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Letzter Aufzug, Genossen! (German Edition)

Letzter Aufzug, Genossen! (German Edition)

Titel: Letzter Aufzug, Genossen! (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert F. Schaaf
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Kopf, blickt verständnislos, begreift nicht: Was sollen Blicke und Frage? Sie kräuselt die Stirn und schweigt sekundenlang, ehe ihre Neugier überwiegt: „Wie bitte, Genosse? Wer soll bei mir wohnen?“ Jedoch wird sie auch jetzt nicht schlauer, als die Beiden erneut verständnisinnige Blicke austauschen. Der Stämmige zieht ein Presseerzeugnis des Klassenfeindes aus der Innentasche seines dunkelgrünen Mantels, entfaltet es, um ihr die erste Seite mit beiden Händen vor die Augen zu halten.
    Michaela reißt die Arme hoch und bedeckt ihr Gesicht.
„Bogdan!“ haucht sie zwischen den Fingern hindurch. Sie taumelt und greift nach dem Stuhl, den der Hagere ihr unterschiebt, während sie schon darauf niedersinkt.
    „Aha!“ raunt dicht neben ihrem Gesicht die raue Stimme, „der jute olle Bogey is dir also nich janz unbekannt, wie schön, da kamma ehrlich nich meckern!“
    Als sie, die Finger spreizend, ihre Augen öffnet, hat sich der Schnüffler den nächsten Stuhl herangezogen, sich rittlings daraufgesetzt; seine kurzen muskulösen behaarten Arme kommen zum Vorschein, als er sich auf die Lehne stützt. „So, und jetzte erzählste mir allet, wat de von dem sauberen Herrn weeßt, aber een bißjen dalli, dalli! Sonst müssen wa andre Saiten uffziehn, wa?!“
    Michaela blickt ihn fassungslos an: Er duzt mich wie eine von der Straße hoppgenommene Schwerverbrecherin! Doch da der Lange sich vernehmlich räuspert und, dem Glotzauge auf die Schulter tippend, halblaut befiehlt: „Zunächst das Zimmer!“, atmet sie erleichtert auf. Er strapaziert seine Lippen kaum, aber gegen Stielauge wirkt er direkt wieder korrekt, findet Michaela. Der Kleinere reagiert gleich, als hätte ein Herrchen seine Bulldogge zurückgepfiffen, die schon auf dem Sprung war, ihr Opfer an der Kehle zu packen. Er geht zur Tür mit den etwas manierlicheren Worten: „Zeigen Sie uns das Zimmer Poniatowskis!“
    Michaela – noch immer ganz verstört – liegt schon die Frage nach dem Warschauer auf der Zunge, weil sie ja den Namen noch nie gehört hat. Auf dem Foto ist die Ermordete abgebildet, und als Bildunterschrift steht da: „Zum grauenvollen Mord in Vandalitz gibt es noch keine...“ Auf einem weiteren Bild daneben – anscheinend einen anderen Artikel betreffend – ist Bogdan zu sehen, aber unter dem Foto steht ein Name, der ihr gänzlich unbekannt ist. Alles dreht sich um sie her. „Bitte, der längliche Schlüssel dort“, sagt sie endlich leise, „mir ist nicht besonders, vielleicht können Sie schon allein...“
    Sowie die beiden hinaus sind, stürzt sie zum Ausguss und übergibt sich. Sie spült den Mund aus, trinkt ein paar Schluck Wasser, wirft die Küchentür zu und sinkt wieder auf den Stuhl.
    Nach zehn Minuten treten beide, ohne anzuklopfen, wieder ein. Das Verhör beginnt erst richtig: Sie müsse Poniatowski kennen, behaupten die Männer. Und als sie schweigt: „Du kannst uns nicht für dumm verkaufen und uns weismachen, dass du dir mit deiner Wäscherei so ein Negligé leisten kannst!“
    Spitz fügt der Untersetzte hinzu: „Und ´n Baby-Doll un soooo feine Pantöffelchen!“
    Michaela schaut ihn an, sieht dann auf den Langen und erwidert gelassen und ohne Zögern: „Nun, das sind Geschenke von meinem Freund. Ist das vielleicht verboten?“
    „Nicht frech werden! Das ist Valutaware! Und wie heißt denn dein Stenz, ehem, Ihr ... Freund?“ will der Hagere wissen.
    „Bog...‚ Bogdan Kloczows...“
    „Schweig stille!“ ballert der Stämmige dazwischen. „Du weeßt janz jenau, det der Kerl Boleslaw Poniatowski heeßt, in Warschau een Puff betreibt und Devisen schmuggelt! Und nu hatter die Frau in Vandalitz uff´dem Jewissen!“
    „Nein!“ schreit sie auf, „ich glaub Ihnen kein Wort! Dazu kenn ich ihn viel zu gut, der Bogey ist niemals imstand...“
    Sie hält sich die Hand vor den Mund, verliert vollends die Fassung und beginnt hemmungslos zu weinen.
    „Na also!“ triumphiert das Froschauge und schielt sie an. „Warum sachs´de uns det nich jleich, dette een Vahältnis hast mit dem feinen Herrn; det ham wa doch schon längstens jespannt, detta dir nich für nix und wieda nix solche süperben Sächelchen schenkt, ohne det de wat dafür hinhalten musst, wa...?“ Er wiehert ordinär auf vor Lachen.
    „Lassen wir´s gut sein für heute“, sagt der Lange ruhig.
    Er wendet sich mit seinen Knopfaugen durch die Nickelbrille hindurch direkt an die Frau und meint flüsternd, sodass es noch abschreckender wirkt als das

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