Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)
Susi Schneider auch an anderen Stellen tätowiert war, die man natürlich nicht sehen hatte können, als sie ihm im Dirndl gegenübergesessen war. „Die waren also zumindest einmal miteinander auf Urlaub“, stellte Gasperlmaier fest. Das Bild war ja eindeutig an einem Meeresstrand aufgenommen worden, und wie hätte es sich auf dem Computer des Herrn Magister Fritzenwallner finden können, wenn er es nicht selbst aufgenommen hätte?
„Und das erst heuer, wie wir an der Datierung der Fotos feststellen konnten. Es gibt“, antwortete die Frau Doktor, „auch noch einigermaßen, wie soll ich es sagen …“, sie legte den Zeigefinger an den Mund, „ … weit intimere Fotos als das da, die nahelegen, dass die beiden auch eine, sagen wir mal, sexuelle Beziehung hatten.“ Gasperlmaier machte große Augen. „Nein, Gasperlmaier, Sie brauchen gar nicht so zu schauen. Sie werden sie nicht zu sehen kriegen. Das da“, sie klopfte mit dem Finger auf das Foto, „das war ja schon mehr als genug, wie ich an Ihren Blicken feststellen konnte.“ Gasperlmaier bemühte sich, mit möglichst unschuldigem Gesichtsausdruck den Aschenbecher zu fixieren, konnte dennoch aber förmlich fühlen, wie sich seine Ohren röteten.
Plötzlich stand eine ältere Dame mit einem Pudel im Gastzimmer und grüßte freundlich. Gasperlmaier versuchte sich zu erinnern, woher er die Dame kannte. Und den Pudel. Doch die Dame selbst war es, die sich zuerst erinnerte. „Sie sind doch die Schwester von meinem Wohnungsnachbarn, vom Herrn Magister Fritzenwallner! Was treibt Sie denn heute hier herauf?“ Zum ersten Mal, so dachte Gasperlmaier bei sich, hatte es der Frau Doktor die Sprache verschlagen, denn sie blickte ratlos zwischen der Dame und ihm hin und her. „Und der Herr Gemahl ist auch da! Schon wieder im Dienst?“ Sie streckte Gasperlmaier die Hand hin, der nicht anders konnte, als sie kräftig zu schütteln. Der Friedrich umklammerte sein halbleeres Bierglas und staunte mit offenem Mund in die Runde. „Das, wenn ich der Christine erzähle!“, murmelte er halblaut Gasperlmaier zu. Die Frau Doktor stand auf und schüttelte der Dame ebenfalls die Hand. „Guten Tag, Frau …?“ „Reiter, mein Name, Gusti Reiter.“ „Bitte setzen Sie sich doch zu uns, Frau Reiter, ich muss ihnen da was erklären.“ Und während die Frau Doktor erklärte, warum die Frau Reiter gestern von ihnen so schamlos belogen worden war, wurden deren Augen immer größer. „Wenn das so ist“, meinte sie schließlich, „dann geh ich überhaupt nicht mehr nach Hause. Ich kann ja schließlich nicht mit einem Mörder unter einem Dach leben!“ Die Frau Doktor bemühte sich, zu beruhigen. „Wir haben noch keine hieb- und stichfesten Beweise, Frau Reiter. Sie haben sicher schon von der Unschuldsvermutung gehört – solange jemand nicht verurteilt ist, hat er als unschuldig zu gelten.“ „Sie machen mir Spaß. Sie müssen ja nicht mit ihm in einem Haus leben!“ Der Pudel schnupperte mittlerweile an Gasperlmaiers Bein. Der hatte generell wenig Freude an Hunden, deswegen beobachtete er das Tier wachsam und skeptisch.
„Frau Reiter, haben Sie eine Ahnung, wo sich der Herr Magister Fritzenwallner aufhalten könnte? Wir haben ihn seit gestern Nachmittag nicht in seiner Wohnung angetroffen.“ Der Hund hatte sich inzwischen weiter vorgewagt und war gerade auf dem besten Weg, Gasperlmaier im Schritt zu beschnuppern. Ob man den Hund wegschieben konnte, ohne dass er zubiss? „Platz, Sissi!“ Die Frau Reiter hatte gerade noch rechtzeitig gesehen, was Sissi im Begriff war zu tun, und zog kräftig an der Leine. Sissi purzelte auf den Rücken, legte sich nach einem kurzen Japsen aber folgsam unter den Tisch zwischen die Beine ihrer Besitzerin. „Der wird halt bei seinem Weibsbild übernachtet haben!“, meinte die Frau Reiter. „Weibsbild? Wen meinen Sie denn damit?“ Die Frau Doktor, so dachte Gasperlmaier bei sich, ist heute ein wenig schwer von Begriff. Er schob der Frau Reiter das Foto von der Susi Schneider hin. „Ist es vielleicht die da?“ „Ja, ja!“, nickte die Frau Reiter. „Ich kenn sie genau, sogar ihre Tätowierungen, sie ist ja öfter bei uns im Garten in der Sonne gelegen. Schamlos, wenn Sie mich fragen. Manchmal hat sie sogar ihr Oberteil weggelegt. Da kann man seinen Mann nicht einmal zum Fenster lassen, sag ich Ihnen!“ Die Frau Reiter, fand Gasperlmaier, redete sich schön langsam in eine gewisse Empörung hinein. „Frau Reiter“, sagte die Frau
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