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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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offen gestanden, sympathischer war. Abgesehen davon, daß er ständig meinen Becher nachfüllte, war er ein Zyniker und Satiriker; genau meine Kragenweite.
    Ob sich wohl berufliche Eifersucht zwischen ihnen entwickelt hatte? Allerdings sah ich kein Anzeichen dafür. Auf der Bühne hatten beide genug Entfaltungsmöglichkeiten; das wußte ich, seit ich die Stücke gelesen hatte. Trotzdem spürte ich bei Grumio, dem ruhigeren der Clowns, eine willentliche Zurückhaltung. Er wirkte freundlich und harmlos. Doch für einen Ermittler konnte das auch bedeuten, daß er etwas Gefährliches verbarg.
    Der Weinschlauch war leer. Ich sah Tranio die letzten Tropfen herausschütteln, dann klemmte er den Schlauch unter den Ellbogen und drückte ihn flach.
    »Na gut, Falco.« Er schien das Thema wechseln zu wollen. »Stückeschreiben ist für Sie also was Neues. Wie finden Sie es?«
    Ich sagte ihm, was ich von der Neuen Komödie hielt, und ließ mich mit dumpfer Verzweiflung über die besonders stumpfsinnigen Merkmale aus.
    »Oh, Sie haben das Zeug gelesen? Man hat Ihnen die Lade mit den Stücken gegeben?« Ich nickte. Chremes hatte mir eine gewaltige Truhe voll mit unordentlich durcheinandergeworfenen Schriftrollen überreicht. Sie zu sortieren und zu vollständigen Stücken zusammenzufügen, hatte fast die gesamte Reise nach Bostra in Anspruch genommen, selbst mit Helenas Hilfe, die solche Verwirrspiele liebte. Tranio sagte ganz nebenbei: »Ich komme vielleicht irgendwann mal vorbei, und werfe einen raschen Blick hinein. Heliodorus hatte sich etwas geliehen, das dann nicht bei seinen persönlichen Sachen war …«
    »Jederzeit«, bot ich ihm an, einigermaßen neugierig, doch in meiner momentanen Verfassung nicht darauf erpicht, mich mit einem verlorengegangenen Anspitzmesser oder Badeölfläschchen zu befassen. Schwankend kam ich auf die Füße, plötzlich wild entschlossen, mein Hirn und meine Leber nicht weiter zu malträtieren. Ich war länger von Helena fort gewesen, als mir lieb war. Ich wollte in mein Bett.
    Der gewitzte Clown grinste, als er sah, wie mir der Wein zugesetzt hatte. Doch nicht nur mir. Grumio lag auf dem Rücken neben dem Feuer, die Augen geschlossen, der Mund offen, jenseits von Gut und Böse. »Ich komme einfach jetzt mit zu Ihrem Zelt«, lachte mein neuer Freund. »Sonst vergesse ich’s am Ende wieder.«
    Da ich einen Arm als Stütze auf dem Heimweg brauchen konnte, protestierte ich nicht, sondern ließ ihn ein Licht holen und mich begleiten.

XVII
    Helena schien tief zu schlafen, obwohl mir der Geruch eines eben gelöschten Dochtes auffiel. Sie tat so, als würde sie langsam zu sich kommen. »Höre ich da schon den Hahn krähen oder ist das mein benebelter Liebster, der sich ins Zelt zurückrollt, damit er nicht umkippt?«
    »Ich und benebelt …« Ich belog Helena nie. Sie war zu gewieft, um sich täuschen zu lassen. Rasch fügte ich hinzu: »Ich habe einen Freund mitgebracht …« und meinte, ein unterdrücktes Stöhnen zu hören.
    Das Licht von Tranios Fackel flackerte wild über die Rückwand unseres Zeltes. Ich deutete auf die Lade mit den Stücken, während ich mich so aufrecht wie möglich auf einer Gepäckrolle niederließ und alles weitere ihm überließ. Helena funkelte den Clown an, und ich versuchte mir einzureden, daß sie mich mit nachgiebigerem Blick betrachtete.
    »Heliodorus hat etwas geklaut«, erklärte Tranio, während er völlig unbekümmert die Schriftrollen durchwühlte. »Ich will nur schnell einen Blick in die Kiste werfen …« Nach Mitternacht, in der häuslichen Zweisamkeit unseres kleinen Zeltes, klang die Erklärung nicht sehr überzeugend. Theaterleute schienen ein taktloses Pack zu sein.
    »Ich weiß«, tröstete ich Helena. »Als du mich in einem schwarzen Sumpf in Britannien fandest und dich in meine sanfte Art und meinen hinreißenden Charme verknalltest, hättest du wohl kaum gedacht, daß du eines Tages von einer Horde Besoffener in einer Wüstenkarawanserei aus dem Schlaf gerissen werden würdest …«
    »Hör auf mit dem Gefasel, Falco!« blaffte sie mich an. »Aber wie wahr. Das hätte ich wohl kaum gedacht!«
    Ich lächelte sie zärtlich an. Helena schloß die Augen. Ich redete mir ein, daß sie nur so meinem Lächeln oder der offenen Zuneigung darin widerstehen konnte.
     
    Tranio war sehr gründlich bei seiner Suche. Er drang bis auf den Boden der Truhe vor und legte dann die Schriftrollen einzeln wieder hinein, wobei er die Gelegenheit nutzte, jede ein zweites Mal

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