nicht ablenken lassen. »Wir spionieren nicht. Aber Helena und ich haben die Leiche gefunden. Natürlich wollen wir wissen, wer den Mann umgebracht hat.«
Tranio leerte seinen Becher in einem Zug. »Stimmt es, daß Sie gesehen haben, wer es war?«
»Wer hat Ihnen denn das erzählt?« Ich wollte nicht nachstehen und schüttete meinen Becher ebenfalls auf einmal runter, wobei ich überlegte, ob Tranio nur neugierig war – oder einen todernsten Grund für sein Interesse hatte.
»Na ja, alle sind natürlich scharf darauf, zu erfahren, was Sie jetzt bei uns machen – wo Sie doch angeblich nur Tourist in Petra waren«, meinte Tranio bedeutungsvoll.
Wie erwartet, goß er mir augenblicklich nach. Ich wußte, wann man mich abfüllen wollte. Nach jahrelanger Erfahrung als Privatermittler kannte ich außerdem mein Fassungsvermögen recht genau. Wie von starken Gefühlen überwältigt, stellte ich meinen überfließenden Becher ab. »Ein Tourist, der die Reise seines Lebens macht, nur um dann rausgeworfen zu werden …« Mein Geschwalle des enttäuschten Reisenden wurde einigermaßen kühl aufgenommen.
»Und wie paßt Ihr finsterer Araber ins Bild?« fragte Tranio unverblümt.
»Musa?« Ich tat überrascht. »Er ist unser Dolmetscher.«
»Oh, selbstverständlich.«
»Warum?« fragte ich mit einem kurzen, ungläubigen Lachen. »Meinen die Leute, Musa hätte den Mörder gesehen oder was?«
Tranio lächelte und erwiderte in dem gleichen, anscheinend freundlichen Ton wie ich: »Hat er denn?«
»Nein«, sagte ich. Genaugenommen war das die Wahrheit.
Als Grumio im Feuer zu stochern begann, nahm auch ich einen verbogenen Ast und spielte zwischen den Funken herum. »Ist denn einer von Ihnen bereit, mir zu erzählen, warum Heliodorus derart unbeliebt war?«
Nach wie vor übernahm es der für
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