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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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mußte sie sitzen.
    Ich stellte mir vor, wie er sich vor Helena in Pose warf – und versuchte, mir nicht vorzustellen, daß Helena von seinem hochmütigen, gutaussehenden Äußeren beeindruckt war.
    »Darf ich mich zu Ihnen setzen?« Der Kerl fackelte nicht lange rum.
    »Natürlich.« Ich war drauf und dran, hinauszustürzen und sie zu verteidigen, während Helena heldenmütig versuchte, allein zurechtzukommen. Ich hörte ihrer Stimme an, daß sie lächelte – ein schläfriges, glückliches Lächeln. Dann hörte ich, wie sich Philocrates zu ihren Füßen ausstreckte, so daß er nicht mehr wie ein selbstgefälliger Zwerg aussah, sondern nur noch gut gebaut wirkte.
    »Was macht denn eine schöne Frau wie Sie ganz allein hier?« Gute Götter, seine Anmache war so alt, daß sie schon ranzig sein mußte. Als nächstes würde er die Nasenlöcher aufblähen und sie fragen, ob sie seine Kriegswunden sehen wollte.
    »Ich genieße diesen herrlichen Tag«, erwiderte Helena mit mehr Gelassenheit, als sie mir bei meinen ersten Annäherungsversuchen gezeigt hatte. Nach mir pflegte sie eher wie nach einer Hornisse am Honigtopf zu schlagen.
    »Was lesen Sie da, Helena?«
    »Platon.« Das beendete die intellektuelle Diskussion abrupt.
    »Tja, tja!« sagte Philocrates. Das schien sein Pausenfüller zu sein.
    »Tja, tja«, ahmte Helena ihn nach. Männern gegenüber, die versuchten, sie zu beeindrucken, konnte sie sehr wenig hilfreich sein.
    »Das ist ein wunderschönes Kleid.« Sie trug Weiß. Weiß hatte Helena nie gestanden; ich hatte es ihr immer wieder gesagt.
    »Vielen Dank«, entgegnete sie bescheiden.
    »Ich wette, ohne sehen Sie noch schöner aus …« Da soll ihn doch Mars an den Eiern packen! Inzwischen hellwach, erwartete ich nun jeden Moment, von meiner jungen Dame zu Hilfe gerufen zu werden.
    »Es ist ein wissenschaftliches Paradoxon«, bemerkte Helena Justina ruhig, »aber bei so heißem Wetter wie jetzt fühlen sich die Menschen wohler, wenn sie ihren Körper bedecken.«
    »Faszinierend!« Philocrates klang, als meinte er es ernst, aber irgendwie glaubte ich nicht, daß Wissenschaft seine Stärke war. »Sie sind mir schon seit einiger Zeit aufgefallen. Sie sind eine interessante Frau.« Helena war viel interessanter, als diese seichte Null ahnte, aber falls er versuchen sollte, ihre feineren Qualitäten auszuloten, würde ihn ein Arschtritt von mir auf eine weite Reise schicken. »Was mag wohl Ihr Sternzeichen sein?« sinnierte er, eines dieser Spatzenhirne, die Astrologie für den direktesten Weg zu einer schnellen Verführung hielten. »Löwe, würde ich sagen …«
    Jupiter! Die Horoskop-Anmache hatte ich seit meinem elften Lebensjahr nicht mehr eingesetzt. Er hätte Jungfrau raten sollen; das brachte die Mädchen immer zum Kichern, und danach konnte man sie in aller Ruhe abschleppen.
    »Jungfrau«, erklärte Helena knapp, was ihm das Thema Astrologie hätte vergällen sollen.
    »Sie überraschen mich!« Mich überraschte sie auch. Ich war der Meinung, Helena hätte im Oktober Geburtstag, und hatte mir schon Witze über Waagen ausgedacht, die Schwierigkeiten aufwogen. In Schwierigkeiten würde ich sein, wenn es mir nicht endlich gelang, das korrekte Datum herauszubekommen.
    »Oh, ich bezweifle, daß ich Sie mit vielem in Erstaunen setzen könnte, Philocrates!« erwiderte sie. Das unmögliche Frauenzimmer glaubte wohl, ich würde schlafen. Sie schmiß sich an ihn ran, als würde ich überhaupt nicht existieren und schon gar nicht mit Schaum vorm Maul kaum einen Schritt entfernt hinter einer Zeltwand liegen.
    Philocrates war ihre Ironie entgangen. Er lachte fröhlich. » Wirklich? Meiner Erfahrung nach kann man mit Mädchen, die schrecklich ernst und wie vestalische Jungfrauen wirken, viel Spaß haben.«
    »Haben Sie mit vielen Mädchen Spaß gehabt, Philocrates?« fragte Helena unschuldig.
    »Lassen Sie es mich so sagen – viele Mädchen haben Spaß mit mir gehabt.«
    »Das muß für Sie sehr befriedigend sein«, murmelte Helena. Jeder, der sie besser kannte, konnte sie denken hören: Aber nicht sehr spaßig für die Mädchen!
    »Ich habe da so ein paar Tricks mit dem Zauberrohr auf Lager.« Noch ein Wort, und ich würde aus dem Zelt hechten und ihm sein Zauberrohr zu einem sehr festen Herkulesknoten binden.
    »Falls das ein Angebot ist, fühle ich mich natürlich geschmeichelt.« Helena lächelte, das hörte ich. »Abgesehen von der Tatsache, daß ich Ihren weltmännischen Ansprüchen sicher nicht gerecht werden

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