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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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er noch Byrria die Art von gegenseitiger Abhängigkeit zu wollen, die zwischen Helena und mir bestand. Das hinderte uns aber nicht am begeisterten Spekulieren.
    »Daraus kann nichts werden«, entschied Helena. »Das sagen die Leute von uns auch.«
    »Dann haben die Leute eben keine Ahnung.« Während ich mit meinem Frühstück herumspielte, machte sich Helena voller Appetit über ihr Mittagessen her. »Du und ich, wir werden ein wenig auf die beiden aufpassen, Marcus.«
    »Du redest, als wäre Verliebtsein eine Strafe.« Sie warf mir ein zärtliches Lächeln zu. »Oh, das kommt darauf an, in wen man sich verliebt.« Mein Magen machte einen vertrauten Hüpfer, der diesmal nichts mit dem Besäufnis des gestrigen Abends zu tun hatte. Ich nahm noch mehr Brot und spielte den harten Mann. Wieder lächelte Helena. »Ach, Marcus, ich weiß, was für ein hoffnungsloser Romantiker du bist. Aber sieh es mal von der praktischen Seite. Sie kommen aus verschiedenen Welten.«
    »Einer von ihnen könnte in die Welt des anderen wechseln.«
    »Beide haben eine Arbeit, die ihnen viel bedeutet. Musa verbringt einen ausgedehnten Urlaub mit uns, aber das ist nicht für ewig. Sein Leben findet in Petra statt.«
    »Hast du mit ihm geredet?«
    »Ja. Was hältst du von ihm, Marcus?«
    »Ach, nichts Besonderes. Ich mag ihn. Ich mag sein Wesen.« Das war jedoch alles. Für mich war er ein normaler, ziemlich unaufregender ausländischer Priester.
    »Ich habe das Gefühl, in Petra hält man ihn für einen vielversprechenden jungen Mann.«
    »Sagt er das? Das wird nicht lange so bleiben«, gluckste ich. »Nicht, wenn er mit einer lebensprühenden römischen Schauspielerin am Arm in seine Bergfestung zurückkehrt.« Kein Priester, der so etwas tat, konnte auf Anerkennung hoffen, nicht mal in Rom. Tempel sind Orte ausschweifenden Verhaltens, aber es gibt Grenzen.
    Helena verzog das Gesicht. »Wie kommst du darauf, daß Byrria ihre Karriere aufgeben würde, um sich an den Arm irgendeines Mannes zu hängen?«
    Ich streckte die Hand aus und befestigte eine lose Haarsträhne – eine gute Gelegenheit, sie am Nacken zu kraulen. »Falls Musa wirklich interessiert ist – und schon darüber könnte man sich streiten –, ist er vermutlich nur auf eine Nacht in ihrem Bett aus.«
    »Ich war der Meinung«, erklärte Helena gespreizt, »das wäre alles, was Byrria ihm anbieten würde! Sie ist einfach einsam und verzweifelt, und er ist so faszinierend anders als die anderen Männer, die versuchen, sie flachzulegen.«
    »Hm. Hattest du das im Kopf, als du mich flachgelegt hast?« Ich erinnerte mich an die Nacht, in der uns zum ersten Mal klar geworden war, daß wir einander wollten. »Ich habe nichts dagegen, als faszinierend zu gelten, hatte aber doch gehofft, daß du nicht nur aus Verzweiflung mit mir ins Bett gegangen bist.«
    »Tja, Pech gehabt.« Helena wußte, wie sie mich reizen konnte. »Ich sagte mir: Einmal, nur um zu spüren, was Leidenschaft ist … Das Problem war nur, einmal führte auf der Stelle zu einmal mehr !«
    »Solange du nie das Gefühl hast, es wäre einmal zu oft … « Ich breitete die Arme aus. »Ich habe dich heute morgen noch gar nicht geküßt.«
    »Nein, hast du nicht!« rief Helena mit veränderter Stimme, als sei der Vorschlag, von mir geküßt zu werden, durchaus interessant. Ich beeilte mich, sie auf eine Art zu küssen, die diese Ansicht bestärkte.
     
    Nach einer Weile unterbrach sie mich. »Du kannst dir durchlesen, was ich mit den Vögeln gemacht habe, und sehen, ob du einverstanden bist.« Helena war eine taktvolle Schreiberin.
    »Deine Überarbeitung ist gut genug für mich.« Ich zog es vor, ihr weitere Küsse zu verabreichen.
    »Tja, meine Arbeit ist vielleicht umsonst. Über der Vorstellung hängt ein dickes Fragezeichen.«
    »Wieso das?«
    Helena seufzte. »Unser Orchester ist in Streik getreten.«

XXXVII
    »He, he! Wenn sie den Schreiberling schicken, um mit uns fertig zu werden, muß es ja schon ganz schlimm sein!«
    Meine Ankunft verursachte beim Orchester und den Bühnenarbeitern eine Woge ironischen Applauses. Sie lebten in einer Enklave am Rande des Lagers. Fünfzehn oder zwanzig Musiker, Kulissenschieber und ihr Anhang saßen herum und warteten streitlustig darauf, daß der Hauptteil der Truppe auf ihre Beschwerden reagierte. Babys mit verschmierten Gesichtern krochen herum. Ein paar Hunde kratzten sich ihre Flohbisse. Die aufgeheizte Atmosphäre ließ mir die Nackenhaare zu Berge stehen.
    »Was ist los?«

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