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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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voller Absicht.
    »Was halten Sie von Tranio und Grumio?« fragte ich nachdenklich.
    »Ein verrücktes Paar. Aber das ist nichts Ungewöhnliches. Dauernd auf der Bühne witzig zu sein, macht Clowns unberechenbar. Und wer kann es ihnen verübeln bei dem niveaulosen Zeug, das Bühnenautoren für witzig halten?« Mit einem Schulterzucken nahm ich die Berufsbeleidigung hin. »Die meisten Possenreißer sind sowieso einmal zu oft von der Leiter gefallen.« Wahrscheinlich ein Bühnentrick. Ich muß etwas verwirrt geschaut haben; Davos erklärte: »Dellen im Hirn; nicht alle Tassen im Schrank.«
    »Unsere beiden scheinen aber ganz helle zu sein«, knurrte ich.
    »Helle genug, um Übles anzustellen«, stimmte er zu.
    »Würden Sie so weit gehen, jemanden umzubringen?«
    »Sie sind der Ermittler, Falco. Das müssen Sie herausfinden.«
    »Wer behauptet, ich sei ein Ermittler?«
    »Phrygia hat sowas erwähnt.«
    »Dann tun Sie mir bitte den Gefallen und behalten Sie es für sich. Getratsche darüber hilft mir bei meiner Aufgabe nicht weiter.« In dieser Truppe diskrete Ermittlungen anzustellen, war unmöglich. Keiner konnte den Mund halten und einen in Ruhe seine Arbeit machen lassen. »Stehen Sie und Phrygia sich nahe?«
    »Ich kenne diese großartige Bohnenstange schon seit zwanzig Jahren, wenn Sie das meinen.«
    Ich spürte, wie Helena Justina ihn von der anderen Seite des Feuers neugierig betrachtete. Später, wenn sie ihn genauer beobachtet hatte, würde mir das kluge Mädchen sagen, ob Davos früher mal Phrygias Liebhaber war, ob er es immer noch war oder es nur gern wäre. Er hatte mit der Selbstsicherheit eines alten Bekannten gesprochen, eines Truppenmitglieds, das sich das Recht erworben hat, von einem Neuankömmling befragt zu werden.
    »Sie hat mir erzählt, daß sie einmal in Epidauros die Medea spielen sollte.«
    »Ach, das!« bemerkte er ruhig mit sanftem Lächeln.
    »Kannten Sie sie damals schon?« Als Antwort auf meine Frage nickte er nur. Es war eine Art Antwort – die Art, die in eine Sackgasse führt. Ich ging ihn direkt an: »Und was ist mit Heliodorus, Davos? Wie lange kannten Sie den?«
    »Zu lange!« Ich wartete; schließlich fügte er etwas moderater hinzu: »Seit fünf oder sechs Spielzeiten. Chremes hat ihn in Süditalien aufgegabelt. Er war des Alphabets in etwa mächtig, schien also ideal für diese Arbeit zu sein.« Diesmal überhörte ich die Spitze.
    »Sie kamen nicht miteinander aus?«
    »Ist das so?« Er war nicht aufsässig, nur verschlossen. Aufsässigkeit, die auf simplen Motiven wie Schuldgefühl und Furcht basiert, ist leichter auszuloten. Verschlossenheit konnte alle möglichen Gründe haben – auch den ganz einfachen, daß Davos ein höflicher Mensch war. Seine Reserviertheit führte ich jedoch nicht auf bloßen Takt zurück.
    »War er nur ein schlechter Schreiber oder steckte etwas Persönliches dahinter?«
    »Er war ein absolut grauenvoller Schreiber und ich konnte die miese kleine Ratte auf den Tod nicht leiden.«
    »Irgendwelche Gründe?«
    »Jede Menge!« Plötzlich verlor Davos die Geduld. Er stand auf und wollte uns verlassen. Aber die Angewohnheit, vor dem Abgang noch etwas Gewichtiges von sich zu geben, war stärker. »Jemand wird es Ihnen bestimmt ins Ohr flüstern, wenn das nicht bereits geschehen ist – ich hatte Chremes kurz zuvor klargemacht, daß der Mann ein Unruhestifter ist und besser die Truppe verlassen sollte.« Davos’ Meinung hatte Gewicht und würde durchaus eine Rolle spielen. Doch es kam noch mehr. »In Petra habe ich Chremes vor ein Ultimatum gestellt – entweder Heliodorus rauszuwerfen oder mich zu verlieren.«
    Verblüfft gelang mir die Frage: »Und wie fiel seine Entscheidung aus?«
    »Er hat keine Entscheidung getroffen.« Sein geringschätziger Ton machte klar, daß Davos den Stückeschreiber gehaßt haben mochte, von unserem Direktor aber kaum eine höhere Meinung hatte. »Die einzige Entscheidung, die Chremes in seinem Leben je zuwege gebracht hat, war die Heirat mit Phrygia, und die hat sie aufgrund dringender Umstände selbst organisiert.«
    Helena versetzte mir einen Tritt: Ich sollte ja nicht nachfragen. Sie war ein großes Mädchen mit eindrucksvoll langen Beinen. Der Anblick ihres schmalen Fußes jagte mir einen köstlichen Schauer über den Rücken, den ich in diesem Moment leider nicht recht genießen konnte. Die Warnung war überflüssig. Ich war lange genug Ermittler; ich erkannte die Anspielung, fragte aber trotzdem: »Ist das ein zarter

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