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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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XXII
    Philadelphia: ein hübscher griechischer Name für eine hübsche griechische Stadt, momentan ganz schön gebeutelt. Sie war einige Jahre zuvor von aufständischen Juden geplündert worden. Die in sich gekehrten Fanatiker aus Judäa hatten die hellenistischen Siedlungen der Dekapolis jenseits des Jordans schon immer gehaßt – Orte, wo Bürgersinn, den jeder auf einer anständigen griechischen Stadtschule lernen konnte, mehr zählte als strengen Glauben im Blut geerbt zu haben. Die Marodeure aus Judäa hatten durch brutale Zerstörung von Hab und Gut deutlich gemacht, was sie von solch lässiger Toleranz hielten. Dann hatte eine Armee unter Vespasian den Judäern deutlich gemacht, was wir von solcher Zerstörung hielten und bei ihnen alles kurz und klein geschlagen. Dieser Tage war es in Judäa ziemlich friedlich, und die Dekapolis genoß eine neue Periode der Stabilität.
    Philadelphia war von schroffen Hügeln umgeben, sieben an der Zahl, allerdings viel ausgedörrter als die sieben Gründungshügel Roms. An strategisch günstigem Ort lag eine schroff abfallende Zitadelle, von der aus sich die Stadt bis in eine weite Talsenke ausbreitete, durch die sich ein anmutiger Strom schlängelte – was die Notwendigkeit weithin sichtbarer Zisternen stark einschränkte, wie ich zu meiner Beruhigung feststellte. Wir schlugen unser Lager auf und setzten uns zu einer vermutlich längeren Warterei in unsere Zelte, während Chremes loszog und Bedingungen für eine Vorstellung auszuhandeln versuchte.
    Inzwischen befanden wir uns im römischen Syrien. Auf unserer Reise von Petra nach Bostra hatte ich mich durch die Lade mit den Theaterstücken durcharbeiten müssen. Auf dem Weg in die Dekapolis war es mir gelungen, unserer Umgebung mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Die Straße von Bostra nach Philadelphia sollte angeblich gut sein. Was bedeutete, daß sie von vielen Menschen benutzt wurde; das eine hat nicht unbedingt mit dem anderen zu tun.
    Eine reisende Theatertruppe zu sein, war in dieser Gegend nicht ganz einfach. Die Landbevölkerung konnte uns nicht leiden, weil sie uns mit den hellenisierten Städten gleichsetzte, in denen wir auftraten. Für die Stadtleute waren wir unzivilisierte Nomaden, weil wir herumreisten. In den Dörfern fanden die Wochenmärkte statt, auf denen wir nichts anzubieten hatten, was diese Menschen schätzten; die Städte waren Verwaltungszentren, an die wir weder Kopfsteuer noch Vermögensteuer zahlten und kein Wahlrecht besaßen, also waren wir dort ebenfalls Außenseiter.
    Wenn die Städte uns verachteten, so waren auch wir nicht frei von Vorurteilen. Wir Römer betrachteten diese griechischen Städtegründungen als Brutstätten der Zügellosigkeit. Doch Philadelphia hatte davon wenig zu bieten. (Glauben Sie mir, ich habe mich sehr genau umgeschaut.) Die Stadt florierte auf eine angenehme Weise, obwohl sie für einen Römer ein verschlafenes Provinznest war.
    Ich spürte, daß das typisch war. Ohne die großen Handelsstraßen wäre der Osten für Rom nie mehr gewesen als ein Puffer gegen das mächtige Parthien. Selbst die Handelswege konnten nichts an dem Eindruck ändern, daß die zehn Städte der Dekapolis hauptsächlich kleine Orte am Ende der Welt waren. Manche hatten einen gewissen Status errungen, als Alexander sie auf seinem Weg zur Weltherrschaft bemerkte. Einen Platz in der Geschichte hatten sie alle erst dann gefunden, als Pompeius sie von den ständigen Plünderungen durch die Juden befreite und das römische Syrien errichtete. Syrien war wichtig, weil es unsere Grenze zu Parthien bildete. Doch die Parther schmorten auf der anderen Seite des Euphrat, und der lag viele Meilen von der Dekapolis entfernt.
    Wenigstens sprachen die Bewohner der Städte alle Griechisch, also konnten wir feilschen und die neuesten Nachrichten aufschnappen.
    »Werden Sie Ihren ›Dolmetscher‹ jetzt nach Hause schicken?« witzelte Grumio ziemlich spitz, als wir ankamen.
    »Wieso? Um ihn vor dem nächsten Eintunken zu bewahren?« Musa war kaum trocken nach seinem Badetrip, und ich war sauer.
    Helena antwortete ihm ruhiger. »Musa ist unser Reisegefährte und Freund.«
    Musa sagte wie gewöhnlich nichts, bis wir drei allein im Zelt waren. Dann hoben sich seine Augenbrauen erneut in komischer Verwunderung, und er meinte: »Ich bin Ihr Freund!«
    Die Bemerkung war voll freundlichen Amüsements. Musa besaß den liebenswürdigen Charme vieler Menschen dieser Region und er setzte ihn mit bemerkenswerter

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