Letzter Akt in Palmyra
haben. Manchmal lungerte er bei den Musikerinnen rum – obwohl ihm die meisten bestimmt gesagt haben, wohin er sich sein kleines Anhängsel stecken kann –, aber er war zu sehr mit seiner eigenen schwarzen Persönlichkeit beschäftigt, um sich auf irgendwelche größeren Affären einzulassen.«
»Ein Mann, der nachtragend war?«
»Ja. Er nahm Byrria die Abfuhr bitter übel. Aber Sie wissen ja, daß sie nicht auf dem Berg war. Chremes hat mir erzählt, daß Sie den Mörder sprechen gehört haben und daß es ein Mann war.«
»Vielleicht ein Mann, der Byrria verteidigen wollte?« Wenn ich eine attraktive Frau sehe, fallen mir sofort jede Menge Gründe für dussliges Verhalten ein. »Wer ist sonst noch scharf auf sie?«
»Alle!« meinte Phrygia trocken und machte nachdenklich einen Schmollmund. »Byrria läßt sich auf nichts ein, das muß man ihr lassen.«
»Heute abend warteten aber eine Menge Glotzer auf sie.«
»Und, hat sie sich gezeigt?«
»Nein«, gab ich zu.
»Das erstaunt Sie! Sie dachten, Byrria sei noch so jung, daß sie sich von ihnen einwickeln lassen würde, und nur ich sei alt genug, ihre Schmeicheleien zu durchschauen.«
»Ich denke, daß Sie von vielen bewundert werden, aber wegen des Mädchens recht haben. Was ist los mit Byrria? Weshalb wies sie Heliodorus ab und kommt ohne billige Beliebtheit aus?«
»Sie ist ehrgeizig. Ihr geht es nicht um eine einzige leidenschaftliche Nacht, für die sie mit lebenslanger Enttäuschung zahlen muß; sie will Karriere machen.« Ich kam zu dem Schluß, daß Phrygia die Schöne viel weniger verabscheute, als wir angenommen hatten. Ernsthafte künstlerische Ambitionen wußte sie ganz offensichtlich zu schätzen; vielleicht war sie der Jüngeren sogar zugetan. Fühlte sich Phrygia durch Byrria an sich selbst als junge Frau erinnert?
»Sie lebt also ausschließlich ihrer Kunst und bleibt für sich?« Das konnte Männer leicht zum Wahnsinn treiben. »Gibt es jemanden, der besonders viel für sie übrig hat? Der die ganz in ihrer Arbeit aufgehende Byrria von ferne liebt?«
»Ich hab’s Ihnen doch schon gesagt: der ganze miese Haufen tut das!« sagte Phrygia.
Ich seufzte leise. »Wenn Sie meinen, daß einer vielleicht bereit war, Heliodorus aus dem Weg zu räumen, sagen Sie mir bitte Bescheid.«
»Mache ich«, stimmte sie ruhig zu. »Im allgemeinen, Falco, werden Männer nicht aktiv und für eine Frau schon gar nicht.«
Da sie bereit schien, mit mir zu reden, obwohl ich eines dieser schwächlichen Geschöpfe war, ging ich schnell die Liste der Verdächtigen durch. »Es muß jemand sein, der mit in Petra war. Abgesehen von Ihrem Mann« keine Regung zeigte sich in ihrem Gesicht – »bleiben dann noch die beiden Clowns, der Schönling Philocrates, der Wandschreiber Congrio und Davos. Davos scheint mir ein interessanter Fall …«
»Er scheidet aus!« erklärte Phrygia bestimmt. »Davos würde nie eine Dummheit begehen. Wir sind seit langem befreundet. Ich lasse nicht zu, daß Sie Davos beschuldigen. Er ist zu vernünftig und viel zu ruhig.« Die Leute glauben immer, ihre persönlichen Freunde müßten über jeden Verdacht erhaben sein; in Wahrheit ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß jeder im Imperium, der eines unnatürlichen Todes stirbt, von seinem besten und ältesten Freund kaltgemacht worden ist.
»Kam er mit dem Stückeschreiber aus?«
»Er hielt ihn für den letzten Dreck. Aber so denkt er von den meisten Stückeschreibern.«
»Ich werde dran denken, wenn ich mit ihm spreche.«
»Sparen Sie sich die Mühe. Davos wird Ihnen das ganz offen sagen.«
»Ich kann’s kaum erwarten.«
Jetzt reichte es mir allmählich mit den Beleidigungen der schreibenden Zunft. Es war spät, ich hatte einen scheußlichen Tag gehabt, Helena würde unruhig sein, und der Gedanke daran, ihre Sorgen zu vertreiben, wurde mit jeder Minute anziehender.
Ich sagte, der Regen hätte wohl aufgehört. Dann wünschte ich der Mutter der Kompanie mit grummelnder Sohnesstimme eine gute Nacht.
Kaum hatte ich unser Zelt betreten, war mir klar, daß ich den Abend woanders hätte verbringen sollen.
XX
Unserem nabatäischen Priester war etwas zugestoßen.
Davos hielt Musa fest, als sei der kurz vorm Umfallen. Sie standen in unserem Teil des Zeltes, und Helena kümmerte sich um sie. Musa war patschnaß und zitterte, entweder vor Kälte oder Entsetzen. Er war totenbleich und schien unter Schock zu stehen.
Ich blickte zu Helena und begriff, daß sie gerade erst angefangen hatte, ihm
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